Für das Wohngebiet „Neuwiesen“ am Horrenberger Ortsrand hat Dielheims Gemeinderat jetzt die Aufstellung des Bebauungsplans beschlossen. Hier gilt auch erstmals die Verpflichtung, ein erworbenes Grundstück auch zeitnah zu bebauen. Foto: Lerche
Dielheim. (seb) "Wenn wir Baugebiete ausweisen, müssen sie auch bebaut werden", sagte Bürgermeister Thomas Glasbrenner in der jüngsten Gemeinderatssitzung. "Baulücken wollen wir vermeiden." Auch Spekulationen auf steigende Grundstückspreise wolle man unterbinden. Dem stimmte der Rat einhellig zu, daher setzte man eine Bauverpflichtung für künftige Bodenordnungsverfahren in Kraft. Das "Wie" aber bot Diskussionsstoff.
Maylin Ohlheiser vom Bauamt legte zwei Varianten dar, wie man vorgehen könnte. Zum einen könnte die Gemeinde Grundstücke in einem Plangebiet aufkaufen und dann mit Bauverpflichtung an Interessenten vermarkten. Das Risiko: eine deutliche Verzögerung der Baulandentwicklung, da man dann abwarten müsste, bis alle Alteigentümer ihre Grundstücke an die Gemeinde verkauft haben. Der Rat folgte daher dem Verwaltungsvorschlag, Variante zwei zu wählen: Die Bauverpflichtung wird während des Umlegungsverfahrens über Gespräche mit den Alteigentümern verhandelt; zu diesem Zeitpunkt ist laut Ohlheiser Näheres zu Planung, Grundstückszuteilung und Erschließungskosten bereits bekannt. Damit und mit einer längeren Frist, bis eine Bebauung erfolgen muss, ist mit einer höheren Kooperationsbereitschaft der Grundstückseigentümer zu rechnen.
Ein Mustervertrag lag der Verwaltungsvorlage bei, die "acht Jahre Zeit für die Bebauung" bezeichnete Bürgermeister Glasbrenner als "moderater Ansatz". Innerhalb von fünf Jahren nach Bebaubarkeit, also wenn die Erschließung fertiggestellt ist, muss demnach ein Baugesuch eingereicht werden, ein Jahr später muss mit dem Bau des Wohnhauses begonnen werden, das mit Abschluss des darauf folgenden Jahres bezugsfertig sein muss. Eine Verlängerung der erwähnten Fünf-Jahres-Frist ist ausnahmsweise möglich: um zwei Jahre.
Zwar sei das "Neuland", meinte Klaus Eberle (CDU), aber Bauland sei rar, die Nachfrage groß, da könne es nicht sein, dass zwei Drittel der Grundstücke eines Neubaugebiets jahrzehntelang brachliegen. Er schlug aber vor, den Alteigentümern, die in die Umlegung hineingehen und später selbst – etwa auch für Kinder oder Enkel – bauen wollen, eine längere Frist einzuräumen: Eberle schlug eine Sieben-Jahres-Frist bis zum Baugesuch vor.
Auf seine Frage erläuterte Glasbrenner, dass das unbebaute Grundstück nach Ablauf der Frist an die Gemeinde zurückverkauft werden müsse. Der Bürgermeister verneinte aber die Idee, den Bodenpreis zum Zeitpunkt der Umlegung quasi "einzufrieren", sodass die Gemeinde nicht von eventuellen Wertsteigerungen betroffen wäre: Man müsse sich an den jeweils aktuellen Bodenrichtwert halten. Der gelte dann auch, wenn die Gemeinde das Grundstück weiterverkaufe – und da machte sich Glasbrenner "keine Sorgen": Angesichts der anhaltenden Nachfrage werde man es ohne Verlust wieder veräußern können. Er betonte, dass freie Grundstücke grob geschätzt "zu 95 Prozent in Privateigentum" seien, daher sei die Gemeinde auf die Kooperationsbereitschaft der Eigentümer angewiesen.
Variante eins hätte Josef Blum (SPD) deshalb für vorteilhaft gehalten, weil dann die Gemeinde Besitzerin der Grundstücke wäre und damit die Kontrolle über die Entwicklung hätte und Verwaltung und Rat ihre Vorstellungen verwirklichen könnten. Er sah aber die Gründe für Variante zwei ein und konnte zustimmen. Er hob hervor, dass die Frist bis zum Bau "nicht exorbitant lang" sein dürfe, auf die Enkel der Eigentümer wolle man nicht warten, man müsse "mit Maß und Ziel" vorgehen.
Nachdem man das Für und Wider abgewogen hatte, konnte man einhellig dem CDU-Vorschlag folgen, zwei Fristen von Baureife bis Baugesuch festzulegen: Für Alteigentümer sieben, für neue Interessenten fünf Jahre. Ansonsten bleiben die Regelungen gleich. Bezüglich der Kritik an Grundstücks-Spekulationen fügte Kämmerer Tino Becker an, dass in wenigen Jahren eine Handhabe komme: Mit der Grundsteuer C nämlich könne man Preissteigerungen in gewissem Maß abschöpfen.
Die Bauverpflichtung wird erstmals bei der Entwicklung des Wohngebiets "Neuwiesen" Anwendung finden. Der Rat beschloss die Aufstellung des Bebauungsplans einstimmig. Dieses Gebiet stellt laut Glasbrenner und Ohlheiser eine Erweiterung des Horrenberg Ortskerns dar, es befindet sich am Ortsrand Richtung Dielheim. Vor zwei Jahren wurde das Verfahren hierzu gestartet, jetzt soll "Neuwiesen" zum einen in ein reines Wohngebiet umgewandelt werden (noch sind teilweise Gewerbeflächen vorgesehen) und zum andern auf grob die doppelte Größe wachsen: auf 4,5 Hektar. Zum bisher eingeplanten Areal am Leimbach kommt eines auf der gegenüberliegenden Seite des Neuwiesenwegs dazu. Laut Ohlheiser ist die Vergrößerung durch die große Baulandnachfrage und gemäß einer Potenzialanalyse gerechtfertigt. Kompliziert wird das Verfahren durch die parallel notwendig werdende Änderung des Regionalplans, der dort noch kein reines Wohngebiet vorsieht, und durch die Erschließung: Die muss nämlich nach aktuellem Stand durch eine Brücke über den Leimbach erfolgen.