Einen Wagen voller Geschichte übergab der Rapper Toni-L dem Stadtarchiv – auch einen „Toni-L-Baukasten“. Foto: Rothe
Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Das Heidelberger Hip-Hop-Archiv nimmt konkrete Formen an. 5000 Gegenstände, die später das Herzstück dieses Archivs bilden sollen, erreichten am gestrigen Donnerstagvormittag das Heidelberger Stadtarchiv. Sie stammen zum Großteil aus der Privatsammlung der Heidelberger Rappers Frederik Hahn alias Torch, aber auch seines Freundes und einstigen Mitbegründers der Heidelberger Hip-Hop-Gruppe Advanced Chemistry, Toni Landomini alias Toni-L.
Toni-L übergibt Gegenstände für das Hip-Hop-Archiv in Heidelberg
Kamera/Produktion: Matthias Kehl
"Es ist ein historischer Tag", verkündet Landomini. Er war kurzfristig für den verhinderten Torch eingesprungen und hatte dessen Sammlung mit einem kleinen Lieferwagen in Zürich abgeholt. Darunter: Zeitungsartikel, Magazine, Zeichnungen, alte VHS-Kassetten, aber auch viele persönliche Dinge. "Das hier ist ein kleiner Toni-L-Baukasten" zeigt Landomini und holt eine transparente Kunststoffbox hervor. Darin liegen: eine Schiebermütze – das Markenzeichen des Rappers –, Lederschuhe, ein "Name Belt", also ein Gürtel mit dem Namen "Toni-L" als Schnalle, sowie Handschuhe. "Die habe ich beim Fahren der Limousine im Musikvideo von ,Wir waren mal Stars’ getragen", sagt der 50-Jährige. Der ganze Wagen, so Landomini, sei voll mit Geschichte.
Diese Geschichte zum Leben erwecken – das ist das Ziel von Bryan Vit. Der Sprachwissenschaftler arbeitet derzeit an seiner Dissertation, in der er das Phänomen Hip-Hop aus diskustheoretischer Perspektive beleuchtet. "In Heidelberg ist die Ursprungsgeschichte des deutschen Hip-Hop begründet", sagt er. Die neuen Archivalien böten "große Möglichkeiten", die Kunstform und ihre Anfänge aus verschiedenen Blickwinkeln heraus zu verstehen.
Doch zunächst müssen die Gegenstände erst einmal gesichtet, geordnet, verpackt, digitalisiert und katalogisiert werden. Das ist die Aufgabe von Archivar Berndt Güntzel-Lingner. "Eine spannende Angelegenheit", sagt er. "Für mich ist es ein großer Lernprozess, zu sehen, was für eine Komplexität der Hip-Hop eigentlich hat." Hier, im Stadtarchiv, seien die Gegenstände nun in Sicherheit und gut klimatisiert.
Wo sie künftig und dauerhaft lagern sollen, ist noch nicht ganz klar. An der Konzeption des Hip-Hop-Archivs werde derzeit gearbeitet, erklärt Andrea Edel, Leiterin des Kulturamtes. "Wir hoffen, dass das Projekt weiterhin gedeiht." Dieser Tag sei eine "wichtige Geburtsstunde", die "Gründung einer Institution". Rapper Landomini nennt es einen "Anfang". Heidelberg, sagt er, sei eine wesentliche Quelle des Hip-Hop. "Dadurch, dass wir unsere Geschichte hier begonnen haben, ist es natürlich schön, wenn man sie auch hier aufarbeiten kann."