In den Lageplan sind die Umrisse des künftigen Gewerbegebiets „Langwiesen II“ (gestrichelte Linie) eingezeichnet, oben verläuft die Autobahn. Grafik: RNZ
Rauenberg. (oé) Das bereits 2015 eröffnete Bebauungsplan-Verfahren für die Ausweisung des kleinen Gewerbegebiets "Langwiesen II" im Norden der Weinstadt nähert sich allmählich seinem Ende. Das knapp 1,3 Hektar große Areal liegt unmittelbar östlich des bereits bestehenden Gewerbegebiets "Hohenaspen" und erstreckt sich direkt hinter der Tankstelle und der Lackiererei (Gewerbegebiet Langwiesen I) bis unmittelbar an das Autobahn-Viadukt. Derzeit befinden sich auf dem Gelände vor allem Baumschule-Kulturen, Obst- und Gartenflächen. Künftig sollen hier vier Gewerbegrundstücke geschaffen werden. Im Gemeinderat ging es jetzt um die Ergebnisse der ersten Offenlage und die dabei eingegangenen Stellungnahmen von Behörden und Bürgern. Außerdem legte die Verwaltung den Umweltbericht und die artenschutzrechtliche Untersuchung für das Gebiet vor.
Wie Planer Dietmar Glup mitteilte, hatten sich die "Träger öffentliche Belange" bei der ersten Anhörungsrunde "recht zufrieden mit dem Entwurf" gezeigt und "keine grundsätzlichen Bedenken" geäußert. Bei der Bürgeranhörung hatte es allerdings einen Einwand eines betroffenen Grundstückseigentümers gegeben. Dabei ging es um das Grundstück unmittelbar am Autobahnviadukt. Im ursprünglichen Entwurf war es aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans herausgenommen worden, weil es im sogenannten "Bauverbotsstreifen" liegt.
Laut Bundesfernstraßengesetz muss an den Autobahnen ein Abstand von 40 Metern eingehalten werden, in dem bauliche Anlagen und auch Nebenanlagen unzulässig sind. Der Eigentümer befürchtete nun allerdings, dass das Grundstück infolge der Planung künftig weder landwirtschaftlich noch anderweitig genutzt werden könne und sich deshalb zu einer "Schmuddel-Ecke" entwickeln werde. Sein Vorschlag ging dahin, das Grundstück einzubeziehen und sinnvoll für ökologische Ausgleichsmaßnahmen zu nützen.
Dafür eignet sich das Grundstück nach den Worten des Planers allerdings nicht. Dafür liegt es Glup zufolge zu sehr im Schatten des Autobahnviadukts. Allerdings empfahl er dennoch die Aufnahme des Grundstücks in den Bebauungsplan, jedoch mit der verbindlichen Festsetzung, dass diese Fläche nicht für Garagen, Carports, Nebenanlagen oder für Lagerzwecke zur Verfügung stehe, jedoch gepflasterte Pkw-Stellplätze für Mitarbeiter oder Kunden sowie Zufahrten und Umfahrungen darauf möglich wären. Dabei betonte er auf eine entsprechende Nachfrage aus dem Gremium, dass es nicht um öffentliche, sondern ausschließlich um private Parkplätze auf einem Firmengelände handeln werde. Mit dieser Änderung der Gemeinderat ebenso einverstanden wie mit dem redaktionellen Hinweis, dass auf den Gewerbegrundstücken generell auch Wohnungen bis zu einer Größe von 300 Quadratmetern zugelassen sein sollen.
Heute befinden sich in dem Gebiet kleine Obstanlagen und Baumschulen-Kulturen, künftig sollen sich hier Gewerbebetriebe ansiedeln. Das geplante Gebiet „Langwiesen II“ liegt östlich des bestehenden Gewerbegebiets Hohenaspen in Rauenberg (im Hintergrund ist die Tankstelle erkennbar). Foto: PfeiferSo klein das Gebiet auch ist, so erfordert der Eingriff in die Natur doch einiges an Ausgleichsmaßnahmen. Dies hat der Umweltbericht ergeben, in dem eine Eingriffs- und Ausgleichsbilanz unter anderem für die Schutzgüter Pflanzen, Tiere und Boden erarbeitet wurde. Ergebnis: In dem Gebiet lebt eine größere Population an Mauer- und vor allem Zauneidechsen, für die Ausgleichsmaßnahmen geschaffen werden müssen. Insgesamt sind dem Gutachten zufolge rund 120.000 sogenannter Wertpunkte auszugleichen.
Dafür müssen Flächen außerhalb den Plangebiets entsprechend umgewidmet werden. Die Gutachter schlagen dafür zwei Grundstücke unmittelbar östlich des geplanten Gewerbegebiets im Bereich der Bachaue vor, aber auch drei Flächen im Gewann "Beckerpfad", die unmittelbar südlich der Auffahrt von der B 39 zur Kreisstraße nach Malschenberg liegen. In diese Areale müssen die Eidechsen (möglichst getrennt nach Arten) umgesiedelt werden, nachdem zuvor entsprechende Habitate geschaffen worden sind. Auch für den Bluthänfling, eine in dem Plangebiet nachgewiesene Brutvogelart der Roten Liste, sollen auf den benachbarten Ausgleichsflächen entsprechende Ersatzhabitate geschaffen werden. Dietmar Glup zufolge wären mit diesen Maßnahmen 115.000 Wertpunkte auszugleichen, was einem ökologischen Ausgleich von 95,7 Prozent entspräche. Dies könne er "mit gutem Gewissen vorschlagen", so Glup. Die Kosten für die Ausgleichsmaßnahmen werden seinen Worten zufolge auf die Erschließungskosten des Gewerbegebiets umgelegt.
Angesichts der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen fragte sich SPD-Stadträtin Christiane Hütt-Berger, wie es denn um das städtische Ökokonto bestellt sei. Liege es inzwischen bei Null oder könne man hier noch etwas einbringen? Dass das Ökokonto der Stadt "prall gefüllt" sei, "ist so leider nicht der Fall", klärte Bauamtsleiter Martin Hörner auf. Zwar verfüge die Stadt über ein "naturschutzrechtliches Ökokonto", dieses sei aber nicht in ein "baurechtliches Ökokonto" überführt worden. Deshalb könne man es auch nicht einrechnen und müsse die Eingriffe in den Naturhaushalt bei entsprechenden Planungen in jedem Einzelfall ausgleichen – entweder mit Grundstücken in städtischem Besitz oder durch Flächenankäufe über die Flächenagentur Baden-Württemberg. Eventuell könne man auch über den Gemeindeverwaltungsverband an Flächen herankommen, Malsch habe hier bereits Bereitschaft signalisiert, erklärte Hörner mit Blick auf künftige Erschließungsvorhaben der Stadt.
Am Ende stimmte der Gemeinderat den vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen ebenso einstimmig zu wie den vorgeschlagenen Änderungen zum Bebauungsplan, sodass das Verfahren nun in die zweite Anhörungsrunde gehen kann. Für Christa Albrecht (Freie Wähler) muss das Gebiet angesichts der "großen Nachfrage nach Gewerbegrundstücken" jetzt "in Angriff genommen werden". Da das Gelände "praktisch schon erschlossen" sei, sei dies auch naheliegend.