Von Annegret Ries
Frankenthal/Speyer. Der erfahrene Mainzer Rechtsmediziner hat schon viele Gewaltopfer obduziert. Aber ein Opfer, das mit einem Messer, einer Schusswaffe und durch "stumpfe Gewalt", also Schläge oder Tritte, verletzt wurde, "das sieht man wirklich selten", sagte der Experte bei der Verhandlung vor dem Landgericht Frankenthal.
Ausführlich äußerte sich der Arzt zum Tod einer 57-jährigen Bedienung, die vor sechseinhalb Jahren in der Speyerer Nachtbar "Thai Orchidé" brutal umgebracht wurde. Angeklagt ist ein 47-jähriger Mann aus der pfälzischen Verbandsgemeinde Lambrecht, der die Frau mit einem laut Anklage "bisher nicht sicher ermittelten Mittäter" aus Habgier ermordet und das Lokal ausgeraubt haben soll. Schon ein Tritt oder Schlag in den Hals- und Oberkörperbereich habe die Frau massiv verletzt. So seien unter anderem das linke Schlüsselbein und das Zungenbein gebrochen, der Kehlkopf geborsten gewesen. Die Verletzung des Kehlkopfs, das Einatmen von Blut in die Lunge und der Blutverlust durch die Schüsse und mehrere Schnittverletzungen - diese Kombination habe zum Tod der Frau geführt.
Eine Kriminaltechnikerin sagte, man habe am Handschuh des Angeklagten, der manchmal als DJ in der Thai-Bar gearbeitet hatte, "eine sehr deutlich ausgeprägte DNA- beziehungsweise Blutspur des Opfers" entdeckt. Auch hätte sich an dem Handschuh eine Schmauchspur befunden, die von einem Schuss herrühre.
Oberstaatsanwältin Doris Brehmeier-Metz wirft dem Angeklagten und seinem Komplizen vor, sie hätten sich wegen ihrer schlechten finanziellen Lage dazu entschlossen, die Bar auszurauben. Beide seien am 29. August 2012 gegen 4.15 Uhr mit einer geladenen Waffe, einem Schraubenzieher, Kopfbedeckungen und Handschuhen in die Bar gegangen. Die Bedienung habe sie aufgefordert zu gehen. Einer der Männer soll die 57-Jährige daraufhin mit der Waffe bedroht, der andere mit dem Schraubenzieher einen Spielautomaten aufgebrochen haben.
Die Angestellte habe sich vehement gewehrt, führte die Anklägerin aus, hinter der Theke sei es zu einem Kampf gekommen. Die Männer hätten die Frau auf einen Stuhl gesetzt und auf sie eingetreten, ihr mit einem Küchenmesser in die linke Brust gestochen und viermal auf sie geschossen. Anschließend sollen die Täter einen weiteren Spielautomaten aufgebrochen und sich mit 5700 Euro Bargeld, Schmuck und der EC-Karte des Opfers aus dem Staub gemacht haben.
Der Besitzer des Lokals fand gegen 15.40 Uhr die Leiche seiner Mitarbeiterin und verständigte die Polizei. Haare und Gesicht der Frau seien voller Blut gewesen, schrieben die Beamten später in ihr Protokoll. Die Frau sei herabgesackt auf einem Stuhl gesessen, ein Messer habe noch im Bereich des Herzens gesteckt.
"Sie haben hier den Falschen sitzen", betonte Verteidiger Friedrich Demandt beim Prozessauftakt. Die Anklage stütze sich nur auf Vermutungen, die durch nichts belegt seien. Demandt erinnerte daran, dass nach dem Mord gegen mehr als zehn Personen ermittelt wurde. Nach einem anonymen Hinweis habe sich die Polizei dann auf seinen Mandanten "kapriziert". Ermittelt wurde auch gegen den Besitzer der Bar, die ein Polizist als "Kaschemme" bezeichnete.
Demandt kündigte an, dass er den Mann laden will, um zu beweisen, dass sein Alibi falsch sei. Nach Angaben des Anwalts war bereits 2013 ein erster Antrag der Staatsanwaltschaft gescheitert, seinen Mandanten in Untersuchungshaft zu nehmen. Ein 2014 ergangener Haftbefehl sei nach vier Monaten vom Oberlandesgericht aufgehoben worden, "weil die Indizien nicht ausreichten".