Die meisten Passanten reagierten zurückhaltend, manche machten aber auch Selfies mit dem Außerirdischen – etwa am Neckarmünzplatz. Foto: Frei
Von Denis Schnur
Heidelberg. Der ein oder andere Heidelberger mag sich im Sommer gewundert haben: Warum steht ein Alien mit Taucheranzug und Sombrero in der Stadt und filmt? Die Antwort mag noch immer verwundern: In dem Kostüm steckte Filmemacher Peter Bösselmann, der an "Five HD Landings" arbeitete. Dafür hat er an zufällig ausgewählten Orten über längere Zeit gefilmt - aus der Perspektive eines außerirdischen Touristen. Der durch die Stadt geförderte Film wird am Samstag, 15. September, mit Live-Musik gezeigt. Im Interview erklärt Bösselmann, wie man auf eine solche Idee kommt.
Als Alien suchte Peter Bösselmann etwa die Thingstätte ... Foto: FreiHerr Bösselmann, Ihr Konzept klingt interessant, aber doch auch verrückt.
Was meinen Sie mit verrückt?
Sie sind im Alienkostüm durch die Stadt gelaufen und haben gefilmt. Wie kommt man auf so etwas?
Heidelberg ist für mich eine künstlerische Ressource, die mich immer wieder inspiriert. Bei "Lack" etwa habe ich abstrakte Porträts von Heidelberger Parkplätzen gemacht. Oder bei "HD_streets" habe ich Straßen mit Städtenamen in Heidelberg und die "Heidelberger Straßen" in jenen Städten fotografiert. Ich mag einfache Konzepte, aus denen Unvorhersehbares und Poetisches entsteht.
Und bei "Five HD Landings" brauchten Sie dafür blau lackierte Stiefel, Atemgerät und Sombrero?
Als Alien-Tourist wollte ich von den Heidelbergern als fremd wahrgenommen werden, und ich wollte selbst die "Landing Points" als fremd empfinden. Das Alien kann die irdische Luft nicht atmen, er filmt mit einem speziellen Kameraobjektiv, einer einfachen Glaslinse. Dadurch sind die Bilder nie ganz scharf. Es gibt wunderbare Überstrahlungen, teilweise sehen die Szenen aus wie impressionistische Bilder.
... und das Wasserbecken vor der Mensa im Neuenheimer Feld auf. Foto: FreiSie waren an fünf Orten, die alle prototypisch für einen Teil der Stadt stehen: am Neckarmünzplatz, an der Uni im Neuenheimer Feld, in der Bahnstadt, im Handschuhsheimer Feld und auf der Thingstätte. War das wirklich Zufall?
Das Vermessungsamt hat uns eine wunderbare Stadtkarte gedruckt, die auch im Film vorkommt. Diese Karte lag am Boden, und ich habe blind fünf Dartpfeile über einen Paravent darauf geworfen. Wo die Pfeile auftrafen, sollte der Alien-Tourist landen.
Und Sie haben exakt diese Punkte getroffen?
Ein bisschen Spielraum haben wir uns schon gegeben. Ein Pfeil etwa ist im Neckar gelandet. Jetzt hatte ich zwar ein Atemgerät, wollte aber nicht unbedingt tauchen. Also gingen wir auf den Neckarmünzplatz nebenan. Ein anderer Pfeil steckte im Wald dicht bei der Thingstätte. Aber diese Aliens haben natürlich eine hoch entwickelte Technologie mit automatischer Korrektur. Die landen nicht in Bäumen, sondern auf dem nächsten freien Platz.
Peter Bösselmann Foto: privat
Wie haben die Menschen an den fünf Landepunkten auf ihre "Ankunft" reagiert?
Die Reaktionen waren erstaunlicherweise eher dezent. Nachdem die RNZ meine Aktion angekündigt hatte, haben mich einige erkannt. Andere haben nur aus der Distanz geschaut. Einmal allerdings wurde ich von einer größeren Gruppe umzingelt.
Wieso das?
Das war auf dem Neckarmünzplatz. Eine Gruppe indischer Touristen fand diesen schrägen Alien total interessant, also haben sie sich mit mir fotografiert. Zwei etwa 15-jährige Mädchen aus der Gruppe wollten partout glauben, dass ich ein "real alien" sei und waren enttäuscht, als ihre Eltern ihnen erklärten, dass ich nur verkleidet sei. Trotzdem gingen die beiden noch zu meinem Team und fragten schüchtern: "But can he fly?" (deutsch: "Aber kann er fliegen?", Anm. d. Red.).
Aus zehn Stunden Material haben Sie eine knappe Stunde Film geschnitten. Am Samstag wird er in der Hebelhalle gezeigt. Was erwartet die Zuschauer?
Es wird ein spannender Stummfilm mit Live-Musik. In den Alien-Videos gibt sehr lange, ruhige Einstellungen, die eine ganz eigene Magie entfalten. Die Musik reicht von Bach bis zu Elektronischem. Zoé Pouri experimentiert auf der Violine, Julian Mayer-Hauff mit seinem elektronischen Modularsystem bringt auch die Trompete mit, Flo Huth wird Klänge von Alltagsgegenständen live sampeln. Ich bin selbst sehr gespannt auf das Zusammenspiel von Film und improvisierter Musik - für einen überraschenden, poetischen Blick auf Heidelberg.
Info: "Five HD Landings - Tourists from Outer Space" wird am Samstag, 15. September, um 20.30 Uhr in der Hebelhalle, Hebelstraße 9, gezeigt. Karten gibt es im Vorverkauf - etwa in der RNZ-Geschäftsstelle, Neugasse 4-6 - für 12, ermäßigt 10 Euro.