Im "Schlosskino" wurden vor allem massentaugliche Filme gezeigt - wie "Eis am Stiel II" 1979. Foto: Stadtarchiv
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Von der einst so stolzen Heidelberger Kinolandschaft wird ein Haus bald für immer verschwinden: Die Denkmalschutzbehörden haben für das "Schlosskino" in der Hauptstraße 42 eine Abrissgenehmigung erteilt. Der gesamte Komplex gehört der Volksbank Kurpfalz, die vor gut zehn Jahren, zum 150. Jubiläum der einstigen H+G-Bank, alles von einer Privatperson kaufte. Mittlerweile renovierte die Bank das Gebäude, durch das der Durchgang zum Hof führt. Lange war die Zukunft des denkmalgeschützten Kinos ungewiss, schließlich war es wegen seiner Architektur - als eines der wenigen freistehenden Lichtspielhäuser der 30er Jahre mit markanten Säulen - als Kulturdenkmal eingestuft.
Allerdings gilt das nur für die Hülle, von der originalen Inneneinrichtung im großen Saal ist absolut nichts mehr erhalten. Immerhin gibt es im Saal 2 im ersten Stock noch alte Sitzreihen - doch sie sind komplett vermodert. Im Grunde könnte man sich gar nicht vorstellen, wie dieses hallenartige Gebäude noch sinnvoll zu nutzen wäre. Genau das Problem hatte auch Volksbankvorstand Michael Hoffmann: "Wir haben im letzten Jahr Wirtschaftlichkeitsberechnungen angestellt, was man alles daraus machen könnte: Kino, Theater, Gastronomie oder ein Lager. Aber am Ende kam immer heraus, dass nichts rentabel sein würde." Eine denkmalgerechte Nachnutzung konnte den Eigentümern nicht zugemutet werden, also wurde der Denkmalschutz aufgehoben.
Die Entscheidung für den Abbruch hat sich Hoffmann nicht leicht gemacht, er sagt aber auch: "Wenn man ehrlich ist, macht dieses Gebäude nichts mehr her, weder von innen noch von außen. Jetzt haben wir seit einer Woche die Abrissgenehmigung." Tatsächlich haben die letzten sechs Jahre des völligen Leerstands dem Komplex nicht gut getan, im Grunde ist alles abrissreif. Im relativ großen Innenhof steht noch ein Einzelgebäude, in dem im Erdgeschoss einmal ein Friseur ("Coiffeur Harmonie") und obendrüber die BUND-Geschäftsstelle war. Dieses Haus ist nicht denkmalgeschützt und soll auch abgebrochen werden.
Was genau aus der Brache wird - die Ausschreibungen für die Abrissfirmen sind schon rausgegangen -, steht noch nicht fest: "Wir wollen uns bestimmt keine goldene Nase verdienen", sagt Hoffmann. Denkbar sind Wohnungen, vielleicht für Studenten, "auf keinen Fall Unbezahlbares" (Hoffmann). Einen konkreten Zeitplan für einen Neubau, der mit dem direkt angrenzenden Altenheim der Stadtmission, dem Wilhelm-Frommel-Haus, abgestimmt werden soll, gibt es allerdings noch nicht.
Bereits seit fast zehn Jahren ruht im Hinterhof der Hauptstraße 42 der Kinobetrieb. Das "Schloss" existierte seit 1910 und war damit neben "Gloria/Gloriette" (gegründet 1905) eines der ältesten Kinos der Stadt. Der Neubau wurde 1937 eröffnet - und gehörte wie fast alle Heidelberger Lichtspielhäuser dem UFA-Filmkonzern. Doch spätestens zur Jahrtausendwende erreichte die Kinokrise auch Heidelberg, das lange als extrem filmbegeistert galt. Für kurze Zeit nahm Inge Mauerer-Klesel die einzelnen Häuser unter ihre Fittiche. Die "Grande Dame" des Heidelberger Kinos, die seit 1982 das Programmkino "Gloria" (seit 1984 auch das "Gloriette") in der hinteren Hauptstraße besitzt, übernahm 2001 die Neuenheimer "Kamera", 2003 das "Schloss" und 2005 das "Studio Europa" in der Weststadt. Von den Letzteren ist nur noch die 1949 gegründete "Kamera" übrig.
Bereits 2002 stellte die "Kammer" in der Hauptstraße 88 (gegründet 1913) den Betrieb ein; seitdem ist das ganze Areal bis auf das Haus an der Hauptstraße ungenutzt. 2011 folgte das "Studio Europa" (gegründet 1955), 2014 das "Lux-Harmonie" in der Hauptstraße 110. Von den einst 28 Heidelberger Kinos sind nur noch fünf übrig: Cinema Augustinum (seit 2012), Gloria/Gloriette, "Kamera", Karlstorkino (seit 1996) und das neue Bahnstadtkino "Luxor" (seit 2017). Nicht viel für die einstige Kinohauptstadt.