Eine Frau tanzt im Breidenbach in der Hebelstraße. Es ist ein Foto aus besseren Zeiten, vor Corona, als die Clubs in Heidelberg noch jedes Wochenende voll waren. Sowohl die Breidenbach Studios als auch die Halle 02 starten nun Spendenkampagnen. Archivfoto: pr
Von Stefan Otto
Mannheim/Heidelberg.Zu Beginn der Corona-Krise gehörten die Clubs, von den großen Electro-Clubs bis zu kleinen Live-Musikspielstätten, zu den Ersten, die schließen mussten. Und sie werden voraussichtlich zu den Letzten zählen, die irgendwann wieder öffnen können. Wahrscheinlich erst, wenn ein Impfstoff gegen das Virus gefunden wurde. In der Zwischenzeit brechen die Einnahmen weg, und die Ausgaben, etwa für Miete, Nebenkosten und Personal, bleiben. Wie viele Clubs das überleben können, ist fraglich. Zu einem digitalen Talk geladen, hatten daher Bündnis 90/Die Grünen, namentlich der Heidelberger Bundestagsabgeordnete Danyal Bayaz, der den Wahlkreis Bruchsal-Schwetzingen vertritt. Zur Klärung der Fragen "Freuderelevant? Systemrelevant? Warum brauchen wir Clubkultur? – auch nach der Krise" eingeladen waren ebenso Felix Grädler, der Betreiber c, und Mannheims Nachtbürgermeister Hendrik Meier.
"Wir haben normalerweise 450 Veranstaltungen mit über 200.000 Besuchern pro Jahr, aber wie so viele andere auch seit dem 13. März von einem Tag auf den anderen geschlossen", berichtete Grädler. "Hier steht alles leer. Alle Mitarbeiter sind sofort in Kurzarbeit geschickt worden, und bei den Aushilfskräften haben wir uns auch bemüht, Lösungen zu finden, wo die unterkommen können."
Die Stadt Heidelberg, der Eigentümer des Gebäudekomplexes in der Bahnstadt, hat dem Club vorläufig bis August die Miete erlassen. "Das ist ein immenser Batzen, die gehen mit gutem Beispiel voran", lobte Grädler und sah dennoch wenig Raum für Hoffnung. "Eine Perspektive gibt es nicht. Es wird noch ein, zwei Monate so gehen, dass man das überbrücken kann, aber dann wird es auch schnell dunkel."
"Clubkultur mit Abstand funktioniert nicht", ergänzte Pamela Schobeß, die Vorsitzende der Clubcommission Berlin. Die Möglichkeiten, die andere Branchen wie Gastronomie oder Tourismus hätten, "über Hygiene- oder Abstandsregeln ihren Kunden wenigstens ein bisschen etwas bieten zu können", seien in Clubs und Live-Musikhäusern überhaupt nicht gegeben. "Die Menschen wollen Nähe und Musik. Sie wollen sich sozusagen austoben."
Eine mögliche Lösung wäre, Clubs wie die Halle02 in Abgrenzung etwa zu puren Diskotheken, Bierzelten oder Karaoke-Bars als echte Kultureinrichtungen anzuerkennen und sie damit rechtlich Theatern, Opernhäusern oder Programmkinos gleichzustellen. Also andere Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen größeren Spielraum ermöglichen. "Clubkultur ist kulturelle Grundversorgung. Kein Mensch käme auf die Idee, jetzt die Staatsoper dranzugeben", erklärte der kulturpolitische Sprecher der Grünen, Erhard Grundl. "Was das mit den Leuten macht, wenn ihnen diese kulturelle Grundversorgung vorenthalten wird, das merkt man jetzt schon", so der niederbayerische Grüne, der damit vermutlich auf die Stuttgarter Krawalle am vergangenen Wochenende anspielte.
"Wir versuchen, durch Clubs, Bars und Kneipen ja auch den Raum zu schaffen, in dem sich junge Menschen begegnen und kennenlernen können", erläuterte Mannheims Night-Mayor Hendrik Meier. Clubs seien es wert, ebenso geschätzt und vor drohenden Insolvenzen geschützt zu werden. "Das ist einfach Lebensinhalt für wahnsinnig viele Menschen, dafür muss man sich solidarisieren." Clubs seien sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich relevant, aber leider nicht krisenfest, so ein Fazit des konstruktiven Talks.