Eng und dicht bebaut und auch stark befahren ist die Malscher Hauptstraße. Das verursacht dort Probleme mit der Lärmbelastung der Anwohner. Der aktuelle Lärmaktionsplan macht dies deutlich. Foto: Kloé
Malsch. (oé) Alle fünf Jahre sollen nach den Vorgaben der EU die Lärmaktionspläne der Kommunen aktualisiert werden. Aktuell liegt nun für Malsch die dritte Fortschreibung der Studie vor, die jetzt in die Offenlage geht und im Februar/März 2020 endgültig beschlossen werden soll. Der zuständige Planer Martin Reichert (Firma Modus Consult) stellte die durchaus überraschenden Ergebnisse in der jüngsten Gemeinderatssitzung vor. Überraschend deshalb, weil nach den neuesten Erhebungen und Berechnungen in Malsch ein deutlich größerer Handlungsbedarf in Sachen Lärmschutz besteht als bisher angenommen.
Das hat dem Ingenieur zufolge auch etwas mit der geänderten Rechtssprechung zu tun. Ein Gerichtsurteil vom April 2018 hat festgestellt, dass Lärmpegel ab 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts bereits als "gesundheitskritisch" einzustufen sind. Hier sei der Ermessensspielraum "deutlich reduziert", das heißt, es müssen kurz- bis mittelfristig Maßnahmen zur Lärmreduzierung ergriffen werden. Keinerlei Ermessensspielraum besteht sogar bei "gesundheitsgefährdenden" Werten jenseits der 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts. Hier muss dem Experten zufolge sofort gehandelt werden.
Beide Kriterien liegen dem aktuellen Aktionsplan zufolge in Malsch vor. Er basiert auf einer neuen Verkehrszählung vom Mai 2019, der zufolge in der Hauptstraße täglich zwischen 8400 und 8600 Fahrzeuge unterwegs sind (in der Rotenberger und Rettigheimer Straße sind es zwischen 5- und 6000). Vor allem in der engen und dicht bebauten Hauptstraße sind die Lärmbelastungen enorm, wie eine entsprechende Karte verdeutlicht.
Fast entlang der gesamten Straße (zwischen Tonwerkstraße und Rotenberger Straße) sind die Häuser an der Straße gelb markiert, das heißt: Hier liegen die errechneten Lärmbelastungen tagsüber über 67 dB(A) und nachts über 57 dB(A), allesamt "gesundheitskritische Werte". Laut Martin Reichert sind nicht weniger als 115 Einwohner (tags) beziehungsweise 106 Einwohner (nachts) davon betroffen – "eine fast erschreckende Situation", wie der Lärmexperte meinte.
An zwei "Hotspots" (in Höhe der Pfalzstraße und im Bereich der Zehntscheuer) sind einzelne Häuser sogar rot markiert, sprich hier liegen die errechneten Werte über 71 beziehungsweise 72 dB(A) und damit im "gesundheitsgefährdenden" Bereich.
Was schlägt der Experte an Maßnahmen vor? Im westlichen Teil der Hauptstraße, dort wo heute noch Tempo 50 gilt, soll rasch (noch im Jahr 2020) Tempo 30 eingeführt werden. Der Antrag dafür ist Bürgermeisterin Sibylle Würfel zufolge beim Land als der für die Landesstraße zuständigen Stelle bereits gestellt. Diese Maßnahme entlastet zwar den westlichen Teil der Hauptstraße, deren östlicher Bereich profitiert davon aber nicht. Denn dort gilt schon jetzt Tempo 30. Noch immer müssten in diesem Fall circa 100 Einwohner tagsüber mit "gesundheitskritischen" Werten leben, so der Lärmexperte. Er schlägt deshalb im östlichen Teil der Hauptstraße (ab der Pfalzstraße) eine weitergehende Maßnahme vor: nämlich eine Fahrbahnsanierung mit einem geräuschmindernden Asphalt.
Dies sei wirtschaftlich darstellbar und würde dafür sorgen, dass es keine Lärmwerte mehr im Bereich der Gesundheitsgefährdung gäbe; im "gesundheitskritischen" Bereich gäbe es dann noch rund 80 Betroffene tagsüber und 60 in der Nacht. Viele zuvor gelb markierte Häuser wären dann jedoch im Plan grün eingefärbt und lägen damit unterhalb der "gesundheitskritischen" Schwelle. Im Gemeinderat stellte sich natürlich die Frage nach den Kosten. Da die Baulast jedoch beim Land liegt (Landesstraße), müsste Malsch nur die Mehrkosten für den lärmmindernden Asphalt tragen, dem Experten zufolge fünf Euro pro Quadratmeter, in der Summe rund 28.000 Euro. Die Gemeinde könnte auf dieser Basis mit guter Begründung einen Antrag auf Straßensanierung beim Land stellen. "Wir würden dann in eine Prioritätenliste aufgenommen", so die Bürgermeisterin. Angeregt wird von den Experten auch eine Verstetigung des Verkehrsflusses durch die Beseitigung von Hindernissen (beispielsweise Parken an der Fahrbahn), damit weniger Stop-and-go-Verkehr herrscht.
Keine Maßnahmen sind hingegen in der Rettigheimer und Rotenberger Straße sowie im Oberen Mühlweg vorgesehen. Dort sei es zwar laut, so der Experte, und eine "Betroffenheit" der Anwohner gegeben, aber wegen der deutlich lockereren Bebauung sei die Belastung nicht "gesundheitskritisch". Deshalb fehlten die Handlungsmöglichkeiten.
Hierzu würden gewiss "Stellungnahmen der Bürger eingehen", war sich Grünen-Gemeinderat Claus Stegmaier sicher, der Zustimmung seiner Fraktion signalisierte und anregte, eine Parkraumbewirtschaftung "perspektivisch" mit zu betrachten. "Es wird Zeit, dass etwas getan wird", fand auch Hans-Peter Haußmann (Freie Wähler). Alles, was die Bürger entlasten und was die Gemeinde stemmen könne, sollte man angehen. Auch die CDU begrüßte den Lärmaktionsplan. "Wer in der Hauptstraße wohnt, wird um jedes Dezibel weniger froh sein", meinte Daniel Beichel. Mit Nein stimmte hingegen Arved Oestringer (FDP). Zwar hielt auch er die Ausweitung von Tempo 30 für richtig, skeptisch war er jedoch bei der Fahrbahnsanierung, einmal wegen der Belastung der Bürger, dann aber auch wegen der eher begrenzten Wirkung. Sorgen machte er sich zudem um die Geschäfte in der Hauptstraße.
Nun können die Bürger Stellungnahmen abgeben. Von morgen bis 10. Januar liegen die Unterlagen im Rathaus aus und können auf der Homepage www.malsch-weinort.de eingesehen werden. Eine rege Beteiligung sei erwünscht, hieß es.