Bei einer Waldbegehung bei Neckarsteinach waren die Schäden durch Trockenheit und Borkenkäfer deutlich zu sehen. Foto: kaz
Von Karin Katzenberger-Ruf
Heidelberg. Nach dem Klimagipfel in New York fordert eine Aktionsgruppe von Greenpeace Mannheim-Heidelberg nun in einem Offenen Brief die "Waldwende" in der Region. "Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren", heißt es in dem Schreiben, in dem unter anderem die Ausrichtung der derzeitigen Forstwirtschaft kritisiert wird und in dem vier mögliche Sofortmaßnahmen aufgeführt werden.
Dort heißt es, Schadflächen, die durch Dürre oder Insekten entstanden seien, müsse der notwendige Raum gegeben werden, um sich selbst zu regenerieren. Bäume müssten demnach wieder "groß, alt und stark" werden können, um künftigen Wetterextremen standhalten zu können. Was wiederum eine naturnahe Waldnutzung statt schneller Holzgewinnung bedeute, bei der die Bäume "schon im Kindesalter" geerntet würden.
Überdies verlangt Greenpeace Schutzgebiete für "die Urwälder von morgen". Derzeit seien nur vier Prozent der Waldfläche vom Holzeinschlag ausgeschlossen. Notwendig seien aber mindestens zehn Prozent. Lediglich ein Drittel des deutschen Waldes gelte derzeit als naturnah.
Nicht zuletzt fordert die regionale Aktionsgruppe "die sofortige Einstellung von Pestiziteinsätzen, wie sie in der derzeitigen Krisensituation praktiziert werden." Abschließend heißt es in dem Offenen Brief: Die erforderliche "Waldwende" müsse dringend mit einem Umdenken und entsprechenden Maßnahmen in der Klima-, Energie- Verkehrs-, und Agrarpolitik einher gehen. Die bisher eingeleiteten Maßnahmen seien nicht geeignet, die internationalen Klimaziele zu erreichen "und unseren Lebensraum zu sichern".
Im Pressegespräch, zu dem die Aktionsgruppe in das Welthaus am Heidelberger Hauptbahnhof eingeladen hatte, skizzierte Diplom-Forstwirt Volker Ziesling die Situation unter dem Stichwort "Waldsterben 2.0 im Rhein-Neckar-Gebiet". Demnach ist der Wald zum Teil auch durch sogenannte "Neophyten" bedroht. Das sind Arten aus anderen Vegetationszonen, die die heimischen oft regelrecht überwuchern. Als Beispiel nannte er die "Spätblühende Traubenkirsche". Der ideale Baum für die natürliche Waldverjüngung wäre wiederum die Wärme liebende Eibe. Sie soll im Mittelalter das beliebteste Holz überhaupt gewesen und daher fast ausgerottet worden sein. Ein Grund, warum Eiben fast nur noch in Parkanlagen stehen.
Betriebswirtschaftlicher Unsinn
"Die Kiefernwälder in der Rheinebene sind angezählt", heißt es auf einem Informationsblatt zum "Waldsterben 2.0". Darin geht es auch um das Fichtensterben, das durch Trockenheit und durch Borkenkäfer verursacht wird. Das Sterben von Buchen und Lärchen vor allem im Pfälzer Wald bereitet Greenpeace ebenfalls Sorgen.
Ziesling kritisierte zudem, dass viel zu viel Holz in der Verpackungsindustrie verarbeitet werde - und die Verpackungen nach ihrem Gebrauch verbrannt würden. Das sei nicht nur eine verantwortungslose Verschwendung des natürlichen Rohstoffs, sondern vor allem auch "betriebswirtschaftlicher Unsinn".