Wie die Mannheimer Polizei "legalen Autolärm" bekämpft
Mannheims Verkehrspolizeichef Dieter Schäfer hat das Kraftfahrtbundesamt eingeschaltet - Sein Ziel: Serienmäßig getunte Fahrzeuge sollten verboten werden

Ein Polizist misst in Mannheim den Lärmpegel des Auspuffs eines "Poser"-Fahrzeugs. Foto: Anspach
Von Carsten Blaue
Mannheim. Dieter Schäfer lässt sich nicht so leicht unterkriegen. Der 60-jährige Chef der Mannheimer Verkehrspolizei hat das Kraftfahrtbundesamt (KBA) eingeschaltet, um ein Problem im Kampf gegen aufgemotzte, lärmende Autos von sogenannten "Posern" zu lösen, bei dem den Ermittlern bislang die Hände gebunden sind. Dabei geht es um schaltbare Abgasanlagen, mit denen der Fahrer den Sound seines Fahrzeugs selbst regeln kann. Krach quasi auf Knopfdruck, und das auch noch serienmäßig und mit Zulassung. Legaler Lärm also. Schäfer würde ihn lieber heute als morgen verbieten lassen. Die Antwort des KBA in dieser Sache macht ihm Hoffnung.
Vergangenes Jahr haben es Schäfer und seine Beamten der Ermittlungsgruppe "Poser" vor allem mit illegal manipulierten Auspuffanlagen zu tun gehabt: "Das haben wir in den Griff bekommen". Auch dank der zahlreichen Kontrollen rund um die Mannheimer "Poser-Meile" in der Kunststraße und am Kaiserring. "Dieses Jahr haben wir aber das neue Phänomen", so der Verkehrspolizeichef. Die Autobauer würden markenübergreifend und "aggressiv" für ihre getunten Spitzenmodelle des Mittelklassesegments werben, deren Abgasanlagen alle möglichen Lautstärken erreichen.
Preislich würden die Fahrzeuge zwischen 50.000 und 100.000 Euro liegen. Das Leasing sei erschwinglich: "Das kann man noch bezahlen, und es sind ausschließlich Männer, die solche Autos fahren", so Schäfer. Über 80 Prozent der Fahrer, sagt er, seien Türken oder Deutsch-Türken. Beschwerden über die protzigen Schlitten hagele es in Mannheim und Ludwigshafen, eher selten dagegen in Heidelberg.
Ihr Geräuschpegel liegt weit über den erlaubten 72 Dezibel; nicht selten dröhnen sie mit Presslufthammerlautstärke durch die Stadt. Ein Autohersteller, den Schäfer beispielhaft nennt, spricht hier von "Klangverbesserung" und wirbt für eine "Performance-Abgasanlage", die wahlweise "komfortabel" oder "hoch emotional" klingen kann. Beim Leasing für 9,01 Euro zusätzlich pro Monat. Zum Vergleich: Die Polizei kann zu viel Lärm spontan mit zehn Euro ahnden. Die Einstellungen, bei denen es richtig scheppert, können "Race" oder "Sport plus" heißen. Das Auto ist in diesem Fall so programmiert, dass es bei jedem Schaltvorgang eine Fehlzündung provoziert: "Da batscht es, und das Fahrzeug wird noch auffälliger", so Schäfer. Das Richtige also für die "Macho-Klientel", wie er die "Poser" nennt. Das Ganze ist deshalb legal, weil die Tuner genau darauf achten, dass die Autos im Testbetrieb bei 50 Stundenkilometern nicht lauter sind als die zugelassenen 72 Dezibel. Erfüllen sie diese Vorgabe im Normalmodus, ist alles in Ordnung. Dass sie aber schon bei 53 km/h rund 84 Dezibel laut sind, interessiert dann keinen mehr. "Eine Trickserei", sagt Schäfer, "der man Einhalt gebieten muss."
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Sein Traum sei es, dass die sogenannten Klappenauspuffanlagen entweder verboten oder so nachgerüstet werden, dass sie zulässig sein können. Es gehe schließlich darum, die Wohnbevölkerung vor Lärm zu schützen. Und da helfe auch keine Moral. Solange man der Automobilindustrie hier nicht auf die Finger klopfe, werde sie weitermachen: "Denn sie hat ihre Klientel gefunden."
Das KBA hat auf Schäfers Vorstoß reagiert. In einer Antwort an ihn teilte die Behörde mit, dass die Zuschaltung von "Betriebsarten" unzulässig sei, wenn sie "zur Erhöhung der Geräuschkulisse unter typischen Straßenfahrbedingungen" führe. In diesem Fall erlischt also die Betriebszulassung für das jeweilige Fahrzeug. Die KBA schrieb zudem, dass sie eine Nachprüfung in dieser Sache veranlasst habe.