Geglückte Integration

Bayan ist schon ein echter Mosbacher

Familie Owdeh/Talal hat mit Elke Beck nicht nur eine Vermieterin, sondern eine "Ersatzoma" gefunden

22.09.2019 UPDATE: 23.09.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden

"Man muss den Gegenüber schätzen", betont Elke Beck. Die Diedesheimerin lebt seit 2016 unter einem Dach mit Amal Owdeh und Malek Talal sowie deren Kindern. Den Garten halten sie gemeinsam in Schuss. Foto: Peter Lahr

Von Peter Lahr

Mosbach-Diedesheim. "Wir sind seit viereinhalb Jahren hier", sagen Amal Owdeh und ihr Mann Malek Talal, die aus der Region Damaskus vor dem Krieg geflohen sind. Gleich setzen sie hinterher: "Seit Oktober 2016 sind wir bei Frau Beck." Zur jungen Familie zählt der fünfjährige Taim, der nicht nur in den Kindergarten geht, sondern auch schon bei den Diedesheimer "Bambini" mitkickt. "Bayan ist Mosbacher", beschreiben sie ihren Jüngsten, den zweijährigen Bayan. Und dann kommt, was das Besondere an dem Zusammenleben unter einem Dach ausmacht: "Frau Beck ist wie die Oma für die Kinder."

"Eigentlich wollte ich gar nicht vermieten", erinnert sich Elke Beck, die im Obergeschoss ihres Hauses lebt. "Ich war im Café Global in Neckarelz, und wir hatten damals so viele Feigen." So kam eins zum anderen. Die junge Familie pflückte die üppige Feigenernte vom Hofbaum. Und als Elke Beck erfuhr, dass die drei auf Wohnungssuche waren, kam ihr die Idee, die Wohnung im Erdgeschoss anzubieten.

"Ich bin glücklich. Die Kinder sind meine Freude, ich habe meine Enkel noch nie so nah aufwachsen sehen", sagt Elke Beck heute. Damit das Zusammenleben gut funktioniere, gebe es eine wichtige Grundregel: "Man muss Achtung voreinander haben. Respekt vor der Kultur des anderen." Alle fünf halten den properen Garten gemeinsam in Schuss. Der erinnert die jungen Eltern an ihr altes Zuhause in Syrien. "Da hatte ich auch einen kleinen Garten, mit Tomaten und Gemüse, ein bisschen Blumen und Kräuter, wie hier. Es sind nicht viele große Unterschiede", findet Malek Talal.

Der 36-Jährige hat Jura studiert und arbeitete als Rechtsanwalt. Sein Abschlusszeugnis werde hier anerkannt, und er könnte als Anwaltsgehilfe arbeiten. Doch sage das Jobcenter, es gebe keine Stellen, und er solle erst besser Deutsch lernen. Über die Arbeit hat Talal in Damaskus seine jetzige Frau kennengelernt. Amal Owdeh ist studierte Psychologin. Wegen der kleinen Kinder sei es für sie nicht möglich, an einem Deutschkurs teilzunehmen. Das versuche sie derzeit übers Internet. Aber so leicht wie Englisch fällt ihr das Deutsch noch nicht.

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Amal Owdeh arbeitet ehrenamtlich als Übersetzerin bei Beratungen der Diakonie. Ihr Mann absolviert derzeit in Sinsheim einen Kurs des DRK zum Rettungssanitäter. Nach dem erfolgreichen Abschluss hofft er auf eine Stelle in Mosbach. "Ich habe ein Praktikum gemacht, das machte mir Spaß", erklärt der Familienvater in bestem Deutsch. Auch wenn er schon zahllose Bewerbungen geschrieben hat, hofft er weiter auf eine gute Arbeitsstelle.

"Wir wollen ein Beispiel geben, wie Integration funktionieren kann", beschreiben die drei ihre Motivation, bei der Fotoausstellung "Angekommen - Angenommen" mitzumachen, die im Rahmen der "Interkulturellen Woche" ab 1. Oktober im Landratsamt in Mosbach zu sehen sein wird. Dass nicht nur die Liebe durch den Magen gehen kann, zeigt sich dabei schnell. Schon die beiden Kleinen benennen als Lieblingsessen Kartoffelsalat. "Die Kinder essen alles, zumindest bei der ‚Oma", sagt die Mama. Auch Elke Beck hat in den letzten Monaten viele neue Speisen kennen und schätzen gelernt. Etwa "Ouzi", gefüllte Teigtaschen. Es sei immer wie ein Überraschungsei, was drinnen stecke: Nüsse, Fleisch oder Erbsen. Besonders lecker seien auch der Reis oder der Kokoskuchen. Nur der warmen Joghurt, den man in Syrien gerne wie eine Suppe esse, der sei nicht ihr Ding.

"Wir haben viele Freunde. Alle helfen zusammen", skizziert Malek Talal das Mosbacher Lebensgefühl. Auch wenn er nicht aktiv mitsingt - beim Fest des örtlichen Gesangsvereins helfe er gerne mit. Trotz der guten Aufnahme hier gehe der Gedanke oft an die eigenen Eltern, unterstreicht Malek Talal: "Wir denken immer an sie, sie haben ein schwieriges Leben in Damaskus, es ist ein Land im Krieg."

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