Heidelberg/Neckargemünd. (dns/mare/nah) Sie kratzten an der Rekordmarke - trotz des Schmuddelwetters: 9000 Teilnehmer kamen zur "Fridays for Future"-Demo in der Heidelberger Innenstadt. Das teilten die Veranstalter mit, die Polizei bestätigte diese Zahl.
Eigentlich deutete im Vorfeld nicht viel darauf hin, dass es wieder eine der größten Demonstrationen in der Geschichte Heidelbergs werden könnte. Der Streit zwischen "Fridays for Future Heidelberg" (FFF) und der Stadt um die Demoroute erschwerte den Klima-Aktivisten im Vorfeld die Mobilisierung. Sie rechneten mit ungefähr 3000 bis 5000 Teilnehmern. Und als es am Freitagmorgen in Strömen regnete, ging man eher von noch weniger aus. Doch es kam anders. Als die Demonstration am Mittag an der Neuenheimer Neckarwiese ankam, hatten die Organisatoren und die Polizei rund 9000 Teilnehmer gezählt.
Damit war der Protestzug gestern nach dem am 20. September der zweitgrößte, den die Klima-Bewegung in Heidelberg bislang auf die Beine gestellt hat. Vor zwei Monaten gingen bei schönstem Wetter sogar etwa 10.000 Menschen für das Klima auf die Straße – was die größte Demo in der Geschichte der Stadt gewesen sein dürfte.
Wie die Polizei mitteilt, verlief alles ruhig. Der Demo-Tross zog von der Stadtbücherei über den Bismarckplatz bis aktuell zur Neckarwiese, wo Redebeiträge stattfinden. Die Stimmung unter den Teilnehmern ist ausgelassen und gut.
Dass auch diesmal so viele Demonstranten zusammenkamen – die meisten von ihnen am Anfang noch unter Regenschirmen –, lag auch daran, dass sich einige zum ersten Mal an einer FFF-Demo beteiligten: "Ich fand die Forderungen schon immer richtig, hab es aber bisher nicht geschafft", erklärte der 24-jährige Jan am Rande des Zuges der RNZ. "Aber ich hab das Gefühl, dass sich beim Klimaschutz zu wenig bewegt, wenn wir keinen Druck auf der Straße machen."
Neben Schülerinnen und Schülern waren es viele Studierende, die wie Jan bei der Demo dabei waren. Sie waren zuvor auch die Hauptakteure bei der "Klima-Aktionswoche". FFF hatte zu mehr als 80 Vorträgen, Workshops und Diskussionen eingeladen und die Studierenden aufgerufen, dafür die Uni zu bestreiken: "An einzelnen Tagen haben das auch viele gemacht, um unsere Veranstaltungen zu besuchen", zeigte sich FFF-Aktivistin Line Niedeggen gestern zufrieden.
So ging es auch den drei PH-Studentinnen Judith, Lisa und Karin. Während der Woche haben sie an mehreren Veranstaltungen teilgenommen und übernahmen am Freitag Verantwortung als Ordnerinnen bei der Demonstration – obwohl sie in Heidelberg zum ersten Mal dabei waren. "Aber bei der nächsten Demo kommen wir auf jeden Fall wieder", betonte Lisa. "Wir glauben, dass wir so wirklich etwas bewegen können."
Ein nächstes Mal wird es ziemlich sicher geben, wie Niedeggen bei der Abschlusskundgebung ankündigte: "Solange nicht konsequent gehandelt wird, werden wir immer mehr werden", sagte sie mit Blick auf das aus Sicht der Bewegung und vieler Wissenschaftler deutlich zu unambitionierte Klima-Paket der Bundesregierung.
Besser fiel dagegen die Bewertung des Klimaschutz-Aktionsplanes aus, den der Heidelberger Gemeinderat in der vergangenen Woche beschlossen hat. "Den kann man bei tatsächlicher Umsetzung als Erfolg betrachten", so Niedeggen. "Aber bis es so weit ist, bleiben wir skeptisch."
Verkehrsbeeinträchtigungen gab es vor allen Dingen in der Bergheimer Straße und am Adenauerplatz, wo es zudem und schon lange vor der Demo Probleme mit der Ampelschaltung und ein Stau wegen Besuchermassen aufgrund des Black Fridays gab.
9000 bei Fridays for Future in Heidelberg - Die Fotogalerie"Foresters 4 future. Danke Greta!", war auf einem der Plakate am Freitagnachmittag in Neckargemünd zu lesen. Dort haben sich etwas weniger als 100 Demonstranten am "Global Strike for Climate" beteiligt. Eigens dafür von Autos befreit zeigte sich der gesamte Neckarlauer, der schon an der Zufahrtsstraße gesperrt worden war. Als sich die Stadt am Neckar im September erstmals am weltweiten Klimastreik beteiligt hatte, waren noch rund 500 Teilnehmer auf die Straßen gegangen. Damals überreichte die Bewegung einen Katalog mit Forderungen an die Stadtverwaltung, wie auf kommunaler Ebene Verbesserungen zum Schutz des Klimas erreicht werden könnten. Auch in Anbetracht des regnerischen Wetters vom Vormittag wollte man sich diesmal aber kurz halten und es bei einer Stellungnahme belassen.
Update: Freitag, 29. November 2019, 20 Uhr
Heidelberg. (RNZ/mare) Nach einigem Hickhack wurde die Route der "Fridays for Future"-Demonstration über die Theodor-Heuss-Brücke am Freitag schließlich von der Stadt genehmigt. Die teilt nun mit, dass es deshalb zwischen 10 und 15 Uhr zu Verkehrsbehinderungen in der Heidelberger Innenstadt kommen wird.
Es werden demnach zwischen 3000 und 5000 Teilnehmer erwartet.
Der Demonstrationszug wird folgende Route nehmen: Schwanenteichanlage/Poststraße – Rohrbacher Straße – Bismarckplatz (östliche Busspur) – Sofienstraße – Theodor-Heuss-Brücke – Brückenkopfstraße – Uferstraße – Neckarvorland.
Aus der Poststraße kommend, wird der Zug entlang der Rohrbacher Straße über die Busspur des Bismarckplatzes und anschließend über die Theodor-Heuss-Brücke geführt. Von dort biegen die Demonstrantinnen und Demonstranten in die Brückenkopfstraße ab und weiter über die Uferstraße auf die Neckarwiese.
Während der Demonstration werden die genannten Straßen für den Fahrzeugverkehr gesperrt. Der Verkehr wird über die Kurfürsten-Anlage und die Friedrich-Ebert-Anlage umgeleitet.
Zudem wird die Alte Brücke voraussichtlich zwischen 11 und 15 Uhr für den Autoverkehr freigegeben. Fußgänger können die Strecke durchgehend passieren. Die Ausfahrt des Parkhauses P1 in der Poststraße wird freigehalten, sodass Benutzer des Parkhauses ungehindert in Richtung Kurfürsten-Anlage ausfahren können.
Bei Bussen und Bahnen der Rhein-Neckar Verkehr GmbH wird es voraussichtlich auch zu Beeinträchtigungen und gegebenenfalls zu großräumigen Umleitungen kommen. Die Fahrgäste des ÖPNV werden gebeten, während der gesamten Zeit des Demonstrationszuges auf die Informationen im Fahrzeug und an den Haltestellen zu achten.
Den überörtlichen Verkehr betreffend wird darum gebeten, den innerstädtischen Bereich in der genannten Zeit zu meiden und weiträumig zu umfahren. Insbesondere der Schwerverkehr aus Richtung Neckartal muss bereits in Neckargemünd über die Friedensbrücke auf die Bundesstraße B37 fahren.
Dies gilt ebenso für den Schwerverkehr aus Richtung Wilhelmsfeld mit Fahrtziel Innenstadt oder Autobahn. Die Alte Brücke kann Schwerverkehr nicht aufnehmen. Die Brücke in Ziegelhausen hat eine Durchfahrtsbeschränkung für Fahrzeuge über 20 Tonnen.
Update: Dienstag, 26. November 2019, 15.20 Uhr
Heidelberg. (dns) Der Druck auf die Stadtverwaltung hat offenbar Wirkung gezeigt: Die Demonstration von Fridays for Future (FFF) am Freitag, 29. November, darf nun doch über die Theodor-Heuss-Brücke ziehen. Das hatte die städtische Versammlungsbehörde der Klimaschutzbewegung zunächst untersagt, weil sie eine zu große Beeinträchtigung des Verkehrs befürchtete. Stattdessen schlug sie vor, der Protestzug – FFF rechnet mit etwa 3000 Teilnehmern – sollte innerhalb Neuenheims verlaufen. Das wollten die Klimaschützer jedoch nicht hinnehmen und drohten mit dem Gang vor das Verwaltungsgericht.
Am gestrigen Donnerstag ruderte die Versammlungsbehörde dann zurück und teilte FFF-Aktivistin Line Niedeggen mit, dass die ursprünglich beantragte Demo-Strecke (von der Schwanenteichanlage über Poststraße, Rohrbacher Straße und die östliche Seite der Theodor-Heuss-Brücke zur Neckarwiese) nun doch genehmigt wird. Damit könne der Protestzug wie geplant um 11 Uhr an der Stadtbücherei starten, teilte Niedeggen der RNZ mit.
Ein Sprecher der Stadtverwaltung bestätigte die Genehmigung am Donnerstag: "Unter beschränkten Auflagen kann der Aufzug so durchgeführt werden." Man habe sich nach einem "intensiven Abwägungsprozess" dazu entschlossen, die Demonstration zu ermöglichen. "Die dadurch entstehenden Verkehrsbeeinträchtigungen wollen wir durch intensive Information im Vorfeld möglichst gering halten", so der Sprecher.
Update: Donnerstag, 21. November 2019, 16 Uhr
Von Denis Schnur
Heidelberg. Die Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten von Fridays for Future wollen weiter Druck auf die Politik machen. Unter dem Motto "Neustart Klima" wollen sie am Freitag, 29. November, wieder einen internationalen Protesttag auf die Beine stellen – dazu soll auch wieder eine Groß-Demo in Heidelberg gehören. Doch eineinhalb Wochen vor dem Protestzug gibt es zwischen der Stadt und den jungen Menschen Streit um die Demo-Route – und der könnte sogar vor dem Verwaltungsgericht enden.
Bisher sind die jungen Menschen fast immer an der Stadtbücherei in Bergheim losgelaufen und die Demos endeten in der Altstadt. Die ist jedoch dieses Mal tabu, weil ab Montag die Hütten für den Weihnachtsmarkt aufgebaut werden. Das sehen auch die Aktivisten ein: "Wir sind da ja beim letzten Mal mit 10.000 Menschen schon kaum durchgekommen", erklärt Organisatorin Line Niedeggen.
Deshalb hat FFF von Beginn an eine andere Strecke vorgeschlagen: Von der Stadtbücherei hätte es über die Kurfürsten-Anlage und die Theodor-Heuss-Brücke zur Neckarwiese gehen sollen. "Das haben wir so auch schon vor einem Monat angemeldet", betont Franca Leutloff. Im Anschluss hätten die jungen Aktivisten begonnen, Flyer und Plakate zu drucken.
Doch die Stadt, deren Ordnungsamt als Versammlungsbehörde zuständig ist, hat die Vorbereitungen erstmal ausgebremst: Im Kooperationsgespräch, das vor jeder Protestaktion stattfindet, hat das Amt deutlich gemacht, dass es eine Demo über die Brücke wohl nicht genehmigt. Zwar betont eine Stadtsprecherin, dass die Behörde und die Polizei die Route noch prüfen. Sie sagt aber auch: "Die von der Anmelderin vorgesehen Pläne hätten massive Auswirkungen auf die Innenstadt." Durch die Sperrung der Brücke und der Kurfürsten-Anlage würde "der gesamte innerstädtische Verkehr zum Erliegen" kommen.
"Dadurch entstehen nicht hinnehmbare Auswirkungen auf die medizinische Grundversorgung und den Brandschutz großer Teile der Heidelberger Bevölkerung", so die Sprecherin. "Wenn Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei aufgrund von Staus nicht mehr rechtzeitig zu ihren Einsatzorten kommen, sind das nicht nur Verkehrsprobleme, sondern es treten erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf."
Stattdessen hat die Behörde vorgeschlagen, innerhalb von Neuenheim zu demonstrieren: Die Demo könnte an der Neckarwiese starten und über Jahn- und Berliner Straße zur Mönchhof- und Werderstraße gehen, bevor sie wieder auf der Neckarwiese endet.
Für die jungen Menschen ist das jedoch keine Alternative: "Nur in Neuenheim zu demonstrieren, macht keinen Sinn", betont Niedeggen. "Wir wollen Menschen erreichen und machen das ja nicht nur für uns." Zwar wollen die Aktivisten nun warten, bis die Versammlungsbehörde ihnen den Auflagenentscheid in den nächsten Tagen zuschickt – darin steht dann auch die genehmigte Demoroute.
Sie betonen aber auch, dass sie ihr Versammlungsrecht im Zweifel "gerichtlich überprüfen" lassen wollen. Man sei bereits in Gesprächen mit Anwälten, die den Bescheid beim Verwaltungsgericht anfechten würden, so Niedeggen.