„Als ich 16 war, sind alle meine Freunde in die Junge Union eingetreten. Das war einfach in“, berichtete Kultusministerin Susanne Eisenmann (r.) beim Neujahrsempfang der Heidelberger CDU – sehr zum Vergnügen von Landtagskandidatin Anja Boto. Screenshot: CDU Heidelberg
Von Anica Edinger
Heidelberg. Die Christdemokraten sind optimistisch: Corona-Pandemie? Wird 2021 enden. Bundes- und Landtagswahlen? Werden 2021 gewonnen. Die CDU unter dem neuen Vorsitzenden Armin Laschet? Wird 2021 florieren. Oder, wie es Alexander Föhr, CDU-Stadtrat, Kreisvorsitzender und Kandidat für die Bundestagswahl im Wahlkreis Heidelberg, beim CDU-Neujahrsempfang am Donnerstagabend ausdrückte: "Ich bin mir sicher, 2021 wird unser Jahr."
Coronabedingt nicht in Heidelberg, sondern von der CDU-Landesgeschäftsstelle in Stuttgart aus live ins Internet gestreamt, unterhielt sich nach Grußworten von Föhr und dem noch amtierenden CDU-Bundestagsabgeordneten Karl A. Lamers die Landtagskandidatin Anja Boto mit der Spitzenkandidatin und Kultusministerin Susanne Eisenmann. Dass das auch online so hervorragend funktioniere, befand Boto, sei doch ein deutlicher Beweis dafür, dass "wir halt auch modern sind".
Thematisch wurde in gut eineinhalb Stunden so ziemlich alles angesprochen, was im Superwahljahr wichtig werden könnte. Landwirte müssten wieder mehr wertgeschätzt werden, hieß es. Das Ehrenamt gestärkt, die Vereinsarbeit nicht aus den Augen verloren werden. Baden-Württemberg müsse innovationsfreundlicher werden. Markus Söder habe in Bayern gerade 100 neue Lehrstühle für Künstliche Intelligenz geschaffen – "wir müssen aufpassen, dass Bayern uns nicht abhängt", befand die Ministerin. Auch in Sachen Chancengerechtigkeit müsse sich was tun im Land. Noch immer hingen soziale Herkunft und Bildungserfolg zu stark zusammen. "Darauf haben wir noch nicht besonders gut reagiert", so Eisenmann. So viel, so erwartbar.
Und dann stand wieder die Frage der Fragen im Mittelpunkt: Wann öffnen nun Kitas und Grundschulen wieder – und wie? Bekanntermaßen setzt sich Eisenmann für eine schnellstmögliche Öffnung ein. Aber: "Der Ministerpräsident und ich sind da nicht immer einer Meinung." Und, auch das betonte Eisenmann: "Das ist nicht Wahlkampf, das ist Demokratie." Ihrer Meinung nach dürfe Bildung und Betreuung während der Pandemie nicht aus den Augen geraten. "Wir brauchen ein differenziertes Vorgehen", sagte sie, "dazu bekenne ich mich seit Wochen." Denn: "Präsenz ist durch nichts zu ersetzen."
Aber wie soll das gehen? Boto erklärte, Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer hätten sich sorgenvoll an die CDU gewandt. Sie hätten Angst, den Spagat zwischen Online- und Präsenzunterricht mit eventuell geteilten Klassen sowie der Notbetreuung nicht mit dem vorhandenen Personal stemmen zu können. Wie genau die Rückkehr in die Schulen angegangen werde, sei noch nicht entschieden, erklärte Eisenmann. Fest stehe nur: "Es wird nicht möglich sein, alle zeitgleich wieder einzulassen." Zudem wolle man Spielräume vor Ort lassen, denn nicht jede Variante passe auf jede Grundschule.
Dass Kinder zumindest teilweise wieder zurück in die Schule müssten, unterstrich auch Boto, die selbst drei schulpflichtige Kinder hat. Ihre kleine Tochter vermisse ihre Freunde, die Begegnung. Die psychische Belastung sei groß, sagte sie, auch wenn sich im Vergleich zum ersten Lockdown wenigstens beim Heimlernen viel getan habe. Das freute die Kultusministerin: "Der Fernunterricht läuft viel besser. Dafür bin ich ganz arg dankbar."
Corona: Seit elf Monaten seien das Virus und die damit einhergehenden Einschränkungen eine extreme Belastung für alle. Um der Normalität ein Stück weit näher zu kommen, gab Eisenmann ein Ziel aus: "Testen, testen, testen." In Alten- und Pflegeheimen. In Schulen und Kitas. Drei Mal könnten sich Lehrerinnen und Lehrer immerhin bis zu den Osterferien wieder anlasslos auf das Coronavirus testen lassen. Aber: "Da können wir noch mehr machen." Eine neue Strategie müsse her.
Um Heidelberg konkret ging es unterdessen beim Neujahrsempfang der Heidelberger CDU nur am Rande. Wie kann etwa bezahlbares Wohnen ermöglicht werden? "Das Land muss im Bereich sozialer Wohnungsbau aktiver werden", befand Eisenmann. Es könne nicht sein, dass "ein Polizist und eine Krankenschwester mit zwei Kindern keine bezahlbare Wohnung in Baden-Württemberg finden". Auch an die Landesbauverordnung "müssen wir ran". Bauen sei zu kompliziert geworden im Ländle, "das bremst alles". Zudem komme man nicht um Flächenversiegelungen herum. Denn um die Wohnungsnot zu lösen, müsse auch Bauland zur Verfügung gestellt werden. Aus ihrer Zeit in der Kommunalpolitik – Eisenmann war zwölf Jahre Stadträtin in Stuttgart – wisse sie, dass solche Entscheidungen nicht immer leicht fielen. Aber: "Manchmal wünsche ich mir da mehr Mut vor Ort."
Eisenmann gab sich – wie üblich – kämpferisch. Im Gespräch mit Boto menschelte es aber auch. So räumte Eisenmann ihre jugendlichen Beweggründe ein, in der Politik aktiv zu werden: "Als ich 16 war, sind alle meine Freunde in die Junge Union eingetreten. Das war einfach in."