Pater Eberhard von Gemmingen versuchte, auf die Frage 'Ist der Were- und Kulturwandel zu stoppen?' zu antworten. Foto: Blüthner
Mosbach. (jbl) "Das sprengt ja den Rahmen", freudig überrascht blickte Ariane Spitzer am Donnerstagabend in das voll besetzte "fideljo". Mit so großem Interesse für "geistliche Dinge" hatte der CDU-Stadtverband Mosbach nicht gerechnet. Mit dem Vortrag des Jesuitenpaters Eberhard von Gemmingen, der 27 Jahre in Rom gelebt hatte und dort Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan war, schien man den Nerv der Zeit getroffen zu haben.
Zahlreiche Ehrengäste, darunter auch Dr. Hanns-Lother Förschler, Vorstand der Johannes-Diakonie, Gabriele und Markus von Gemmingen sowie Bürgermeister Michael Keilbach und weitere Gäste begrüßte Ariane Spitzer.
"Ich hoffe Ihre Erwartungen erfüllen zu können", sagte der sympathische Referent zu Beginn. Lange vor den sich überschlagenden Ereignissen im Vatikan war der Termin festgelegt worden, ursprünglich sollte es um die Frage "Ist der Verfall christlicher Werte zu stoppen?" gehen. Jetzt hofften wohl viele Mosbacher, dass der Referent aus dem Nähkästchen plaudere.
Der Rücktritt von Papst Benedikt habe ihn, der sich schon in einer eigenen Niederschrift vor einiger Zeit mit dem Gedanken befasst hatte, dass Päpste auch zurücktreten können müssten, nur wenig überrascht, sagte von Gemmingen. Wer aber sein Nachfolger wurde, das überraschte auch den Vatikan-Kenner. "Papst Franziskus hat wunderbare Zeichen gesetzt", dennoch sei er auf seine Mitarbeiter angewiesen und diese müssten erst noch bestellt werden.
Ob Papst Franziskus den Werteverfall stoppen kann, das ließ Pater Eberhard von Gemmingen offen. Er gab zu Bedenken, dass auch die Aufhebung des Zölibats, die gleichgeschlechtliche Ehe oder mehr Mitsprache von Frauen in der Kirche die Veränderungen nicht aufhalten könnten. "Wir erleben eine epochale Wende, das Hineinwachsen in Kirche in Mitteleuropa ist vorbei." Religiöses Leben werde künftig in kleinen "Biotopen des Glaubens" praktiziert, so der Pater.
Die Schuld dafür auf das Zweite Vatikanische Konzil zu schieben, sei zu oberflächlich, meinte von Gemmingen. Es gehe der Gesellschaft zu gut, so verdunste der Glaube. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges spiele Glaube eine immer geringere Rolle. Doch bei aller Kritik, eine Strukturreform sei dringend notwendig, viel zu viel liefe über den römischen Schreibtisch. Der Pater nahm kein Blatt vor den Mund: "Welcher Bischof gibt schon einen guten Mann nach Rom ab?"
Zu bedenken gab von Gemmingen auch den Mentalitätsunterschied im "Schmelztiegel" Vatikanstaat. Schon im Zeitalter der Aufklärung sei zwar das Denken nördlich der Alpen mit Vordenkern wie Kant oder Hegel, in der Neuzeit dann mit Papst Benedikt in Rom eingezogen, dies aber im Süden nicht gewachsen. Hier liege das Hauptproblem einer Reform.
Lösungen hatte der Pater allerdings keine parat. Auch ob Papst Franziskus das Ruder rumreißen könne, ließ er offen. "Das glauben-können ist eine Gnade", schloss er. Entscheidend in allen Dingen sei, ob die Frage nach Gott aus der Gesellschaft wieder gestellt werde.
Stadtverbandsvorsitzender Dr. Alexander Ganter dankte dem Pater für seinen humorvollen Vortrag und versprach, das "C" für christlich in seiner Partei mit Leben zu füllen.