Der Eingang zur Südpfalz-Kaserne in Germersheim. Foto: Uwe Anspach/dpa
Von Wolfgang Jung
Germersheim. Das Gefühl der Befreiung ist in Germersheim nach dem Ende der Quarantäne für die rund 120 China-Rückkehrer spürbar. "Ich bin schon froh, jetzt raus zu sein", sagt die 22-jährige Ann-Sophie Muxfeldt aus Bad Oldesloe. "Wenn man rausging, konnte man nur um den Kasernenblock laufen, da kannte man irgendwann jeden Grashalm. Das fühlt sich schon nach einiger Zeit etwas komisch an." Nach rund 14 Tagen heben die Behörden die Isolation für die Männer, Frauen und Kinder in der Bundeswehrkaserne am Sonntag auf. Auch der letzte Test ergibt keinen Hinweis auf das Coronavirus. Muxfeldt wird von den Eltern abgeholt, andere lassen sich zum Bahnhof fahren.
In die Euphorie mischen sich aber auch Zweifel. "Wir mussten in Wuhan alles zurücklassen: Wohnung, Verwandte, Freunde. Wann wir zurückkehren können, ist unklar", sagt eine Frau, die namentlich nicht genannt werden will. Sie zieht ein gemischtes Fazit der Quarantäne. "Mit der Zeit wurde es sehr anstrengend. Jetzt freue ich mich auf die Freiheit."
Auch Studentin Muxfeldt meint: "Vermutlich werde ich mich einfach ein bisschen frei bewegen. Ganz egal, ob spazieren gehen oder Fahrrad fahren oder nur eine Runde einkaufen." Von Wuhan über Helsinki und Frankfurt nach Germersheim – es ist ein langer Heimweg. Zum Abschied gibt es ein wichtiges Geschenk für die Rückkehrer: ein Gesundheitszeugnis, das offiziell bescheinigt, dass über den gesamten Zeitraum der Quarantäne keine Infektion mit dem neuen Coronavirus nachgewiesen werden konnte.
Bei vielen der rund 20 000 Einwohner von Germersheim war der Argwohn seit der Ankunft der Rückkehrer am 1. Februar spürbar. "Kann sich meine Katze anstecken, wenn sie durch die Kaserne läuft?", war etwa eine Frage der Bürger. Berichte über angebliche Hamsterkäufe von Mundschutz und Desinfektionsmittel verunsicherten einige. Es gab Ängste, sagte Sascha Hofmann, der Erste Beigeordnete von Germersheim. Aber das sei schnell abgeflaut. "Die Menschen sehen, was das Rote Kreuz und die Bundeswehr hier leisten."
Kaum Zeit für Vorarbeiten hatten Landrat Fritz Brechtel (CDU) und das Team des Luftwaffenausbildungsbataillons. Günstig war, dass ein neues Gebäude mit 128 Zimmern bezugsfertig war. Räume mit Etagenbetten und einem kleinen Bad: kein großer Komfort, aber als Rückzugsbereich mehr als geeignet. Rund 20 Helfer des Deutschen Roten Kreuzes gingen mit in Quarantäne in die "rote Zone". Der Begriff bezeichnete den Quarantäne-Block und das Areal unmittelbar um dieses Gebäude. Die Zone war abgesperrt und blieb Rückkehrern und Betreuern vorbehalten. "Quarantäne heißt nicht: Soldaten raus, Evakuierte rein, Tür zu und warten", sagte der südpfälzische Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler (SPD) vor Kurzem.
Familien hätten andere Bedürfnisse als Soldaten. "Der Führungsstab hat quasi über Nacht Kinderbetten in ausreichender Zahl angeschafft. Ein gesonderter Wäschekreislauf wurde eingerichtet. Und fast 3300 Stunden an Mehrarbeit hat das Luftwaffenausbildungsbataillon allein in der ersten Woche geleistet."
Nach der Abreise der Rückkehrer scheint das Leben in Germersheim wieder in normalen Bahnen zu verlaufen. Bereits am Sonntag war in Gaststätten weniger das Coronavirus als vielmehr der bevorstehende Fastnachtsumzug wichtiges Gesprächsthema. Der närrische Lindwurm zieht am kommenden Samstag unter dem Jubiläumsmotto "60 Johr, do bisch’ du platt" durch die Stadt.
Update: 20 Uhr, 16. Februar 2020
Germersheim. (dpa) Die Ergebnisse weiterer Tests auf das Coronavirus Sars-CoV-2 seien negativ, sagte ein Sprecher der Luftwaffe am Sonntagmorgen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Alle Bürgerinnen und Bürger würden daher am Sonntag aus der Kaserne entlassen.
122 deutsche Staatsbürger und Familienangehörige waren aus der vom Sars-CoV-2-Virus besonders betroffenen chinesischen Stadt Wuhan nach Frankfurt am Main geflogen und am 1. Februar in die Kaserne nach Germersheim gebracht worden. Die angedachte Quarantänezeit von 14 Tagen rührt daher, dass die maximale Inkubationszeit, also die Frist von der möglichen Ansteckung bis zum Krankheitsausbruch, wahrscheinlich meist so lange dauert. Neben den Rückkehrern haben auch 22 Helfer des Deutschen Roten Kreuzes die vergangenen Tage in der Kaserne verbracht.