Während im vergangenen Jahr zahlreiche Osterkerzen (kleine Bilder rechts) zur evangelischen Kirche in Aglasterhausen gebracht wurden, soll die Symbolik des Osterfestes diesmal auch durch geschmückte Kreuze (gr. Bild) versinnbildlicht werden. Fotos: Volker Wahlenmeier
Von Noemi Girgla
Aglasterhausen. Traditionell findet in der evangelischen Kirche in Aglasterhausen eigentlich am frühen Ostersonntagmorgen um 5 Uhr ein Gottesdienst statt. Die Osterkerze wird entzündet, das Licht unter den Gottesdienstbesuchern weitergereicht. Pandemiebedingt konnte dieser Brauch weder im vergangenen Jahr stattfinden, noch ist er dieses Jahr möglich.
Ursprünglich hatten Pfarrer Volker Wahlenmeier und sein Team einen Freiluftgottesdienst für den Ostermorgen geplant. "Als uns dann aber die aktuellen Infektionszahlen von Aglasterhausen vorlagen, war uns klar, dass wir Ostern so wie geplant nicht feiern können", sagt Pfarrer Wahlenmeier. Fast einmütig habe sich der Kirchengemeinderat gegen die geplanten Ostergottesdienste ausgesprochen. "Glücklich sind wir damit nicht, aber der Schutz der Menschen geht vor", meint Wahlenmeier. Auch, wenn allen die Gemeinschaft fehle.
"Ostern fällt aber nicht aus!", so der ideenreiche Pfarrer. Schon zum vergangenen Osterfest hatte er auf dem Videoportal YouTube dazu aufgerufen, die Menschen mögen Osterlichter basteln und zur evangelischen Kirche in Aglasterhausen bringen. 314 Kerzen kamen zusammen, die Wahlenmeier und seine Mitstreiter in den frühen Morgenstunden am Osterlicht in der Kirche entzündeten, mit Ostersegenskärtchen versahen und bis zur Dämmerung vor die Kirche stellten. Aus diesem Lichtermeer konnte jeder seine Kerze wieder abholen und mit zu seinen Lieben nehmen.
"Es war wertvoll, diese wunderbaren Menschen zu sehen, die etwas aus unserer Kirche mit nach Hause nahmen, um es auf ihren Frühstückstisch zu stellen", berichtet Wahlenmeier bewegt. "Die Flamme wurde sorgsam und ehrfürchtig behandelt, und die Leute gaben das Licht in der Gemeinde und an ihre Familien weiter." Auch dieses Jahr hat der Pfarrer wieder im Internet dazu aufgerufen, Osterlichter zu basteln und zur Kirche zu bringen. "Mein großer Wunsch ist, dass wir dieses Jahr die 500 schaffen. Ich hoffe, das ist nicht zu ambitioniert", schmunzelt er.
Osterlicht-Aktion in Aglasterhausen - Die FotogalerieDiesmal ist aber noch mehr geplant. Daher rief Wahlenmeier schon im Januar zu "Upcycling Weihnachtsbaum" auf und gab auf YouTube eine Anleitung dazu, wie man Stammteile des Baumes oder größere Äste ganz einfach zu einem Kreuz binden könne. "Ich bin gedanklich schon weitergegangen, wir wollen damit in Richtung Ostern gehen", sagt er in dem Video. Was es jedoch mit diesem Kreuz auf sich haben sollte, das verriet er bis kurz vor Ostern noch nicht.
"Unsere Kirchendienerin Silvia Graßl hatte eine tolle Idee. Sie kannte den Brauch, aus dem kahlen Stamm für Ostern ein Kreuz zu basteln und dieses dann mit viel Grün und Blüten zu schmücken", verrät der Pfarrer nun. Die Botschaft dahinter soll sein, dass Freude und Leid, Geburt und Tod nahe beieinanderliegen. "Irgendjemand Schlaues hat mal gesagt, die Krippe und das Kreuz seien aus dem gleichen Holz geschnitzt. Ich finde, das hat was. In dieser Freude zu Weihnachten, dass Gott auf die Welt gekommen ist, ist schon von vornherein mit einbegriffen, dass dieser Gott eines Tages für uns stirbt", erklärt Wahlenmeier.
Doch der kahle Baum, der Tod sei eben nicht das Ende, betont der Pfarrer. Dadurch, dass das Kreuz so prächtig geschmückt werde, symbolisiere das die Wiederauferstehung. Die zentrale Botschaft des Osterfestes laute schließlich: "Wir haben einen Gott an unserer Seite, der sogar stärker ist als der Tod." Das Kreuz, das Silvia Graßl für die evangelische Kirchengemeinde Aglasterhausen geschmückt hat, versinnbildlicht eben dieses neue, frische Leben. Sattes Grün und leuchtend gelbe Narzissen (Osterglocken) hat sie sorgsam um das Kreuz geflochten. "Neben den Lichtern ist das eine neue Symbolik, die das Osterfest verkörpert", meint Wahlenmeier. Er hält die Aglasterhausener dazu an, im Laufe der Woche bis zum Abend des Ostersamstag neben ihren Kerzen auch die gebundenen Kreuze zur Kirche zu bringen, die dann an dieser angelehnt werden sollen.
"Ich bin enthusiastisch und sentimental zugleich, wenn ich an das Osterfest und unsere Aktion denke", beschreibt Wahlenmeier seine Gefühlslage. "Das ist eine schöne Art und Weise, wie Gott (trotz der widrigen Umstände) zu den Menschen kommen kann." Er freut sich schon darauf – und ist nach eigenen Angaben etwas "hibbelig" –, mit seinem engagierten Team "diese Nachtschicht zu fahren". "Und ich bin froh, dass das Osterlicht aus unsere Kirche auch dieses Jahr wieder bei den Menschen zu Hause am Tisch brennen wird – als kleiner Gruß von Gott", schließt der Pfarrer.