Die Gaisbergstraße wird gerade in eine Fahrradstraße umgewandelt. Foto: Philipp Rothe
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Die Halteverbotsschilder haben es in den letzten Tagen schon angekündigt, jetzt wird es ernst: Die Gaisbergstraße in der Weststadt wird in diesen Tagen zur Fahrradstraße umgewandelt. Bereits am gestrigen Montag brachten die Mitarbeiter des Verkehrsmanagements die Markierungen an, wie sie in dem Nachschlagewerk "Musterlösungen für Verkehrsanlagen in Baden-Württemberg" vorgeschrieben sind. Autos dürfen dann nur noch auf ausgewiesenen Flächen abgestellt werden. Gehwegparken ist verboten, denn die Radler, die dann ganz offiziell nebeneinander herfahren dürfen, benötigen im Gegenverkehr eine vier Meter breite Fahrbahn. Im Durchschnitt sind hier täglich 4800 Radfahrer unterwegs.
Marlen Pankonin, Stefan Borgelt und Christian Renz (v.l.) wollen in der Häusserstraße das Schlimmste verhindern. Bevor auch hier mehr als 50 Parkplätze gestrichen werden, sollte der Bedarf gründlich ermittelt werden, so eine Forderung. Foto: Philipp Rothe"Wir mussten im Vorfeld der Arbeiten nur einen Pkw abschleppen lassen. Auch dieses disziplinierte Verhalten der Anwohner sollte man mal lobend erwähnen", sagt der stellvertretende Amtsleiter Michael Kragl, als er sich gestern am frühen Nachmittag zusammen mit dem Fahrradbeauftragten der Stadt, Jochen Sandmaier, über den Stand der Dinge informiert. Über hunderte Meter ist zu dieser Zeit der "Sicherheitstrennstreifen" zwischen den Parkplätzen und der Fahrbahn schon markiert.
Manche Radler, die vom Adenauerplatz kommen, wissen noch nicht, was sie damit anfangen sollen, und fahren innerhalb der beiden Linien. Dabei sind sie nur dafür da, dass künftig niemand von einer schnell aufschnappenden Autotüre vom Sattel geholt wird. "Heute gab es noch keine negativen Reaktionen von Anwohnern", sagt Sandmaier, als er beobachtet, wie im Kreuzungsbereich rote Farbe angebracht wird. Als man im Vorfeld alle angrenzenden Haushalte über die bevorstehenden Arbeiten informiert habe, habe es insgesamt nur fünf Rückfragen gegeben.
Am Anfang des Jahres, als die RNZ zuletzt über das Thema berichtete, war das noch anders. Zwar ist das Gehwegparken ohnehin verboten, doch als Gewerbetreibende und Anwohner hörten, dass dieses Verbot nun auch rigoros umgesetzt wird und dadurch 40 bisher geduldete Stellplätze wegfallen, protestierten sie. "Immerhin konnten wir daraufhin drei Kurzzeitparkplätze und wenigstens eine Ladezone erhalten", so Kragl. Gleichzeitig betont er, dass der Gemeinderat beschlossen habe, das illegale Gehwegparken im gesamten Stadtgebiet zu verhindern.
Gegen die Verkehrsplanungen für die Weststadt gibt es nun aber Kritik. Nicht nur wegen der Gaisbergstraße, sondern auch wegen der Häusserstraße. Die Fahrbahn dort muss dringend saniert werden, auch die Kanäle und Leitungen werden erneuert. Zudem dient die Sanierung der Häusserstraße als Pilotprojekt für eine weitere Verkehrsberuhigung der Weststadt: Durch wechselseitiges, teils schräges Parken, Ruhebereiche mit Bänken und Baumpflanzungen fallen dort 53 Parkplätze weg.
"Es gibt in unseren Augen viele Punkte, die man vorher hätte prüfen müssen", sagt dagegen Marlen Pankonin, Vorsitzende des Stadtteilvereins West. "So fehlt uns eine Erhebung, wie viele Anwohner ein Auto haben, welche städtischen Mitarbeiter einen Parkausweis haben und wie der Bedarf vom St. Josefskrankenhaus und den Gewerbetreibenden ist", fügt ihr Mitstreiter Christian Renz hinzu. Wie viele Fahrradabstellanlagen werden gebraucht, wo machen E-Ladesäulen und Carsharing-Plätze Sinn, all das sei noch offen. Sprich: Der Verkehrsplanung fehle eine vernünftige Datengrundlage.
Durch den Wegfall des Bauhaus-Parkhauses fielen in der Weststadt 250 Parkplätze weg, in der Häusser-, Ring- und Gaisbergstraße insgesamt weitere 143. "Man kann doch nicht einfach allen sein eigenes Lebenskonzept überstülpen", sagt Pankonin, die zwar selbst ihr Auto verkauft hat, diesen Verzicht aber nicht allen vorschreiben möchte. Eine Verkehrsberuhigung der Weststadt könne man auch mit einer intelligenten Verkehrslenkung erreichen, ist Renz überzeugt. "Täglich erlebe ich, wie Autofahrer über die Ringstraße in die Kaiserstraße brettern", nennt er ein Beispiel. Um das zu verhindern, könnte man hier die Einbahnstraßenregelung umdrehen.
"Warum werden zum Beispiel nicht mehr Bodenschwellen installiert", schlägt Stefan Borgelt, zweiter Vorsitzender des Stadtteilvereins, vor. Auch einen Staffelpreis für Anwohnerparkplätze könnte er sich vorstellen, dann würden Zweitwagen deutlich teurer und manch einer würde vielleicht auf eine zusätzliche Karosse verzichten.
Nachdem sie alle Mitglieder des Stadtteilvereins angeschrieben haben, haben Pankonin, Borgelt und Renz viele Rückmeldungen von Weststädtern erhalten, die sich an diesen Planungen stören. Sie wollen jetzt nicht locker lassen. Weitere Stände auf dem Wochenmarkt und Informationsveranstaltungen sind in Vorbereitung. "Stoppt den Wahnsinn", gibt Renz die Losung aus. Vor allem müssten alle Anwohner, bevor sie vor vollendete Tatsachen gestellt werden, erst einmal gehört werden. So könnte man sich auch gemeinsam überlegen, wo am Rand der Weststadt Quartiersgaragen entstehen könnten.