Viele sehnen sich nach einem geselligen Essen im Restaurant – wie hier im Biergarten des Bierhelderhofes. Laut Bund und Ländern könnte die Außengastronomie am 22. März wieder öffnen – aber nur, wenn die Inzidenz stabil unter 50 liegt. Davon kann in Heidelberg keine Rede sein. Foto: Rothe
Heidelberg. (ani/hol/jul/pne/rie) Seit viereinhalb Monaten dürfen Restaurants keine Gäste empfangen. Viele Gastronomen halten sich mit Lieferservices oder Essen zum Abholen über Wasser, einige gehen an ihre Ersparnisse. Eine Öffnungsperspektive gibt es noch immer nicht – obwohl der Frühling naht.
Zwar sieht der aktuelle Bund-Länder-Stufenplan vor, dass ab dem 22. März die Außengastronomie wieder öffnen darf, wenn die Infektionsrate zwei Wochen lang stabil unter 50 liegt. Allerdings hat Baden-Württemberg diese Öffnungsstufe noch nicht in seine Verordnung aufgenommen und lässt auch noch offen, wann dies geplant ist.
Zudem lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Heidelberg seit Tagen nah an der 50, teils sogar darüber. Nachdem sie am Freitag wieder unter 50 sank, wäre eine Öffnung frühestens in zwei Wochen möglich. Die RNZ hat Heidelberger Gastronomen gefragt, wie sie mit der aktuellen Situation umgehen.
Peter Schumacher. Foto: privat> Peter Schumacher (56), Bierhelderhof: Ich rechne nicht damit, dass wir vor Ostern öffnen können, auch nicht draußen, sondern erst nach den Feiertagen. Jeden Tag schaue ich, was der Gaststättenverband Dehoga im Internet zu diesem Thema schreibt. Ein Datum zu haben, damit wir planen können, wäre äußerst hilfreich. Unsere Mitarbeiter kommen aus dem osteuropäischen Ausland, das braucht etwas Vorlauf – zumal in Pandemiezeiten auch die Einreisebestimmungen zu beachten sind. Der Bierhelderhof hat jetzt schon insgesamt sieben Monate komplett geschlossen: von Mitte März bis Mitte Mai vergangenen Jahres und dann noch einmal von November bis jetzt. Essen zum Mitnehmen anzubieten, lohnt sich für uns nicht, dafür sind wir hier oben zu weit ab vom Schuss, und ein Lieferservice deckt die Kosten nicht. Im Winter war das schon hart, mein Hof war voll mit Schlittenfahrern und Spaziergängern, die keinen Abstand hielten, nur bei uns essen durften sie nicht. Wir hoffen also, bald wieder öffnen zu können. Dennoch sehe ich das im Moment gelassen, ich habe die Hilfen schnell bekommen und finde Beschäftigung in der Landwirtschaft.
Giovanni Bonaventura. Foto: privat> Giovanni Bonaventura (60), Ristorante Santa Lucia, Weststadt: Wir haben in beiden Lockdowns jeden Tag Essen zum Abholen angeboten. Das ist viel aufwendiger, wir müssen öfter auf den Großmarkt, weil bei uns alle Zutaten frisch sind, wir aber weniger Essen machen. Wir haben nur etwa ein Drittel des normalen Umsatzes, aber viel mehr Arbeit als vorher. Die ganze Familie hilft mit. Schlimm war die Ausgangssperre, weil die Menschen in Heidelberg eher später zu Abend essen und dann nicht mehr zum Abholen kamen. Einen Lieferservice haben wir bisher nicht, wegen der Extrakosten. Kollegen aus der Gastronomie haben mit den Lieferportalen sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn es noch lange so weitergeht, engagieren wir vielleicht privat einen Fahrer. Wir zahlen weiter die volle Miete und haben bisher zweimal staatliche Hilfen von je 9000 Euro bekommen. Das reicht natürlich bei weitem nicht, wir zehren von unseren Ersparnissen. Wir haben immer gehofft, nach Ostern wieder öffnen zu dürfen – auch drinnen. Draußen haben wir nur ganz wenig Platz, die paar Tische da bringen uns nicht viel. Aber natürlich bieten wir das sofort an, wenn wir dürfen.
Ellis Osabutey. Foto: privat> Ellis Osabutey (44), Uuuhmami, Bergheim: Wenn ich mir im Stufenplan die Regelungen für eine etwaige Öffnung der Gastronomie anschaue, dann habe ich das Gefühl, dass da Theoretiker Entscheidungen für die Praxis treffen, aber keinerlei Kenntnisse von operativen Herausforderungen haben. Wie es sich Herr Spahn vorstellt, dass wir Zelte vor den Restaurants aufbauen und die Gäste dort schnelltesten – das ist fernab jeglicher Realität. Nur die Außengastronomie zu öffnen, ist außerdem insofern problematisch, als es überhaupt nicht planbar ist: Am einen Tag scheint die Sonne, am nächsten regnet es. Wie soll eine Einkaufsplanung möglich sein, wenn wir keine Planungssicherheit haben? Ich habe Verständnis dafür, dass die Situation komplex ist. Doch im Moment wissen wir bei den vielen Wenns und Danns eigentlich wieder gar nichts. Die Kommunikation ist ein Albtraum. Wie argumentiert die Regierung, dass Hygienekonzepte bei Friseuren und körpernahen Dienstleistungen akzeptabel sind, aber in der Gastronomie nicht? Der Liefer- und Abholservice läuft bei uns zwar recht gut, aber: Wir haben doch alle die Schnauze voll von lauwarmem Essen aus Pappbechern.
Karsten Springer. Foto: privat> Karsten Springer (61), Essighaus, Altstadt: Wir haben vergangenen Herbst fast 40.000 Euro in eine Lüftungsanlage investiert in der Hoffnung, dadurch kämen in den Wintermonaten wieder mehr Leute zu uns. Diesen Vorteil, den wir uns erhofft hatten, haben wir natürlich überhaupt nicht. Wir können froh sein, dass wir in Deutschland sind und Überbrückungshilfen und Kurzarbeitergeld bekommen, trotzdem mussten wir auch an unsere Altersvorsorge gehen. Laut Bund-Länder-Stufenplan soll man unter bestimmten Voraussetzungen schon im März wieder die Außengastronomie öffnen dürfen. Letztes Jahr hatten wir Ende März teils noch einstellige Temperaturen, vor zwei Jahren hatten wir sogar Schneefall. Wirtschaftlich ist es unter solchen Bedingungen einfach nicht sinnvoll, zu öffnen. Unserer Meinung nach ist diese Öffnungsperspektive für die Außengastronomie nur ein Knochen, den man uns hingeschmissen hat, damit wir ruhig bleiben. Wir werden im März definitiv nicht öffnen, sondern erst, wenn es auch wirtschaftlich Sinn ergibt – wenn es warm genug ist, um den ganzen Tag Außengastronomie anzubieten. Innen würden wir dagegen sofort aufmachen, denn mit unserer Lüftungsanlage haben wir eine bessere Luft als jedes Büro oder jeder Schulraum.