Von Alexander Albrecht
Mannheim. Torsten Müller aus dem Stadtteil Schönau ist seit seiner Geburt mit dem Waldhof-Virus infiziert. "Ich war schon als kleiner Bub mit meinem Opa im Stadion", erzählt der 39-Jährige. Müller hat den Abstieg des Traditionsclubs von der 1. Bundesliga bis in Niederungen des Amateurfußballs mitgemacht. "Aber ich bin dem Verein immer treu geblieben", sagt er stolz und zeigt auf seinen kleinen Sohn Luka. Der Vierjährige hat sich einen blau-schwarzen Schal umgebunden und strahlt.
Luka und sein Papa sind zwei von mehr als 20.000 Fans, die sich am Sonntagnachmittag auf den Weg ins fast ausverkaufte Carl-Benz-Stadion machen - zum entscheidenden Aufstiegsspiel gegen die Sportfreunde Lotte. Die Euphorie bei den Anhängern ist riesengroß. Der Waldhof ist zumindest am Sonntag wieder eine große Nummer. Oder wie Torsten Müllers Begleiter Jürgen Zinke meint: "Er ist die Seele unserer Stadt."
Die Stimmung im Carl-Benz-Stadion ist gigantisch. Erstligareif. Ein riesiges blau-schwarzes Transparent wird über die komplette Gegengerade hinweg ausgerollt. Ein großformatiges Vereinswappen ziert die Otto-Siffling-Tribüne, wo der harte Kern der Fans des SV Waldhof steht. Hunderte Anhänger schwingen kleine Fahnen und Luftballons. Blauer Rauch steigt auf. Emotionale Bilder.
Es sind keine zwei Minuten gespielt, da erhebt sich das Publikum von den Sitzen: "Steht auf, wenn Ihr Waldhof seid", skandiert es klatschend. Die Atmosphäre ist bis Mitte der ersten Halbzeit prächtig. Dann setzen die Kicker aus Lotte zwei empfindliche Stiche ins Waldhof-Herz - 0:2. Das war’s. Es wird merklich ruhiger, wer will das den enttäuschten Mannheimern verdenken. Der Stadionsprecher ermahnt die Fans, keine Feuerwerkskörper mehr abzubrennen.
Ein Sprecher der Polizei ist zu diesem Zeitpunkt zufrieden. Es sei insgesamt sehr ruhig geblieben. Ein paar Waldhof-Fans seien vor dem Anpfiff alkoholisiert auf die Straße vor dem Stadion gelaufen, weshalb man die Theodor-Heuss-Anlage für eine halbe Stunde habe sperren müssen. Andere Anhänger wiederum hätten Böller gezündet. "Das sind Unverbesserliche, die lernen es halt nie", sagt der Sprecher.
Nach Spielende wird es nochmals brenzlig. Ein Tor der Otto-Siffling-Tribüne wird geöffnet, Hunderte Waldhof-Fans rennen auf den Rasen. Die Polizei ist schnell mit 60 Mann da und stellt sich schützend vor die rund 400 Anhänger der Gäste. Die Spieler der Sportfreunde haben sich bereits sicherheitshalber in die Katakomben verzogen. Wenige Waldhof-Fans haben sich vermummt, es kommt vereinzelt zu Provokationen. Doch die Lage eskaliert nicht.
Torsten Müller schaut zum Abschied traurig drein. "Trotz allem werde ich in der nächsten Saison wieder hier sein. Waldhof-Fan ist man schließlich ein Leben lang."