Nur in Ausnahmefällen arbeiten pädagogische Fachkräfte mit Mund-Nase-Schutz. Ansonsten ist ein effektiver Schutz im Kindergarten nicht möglich. Symbolfoto: dpa
Rauenberg. (tt) Wenn es nach Kultusministerin Susanne Eisenmann geht, müssen Grundschulen und Kindergärten so schnell wie möglich wieder öffnen. Mit einer Petition wenden sich drei Kindergarten-Leiterinnen, die alle in Rauenberg arbeiten, an die Landespolitik: Sie wünschen sich, dass endlich auch einmal der Gesundheitsschutz der Erzieherinnen und Erzieher thematisiert wird. Während eines Arbeitstages haben die pädagogischen Fachkräfte unzählige Kontakte zu den Kindern, ohne dass sie sich davor schützen könnten. Mit ihrer Petition haben Claudia Kreutzer und ihre Kolleginnen offenbar einen Nerv getroffen: Innerhalb von zwei Tagen hatten fast 1000 Menschen die Petition unterschrieben, gestern – eine Woche nach dem Start – waren es fast 2400. Am Sonntag will Kreutzer die Unterschriften an die Landespolitik übergeben und so den Erziehern bei den Beratungen über das weitere Vorgehen nächste Woche eine Stimme geben.
"Die Kitas in Baden-Württemberg brauchen dringend einen besseren Infektionsschutz zum Beispiel durch Luftfilteranlagen in den Einrichtungen, kostenlose Versorgung mit FFP2-Masken durch das Land sowie klare Vorgaben und Regelungen für den Besuch der Notbetreuung, damit für pädagogische Fachkräfte während der Corona-Pandemie ein geschütztes Arbeiten vor Ort möglich wird", heißt es in der Petition. Ziel sei, dass die Kitas auch für Kinder und deren Familien wieder ein sicherer Ort werden. "Außerdem braucht es die Anerkennung der Folgen einer Corona-Infektion als Berufskrankheit im Sozialwesen", fordern Kreutzer und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer.
"Es geht uns nicht darum, die Kitas länger geschlossen zu halten. Wir möchten die Kinder gerne betreuen, aber in einem sicheren Rahmen", so die Initiatorin. Es müsste sichergestellt werden, dass die Infektionen nicht aus den Familien in die Einrichtung und aus der Einrichtung in die Familien getragen würden. "Das Lüften kann doch ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie nicht das einzige Allheilmittel sein", so Kreutzer. In Kitas sei es zudem unmöglich, alle Kontaktflächen permanent zu desinfizieren. Auch sei es schwierig zu gewährleisten, dass sich die Zwei- bis Sechsjährigen an die Hust- und Niesetikette hielten.
Die Erzieherinnen und Erzieher fühlen sich von der Politik nicht wahrgenommen: "Ein effektiver Schutz ist gar nicht möglich. Doch dass man uns einem erhöhten Infektionsrisiko aussetzt, spiegelt sich in den Aussagen der Politiker überhaupt nicht wider", so Kreutzer. Es gehe immer nur darum, die Kitas so schnell wie möglich wieder zu öffnen. Natürlich gebe es jetzt keine schnelle und adäquate Lösung für das Problem, doch die Erzieherinnen und Erzieher hätten sich gewünscht, dass die Politik schon früher aktiv geworden wäre und zum Beispiel Luftfilter im Sommer installiert hätte. "So fühlen wir uns als pädagogische Fachkräfte nicht wahrgenommen und auch nicht wertgeschätzt", sagt Kreutzer.
Zumal nach ihren Angaben eine Studie der AOK belege, dass Erzieher überdurchschnittlich oft wegen einer Corona-Infektion krankgeschrieben seien. "Die Sorge vor einer Ansteckung ist sehr groß und darunter leidet natürlich auch die Arbeit. Viele Kolleginnen gehen deshalb in vielen Situationen nicht mehr unbefangen mit den Kindern um", hat Kreutzer beobachtet.
"Ich würde mir wünschen, dass von den Politikern in der Öffentlichkeit benannt wird, dass man uns pädagogische Fachkräfte einem Gesundheitsrisiko aussetzt, weil man die Betreuung braucht, um die Familien zu entlasten", so Kreutzer. Außerdem sollten die Politiker ihrer Meinung nach eingestehen, dass sie im Sommer versäumt haben, Kitas und Schulen für die Pandemie zu rüsten.
Info: Die Petition ist unter www.openpetition.de zu finden.