So sieht die umgestaltete Sarotti-Mohr-Werbung aus (Update)
Original und verhüllte Werbung sollen abwechselnd gezeigt werden

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Zwei Kerlchen mit Pluderhose, Schnabelschuhen und Tablett sorgen seit Herbst 2018 für hitzige Diskussionen in Mannheim: die "Sarotti-Mohren" über der Bar des Capitols. Die einen fordern, die aus ihrer Sicht kolonialrassistische Werbeanlage abzuhängen, andere finden die Debatte überflüssig und zu viel der "Political Correctness". Capitol-Geschäftsführer Thorsten Riehle und sein Team haben sich viel Zeit genommen für ihre Entscheidung, die weitere – und gewollte – Debatten nach sich ziehen wird.
Georg Veit, der künstlerische Leiter des Veranstaltungshauses, hat den Sarotti-Schriftzug und die flankierenden, runden Mohren-Embleme mit beigem Jutestoff und schwarzen Schnüren ummantelt. Pate seiner Inspiration sei natürlich "Reichstagsverhüller" Christo gewesen. Darum macht Veit am Dienstag kein großes Geheimnis. Seiner Installation lägen drei Überlegungen zugrunde. Auch der Alltagsrassismus offenbare sich versteckt und werde gerne unter den Teppich gekehrt, getreu dem Motto: "Das wird man ja noch sagen dürfen." Zweitens: "Ich muss erklären, was darunter ist, warum manche Menschen das Original als herabwürdigend empfinden", so Veit.
Als drittes Motiv führt Veit "Irritation" an. Die meisten, die so wie er, oft oder regelmäßig im Capitol seien, nähmen die Embleme gar nicht mehr bewusst wahr oder störten sich nicht (mehr) daran. Die Installation bewirke nun eine Konfrontation mit dem Thema Rassismus, löse Gespräche aus. Laut Riehle soll die Installation bis zum 8. März zu sehen sein, vielleicht auch länger und/oder nach der Sommerpause. Anlass für die Präsentation ist die am Sonntag startende Veranstaltungsreihe "Kein Platz für Rassismus" im Capitol.
Im nächsten und übernächsten Jahr will Riehle dann zwei weitere Entwürfe für einen neuen Blick auf die Retro-Werbung zeigen. Ziel sei eine Art Wechselausstellung. Dazwischen soll immer auch die unverpackte Ursprungs-Dekoration zu sehen sein. Davon überrascht zeigt sich Gerhard Fontagnier, Grünen-Stadtrat und Vorsitzender des flüchtlingsfreundlichen Vereins "Mannheim sagt Ja!". Dass die Mohren während der Anti-Rassismus-Tage verdeckt und anschließend wieder enthüllt würden, "scheint mir ein Feigenblatt zu sein". Dagegen hätte er sich gut vorstellen können, Veits Entwurf zur Dauerlösung zu machen, sagt Fontagnier, der ursprünglich das Abhängen der Reklame gefordert hatte.
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"Hätten wir das gemacht, wäre das Thema nicht vom Tisch gewesen", meint dagegen Riehle, der auch SPD-Stadtrat ist. Das Capitol nehme verletzte Gefühle etwa von Farbigen in Kauf. Riehle misst der Diskussion um Alltagsrassismus und Diskriminierung eine höhere Bedeutung zu. Er verhehlt aber auch nicht, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen im Umfeld des Capitols, Aufsichtsräte und Gesellschafter des Hauses, die Dimension der Debatten nicht verstünde und frage, warum er, Riehle, sich das überhaupt antue. Fontagnier kontert: "Wenn 100 Leute im Raum sind und einer bekommt schwer Luft, dann macht man ja auch das Fenster auf."
Riehle weiß um die "scheinbare Unvereinbarkeit" der Positionen und wünscht sich ausdrücklich eine Auseinandersetzung. "Wobei es uns allen guttun würde, das Thema etwas weniger emotional zu diskutieren", sagt der Capitol-Chef. Das Haus gehe das große Risiko ein, dass der gewählte Mittelweg von keiner Seite akzeptiert werde. Und räumt ein, sich als weißer, deutscher Mann nicht in die Lage Betroffener versetzen zu können. Niemand aber habe das Recht, an seiner Motivlage zu zweifeln oder "uns als Capitol" Rassismus vorzuwerfen. "Bei allem Verständnis für die unterschiedlichen Auffassungen würde das deutlich zu weit gehen."
Die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland kritisierte, dass die Figuren nicht entsorgt werden. Eine Diskussion über Rassismus dürfe nicht auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden, sagte ein Sprecher der dpa. Der Versuch, die Dekoration in einen neuen Kontext zu stellen, sei ein "Krampf".
Update: Mittwoch, 12. Februar 2020, 20.10 Uhr

Mannheim. (dpa-lsw) Das Mannheimer Kulturzentrum Capitol lüftet am heutigen Mittwoch (13 Uhr) das Geheimnis der umgestalteten Sarotti-Werbung in seinem Foyer. Die zwei "Sarotti-Mohr"-Embleme haben Ende 2018 bis Frühling 2019 für hitzige Debatten über Alltagsrassismus gesorgt.
Auch im Internet häuften sich Kommentare: Den einen war die Kritik an der Darstellung der kleinen schwarzen Kerle mit Pluderhose, Schnabelschuhen und Tablett zu viel der "political correctness". Andere forderten, das aus ihrer Sicht kolonialrassistische Symbol zu entfernen.
Die Capitol-Betreiber hatten sich nach sechs Veranstaltungen zum Thema "Kein Platz für Rassismus" die Aufgabe auferlegt, der über 100 Jahre alten Werbefigur eine neue Bedeutung zu geben. Der zeitliche Ablauf zeugt davon, wie sehr um einen antidiskriminierenden Touch gerungen worden sein muss: Erst erschien es dem Capitol möglich, bereits im vergangenen Sommer die veränderten Bildnisse zu präsentieren. Daraus wurde Herbst, dann Jahresanfang. Jetzt lädt man die Öffentlichkeit ein zum Thema "Aktionstage Kein Platz für Rassismus & Vorstellung der Umgestaltung der Sarotti Werbeanlage".
Ziel der Umgestaltung war, die Haltung der Werbefiguren zu verändern. "Sie soll zum Symbol für unseren Wunsch werden, mit unseren Gästen dauerhaft im Gespräch zu bleiben", erklärten die Betreiber.
Die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland bezweifelt, dass die Darstellung umgedeutet werden kann. "Aus unserer Sicht ist ein Beibehalten einer so belastenden Figur wie der Sarotti M* kein geeignetes Mittel, sich mit rassistischen Bildern und Vorstellungen auseinanderzusetzen", sagt Sprecher Tahir Della. Der einfachste Wege sei, den "Mohr" endlich zu entsorgen. Das gelte auch für zahlreiche Bezeichnungen von Straßen, Cafés und Apotheken mit diesem Wort.