Die Schimpansen sind Meister im Gesichter lesen – aus Zoodirektor Klaus Wünnemann mit Mundschutz werden sie nicht so recht schlau. Foto: Rothe
Von Jonas Labrenz
Heidelberg. Der Zoo hat seit Mittwoch wieder geöffnet und keiner stand Schlange. Das lag allerdings an den Maßnahmen, die der Zoo gemeinsam mit der Stadt ausgearbeitet hat. Interesse gab es genug: 200 Personen dürfen sich gleichzeitig im Zoo aufhalten, die Termine müssen vorher reserviert werden. Erst für Montag sind wieder welche frei.
Ohne Reservierung geht nichts: "Unsere Philosophie ist, erst mal vorsichtig anzufangen", erklärt Zoodirektor Klaus Wünnemann: "Und wir sind sehr zufrieden." Die Liste der Einschränkungen ist derzeit lang: Maskenpflicht, nur 200 Besucher gleichzeitig im Zoo – an guten Tagen sind sonst bis zu 5000 Personen auf dem 11,5 Hektar großen Gelände unterwegs –, geschlossene Tierhäuser, Spielplätze und der gesperrte Streichelzoo. "Wir sammeln jetzt erste Erfahrungen", sagt Wünnemann.
Senay Kacmaz, ihr Mann Zafer und der kleine Batu gehörten zu den ersten Besuchern des Zoos. Foto: RotheÜberall im Zoo sind Mitarbeiter in blauen Oberteilen unterwegs und halten die Augen offen. Sie kontrollieren auch, dass sich alle an die Regeln halten. Er könne sich vorstellen, nach und nach mehr Gäste in den Zoo zu lassen und auch die Maskenpflicht irgendwann aufzuheben, erklärt der Zoodirektor. Die habe man vor allem deshalb eingeführt, weil sich die Besucher erfahrungsgemäß doch vor einem Gehege zu nahe kommen, wenn sich die Tiere zeigen.
Genauso bei den ausgesetzten Fütterungen. "Wenn die Besucher dem Drang widerstehen, dann sind wir bereit, die Regelung zu überdenken", erklärt Wünnemann. Das würde dann in Abstimmung mit der Stadt geschehen.
Etwas näher kamen sich einige Besucher am gestrigen Mittwoch nur kurz, als die Tierpfleger an der neuen Trainingswand mit den Elefanten übten. Die war gerade fertig, da musste der Zoo coronabedingt schließen.
Die Pfleger trainierten erst ganz ohne Gäste – apportieren, eine Kappe aufsetzen oder Bilder malen –, jetzt können die Gäste das Schauspiel zumindest mit gebührendem Abstand verfolgen. Aber ohne Kontakt. Es ist nicht erlaubt, dass Tierpfleger und Besucher miteinander ins Gespräch kommen, weil die nicht krank werden dürfen, um sich weiter um die Tiere kümmern zu können. "Das ist das Blöde dabei", sagt Tierpfleger Stefan Geretschläger: "Aber wir sind froh, dass es in die Normalität zurückgeht."
"Ein bisschen Normalität" hat auch Senay Kacmaz mit dem ersten Zoobesuch seit Langem zurückgewonnen. Gemeinsam mit ihrem Mann Zafer und dem zweieinhalbjährigen Batu bestaunten sie am Mittwoch die Elefanten von der anderen Gehegeseite aus. "Wir haben uns riesig gefreut, auch dass jetzt für den Kleinen mal wieder was los ist", sagt Senay Kacmaz. Eigentlich seien sie Dauergäste. Auch wenn die Häuser geschlossen seien und man eine Maske tragen müsse: "Es ist trotzdem schön. Viel entspannter als in der Stadt mit den Menschenmassen."
RNZ-Sommer(abend)tour im Zoo Heidelberg - Die FotogalerieAber nicht nur die Besucher haben die Tiere vermisst. Es ist auch andersherum, verrät der Zoodirektor. "Sobald ein Mensch ans Gehege geht, kommen beispielsweise die Schweine alle sofort her." Das sei verständlich: "Was auf der anderen Seite des Zaunes passiert, ist für sie ja auch wie eine Art Fernsehen", sagt Wünnemann und lacht.
Und auch Schimpansendame Conny kommt direkt zum Fenster, als er sich dort blicken lässt. Ob die Affen von den Masken irritiert sind? "Sie sind Experten im Gesichter lesen", weiß der Zoodirektor. "Das können sie jetzt gerade nicht."
Abkühlung im Heidelberger ZooWünnemann freut sich, dass der Zoo endlich wieder all seinen Aufgaben nachkommen kann. "Wir wollen den Menschen für Tier und Natur begeistern, wir sind ein Live-Erlebnis." Und das wissen viele zu schätzen, die im Moment spenden oder Tierpatenschaften übernehmen.
Auch an der Kasse heißt es im Moment: "Pay what you want – Zahl, was du willst." So kommen die Besucher noch schneller zu den Tieren – und müssen nicht Schlange stehen.