Dr. Manfred Lamy in seinem Büro. F: privat
Von Timo Teufert
Heidelberg. Er war ein mutiger Visionär: Als für viele Menschen Füllhalter und Kugelschreiber noch ein Mittel zum Zweck waren, legte Dr. Manfred Lamy den Grundstein dafür, dass sich das Heidelberger Familienunternehmen zu einer führenden Designmarke entwickeln sollte. Am Sonntag starb Lamy im Alter von 84 Jahren.
Als der promovierte Volkswirt 1962 – mit gerade einmal 26 Jahren – in den väterlichen Betrieb eintrat, gab es schon Schreibgeräte unter der Marke Lamy. "Doch kein eigenständiges, durchgängiges Design", erinnerte sich Lamy 2006. Deshalb war sein Ziel in den ersten Jahren, die Marke neu zu positionieren – immer vom Bauhaus-Gedanken begleitet. Als Schlüsselbegegnung, die seinem Unternehmerleben eine neue Richtung gab, bezeichnete Lamy später die Begegnung mit dem Designer Gerd A. Müller, der zuvor die bekannten Braun-Rasierer entworfen hatte.
Mit ihm revolutionierte Lamy das Aussehen von Füllfederhaltern: Waren sie bis dahin meist klobig und schwer, bestach der "Lamy 2000" durch sein modernes Erscheinungsbild ohne Schnörkel. Noch heute gilt das Produkt als Designikone und legte den Grundstein für die immer noch gültige Philosophie des Schreibgeräteherstellers. Bis heute wird diese Serie mit der leichten Wölbung im Schaft ausschließlich in Handarbeit in Form gebracht.
Das Designunternehmen wurde für Lamy zur Berufung: Auf Basis des funktionalen Designs entstanden in Zusammenarbeit mit anderen Designern immer weitere Schreibgeräte, die mit unzähligen Preisen ausgezeichnet wurden. Über vier Jahrzehnte prägte Lamy, der 1973 die alleinige Geschäftsführung übernahm, so die Firma und machte sie zu einer der bedeutendsten Marken Deutschlands. 2008 wurde Dr. Manfred Lamy vom Rat für Formgebung mit dem Designpreis der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Doch der Lamy-Markenkern beschränkte sich keineswegs nur auf das Design. Auch in den Bereich Innovation – mit dem "Dialog 3" brachte das Unternehmen beispielsweise einen einzigartigen kappenlosen Füllfederhalter auf den Markt – und Qualität konnte Lamy punkten. Die rund neun Millionen Schreibgeräte, die das Familienunternehmen jährlich ausliefert, werden alle in Wieblingen von rund 380 Mitarbeitern produziert. Besonders stolz ist man bei Lamy auf die hohe Fertigungstiefe von 96 Prozent: Fast alle Teile – von der Feder bis zur Patrone – werden in Heidelberg hergestellt. Lamy gilt deshalb auch als Synonym für das Siegel "Made in Germany". Damit ist man nicht nur Marktführer in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern sehr beliebt: Vor allem in Asien sind die Schreibgeräte stark gefragt.
Dr. Manfred Lamys Energie floss aber nicht nur in die Firma, er engagierte sich auch für seine Heimatstadt und saß insgesamt 22 Jahre lang im Gemeinderat und brachte dort seinen wirtschaftlichen Sachverstand ein. Lange Zeit war er auch im Beirat des Vereins der Freunde der Benediktinerabtei Neuburg. Gleichzeitig galt Lamy auch als leidenschaftlicher Kunstsammler. An seinem Hobby ließ er auch die Belegschaft teilhaben: In der gläsernen "Galleria" auf dem Werksgelände stellte er die großformatige Kunst vor.
In der Belegschaft war die Betroffenheit groß, als sie vom Tod des langjährigen Unternehmenslenkers erfuhr: "Es waren alle tief berührt und erschüttert", berichtet Geschäftsführerin Beate Oblau. Mit seinem untrüglichen Gespür für Design und mit seinem überzeugten Pioniergeist habe der Gründer und Visionär das bis heute unabhängige Familienunternehmen zur modernen und international gefragten Schreibgerätemarke entwickelt, so Oblau. "Seine Werte und die Art und Weise seines Denkens und Fühlens leben weiter fort – in uns und in unserem Unternehmen", sagte Oblau auch im Namen ihrer Geschäftsführerkollegen. Man werde das Unternehmen nun in Lamys Geiste weiterführen.
Update: Freitag, 22. Januar 2021, 20 Uhr