Die SPD-Landespolitiker Daniel Born (hinten links) und Sascha Binder (hinten rechts) besuchten den Verein Bürgerbus Plankstadt. Einer der ehrenamtlichen Fahrer ist Bürgermeister Nils Drescher (rechts). Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Plankstadt. Gerhard Wacker fährt mit dem zum Achtsitzer-Bus umgebauten Sprinter an der Haltestelle vor dem Rathaus vor und hilft zwei älteren Damen aus dem barrierefrei gestalteten Gefährt auf den Gehweg. Wacker ist einer von zehn ehrenamtlichen Fahrern des Plankstadter Bürgerbusses, die gegenwärtig aktiv sind.
Seit dem 26. Juni fährt man wieder im Vollbetrieb. Nicht alle Fahrer sind aber trotz der angeschafften Gesichtsschilde bereit, angesichts des Coronavirus den körperlichen Kontakt mit den älteren Fahrgästen zu riskieren. Auch zu deren Schutz. Sie haben sich vorübergehend abgemeldet. "Eigentlich brauchen wir für unser Pensum zwölf Fahrer", erklärt Uwe Hornung, stellvertretender Vereinsvorsitzender des Bürgerbusvereins. Weil der Verein dringend Verstärkung sucht, findet am Samstag, 8. August, eine Werbe-Aktion statt.
Der Plankstadter Bürgerbus ist ein sozialer Treffpunkt und ein bequemes Transportmittel. Die häufig älteren Passagiere haben ihn sogar schon ein wenig für sich vereinnahmt: "Ich fahr’ mit unserm Bussl", sagen sie. Die ehrenamtlichen Fahrer helfen ihnen beim Ein- und Aussteigen und lassen die Fahrgäste, die oft mit Rollator unterwegs sind, auch schon einmal ganz in der Nähe ihrer Wohnung aussteigen. Der Bus ist mit seiner 15-minütigen Fahrt über einen durch Plankstadt verlaufenden Kurs von 6,2 Kilometer Länge ein Vorzeigeprojekt. Bürgermeister Nils Drescher sitzt selbst regelmäßig am Steuer.
Diesem Erfolgsmodell haben Sascha Binder, der Generalsekretär der SPD Baden-Württemberg und gleichzeitig Präsident des Pro Bürgerbus Vereins BW, sowie sein Parlamentarier-Kollege im Stuttgarter Landtag, Daniel Born, einen Informationsbesuch abgestattet. Keine Überraschung war es, dass die SPD-Politiker nach verstärkten Möglichkeiten einer Unterstützung des Projekts durch das Land gefragt wurde. Insbesondere nach einer Kompensation für Mindereinnahmen durch die Corona-Pandemie. Man habe im ersten Halbjahr rund 4000 Fahrgäste weniger gehabt als im Vorjahr. Das schlage sich sowohl bei den Ticketeinnahmen als auch bei den Zahlungen des Busverkehrs Rhein-Neckar (BRN) nieder. Binder erklärte, dass sich das Land mit diesem Thema im Oktober befassen werde.
Der Bürgerbusverein, der 2013 gegründet wurde, finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Werbung auf dem Bus sowie durch kleinere Beträge von Land und BRN. Bei der Anschaffung eines zweiten Busses, der bestellt ist, beteiligt sich auch die Gemeinde Plankstadt. Er wird 115.000 Euro kosten. Einen E-Bus anzuschaffen, war finanziell nicht möglich. "Der würde 220.000 Euro kosten", erklärt Willi Lieske, Geschäftsführer des Vereins.
Ein zweiter Bus ist nötig, weil das ursprüngliche Gefährt inzwischen in die Jahre gekommen ist. Erst kürzlich musste das Getriebe getauscht werden. Das war teuer, verursacht aber auch tagelang Ausfälle. Ein zweiter Bus kann im Fall von Wartung oder Reparatur des anderen Fahrzeugs als Ersatz eingesetzt werden. Wenn sich irgendwo in der Nachbarschaft ein weiterer Bürgerbusverein gründen würde, könnte man den zweiten Bus gegebenenfalls auch zeitweilig verleihen. "Es gibt Bürgermeister, die gegen einen Bürgerbus sind. Ich gebe zu, dass es auch schwer nachzuvollziehen ist, dass so etwas funktionieren kann", zeigt Sigrid Schüller, die den Bürgerbus schon in ihrer Zeit als Gemeinderätin vehement unterstützt hatte, Verständnis.
Info: Wer Interesse hat, das Team zu verstärken, kann am Samstag, 8. August, ab 13 Uhr auf dem Parkplatz vor dem Vogelpark eine Probefahrt machen. Erforderlich ist lediglich die Vorlage des Führerscheins.