Der 38-jährige Pole Michal C. wurde wegen mehrfacher Brandstiftung und versuchten Mordes in sechs Fällen zu zehn Jahren Haft verurteilt. Im Mai sorgte er mit seinen Taten in Kirchardt „für Angst und Schrecken“. Foto: Armin Guzy
Von Hans Georg Frank
Kirchardt. Ohne erkennbare Regung nahm Michal C. (38) das Urteil des Landgerichts Heilbronn zur Kenntnis. Zehn Jahre Freiheitsstrafe wegen mehrfacher Brandstiftung und versuchten Mordes in sechs Fällen. Der Leiharbeiter aus Polen hatte im Mai in Kirchardt Feuer gelegt und damit, so Vorsitzender Richter Roland Kleinschroth, den ganzen Ort "in Angst und Schrecken versetzt". Überall dort, wo C. hauptsächlich Autos angesteckt habe, sei "die Nachbarschaft komplett in Aufruhr" gewesen.
Kleinschroth rekapitulierte minuziös, was in jener Mainacht in dem Dorf geschehen ist. Die 1. Große Schwurgerichtskammer hatte sich äußerst eingehend mit den Taten befasst. Doch Kleinschroth musste eingestehen, dass nicht herausgefunden werden konnte, was in einem Menschen vorgehe, der zu einer solchen Brandserie fähig ist. "Man wagt sich gar nicht vorzustellen, was an diesem Tag hätte passieren können."
Einige Menschen hätte sterben oder wenigstens schwer verletzt werden können. "Es ist perfide, so mit der Angst zu spielen", hielt der Richter dem Angeklagten vor. Und: "Wer sich zum Herrscher über Gesundheit und Leben anderer aufspielt, wird immer auf der Verliererstraße stehen."
Michal C., mehrfach vorbestraft und kurz vor seiner Reise nach Deutschland aus einem polnischen Gefängnis entlassen, hatte zwar die Verantwortung für das Verbrechen übernommen. Aber im Prozess wollte er sich an nichts erinnern können, weil er damals stark betrunken gewesen sei. Kleinschroth sprach von einem Alkoholpegel von bis zu drei Promille. Die Gedächtnislücken glaubte die Kammer nicht, es sei eher denkbar, dass C. "den Tag einfach verdrängen" wolle.
Bei der Beweisaufnahme arbeitete die Kammer mehrere Motive heraus. Demnach habe C. seine damalige Situation als "völlig aussichtslos" empfunden. Er sei aus Frust über diese Situation und aus Neid auf andere, die erfolgreicher seien als er, etwa Besitzer von Autos, zum Brandstifter geworden.
Die Staatsanwältin, die eine Haftstrafe von zwölf Jahren gefordert hatte, war von einem Gesamtschaden von 570.000 Euro ausgegangen. Kleinschroth nannte jetzt rund 150.000 Euro. Schlimmer als die materiellen Verluste seien die psychischen Folgen, sagte der Richter. "Ich bin froh, dass meiner Familie nichts passiert ist", sagte ein Vater von zwei Kindern am Rand des Prozesses. Aber: Seine Frau brauchte professionelle Hilfe bei der Bewältigung des schrecklichen Erlebnisses.
Der dreijährige Sohn frage auch nach einem halben Jahr noch voller Angst: "Kommt der Mann wieder?" Der Bub hatte sein geliebtes Spielzeug in den Flammen verloren. Sein Bruder, damals ein halbes Jahr alt, schlief direkt über der Brandstelle bei geöffnetem Fenster. Alle konnten unverletzt aus dem Haus flüchten. Der Feuerwehr sei zu danken, dass sie alle vier Brände schnell gelöscht und damit noch größeren Schaden verhindert habe, lobte der Richter.
Zunächst muss Michal C. aus Kattowitz drei Jahre in eine Vollzugsanstalt, danach wartet eine Entziehungsanstalt auf ihn. Nur wenn er seine Alkoholsucht wirklich bekämpfe, werde er in Zukunft straffrei leben können, mahnte Kleinschroth. Die Mutter des Angeklagten hatte an den Sohn appelliert, er soll "endlich erwachsen" werden. Das hat auch nach der Verhaftung noch nicht geklappt. Die Zelle im Heilbronner Landgerichtet beschmierte C. mit Worten wie "Terrorist" und "Hooligan".