So lief der Umzug der Chirurgie im Neuenheimer Feld (plus Fotogalerie)
Operation geglückt: Nach fünf Stunden haben die 153 Patienten wohlbehalten die neue Chirurgie erreicht.

Von Julia Lauer
Heidelberg. Die Chirurgie ist innerhalb des Neuenheimer Feldes umgezogen, und das im laufenden Klinikbetrieb. Auch Patienten mussten das Gebäude wechseln – eine logistische Herausforderung. Die RNZ hat den Umzug am Samstag begleitet.
> Alte Chirurgie, Haupteingang, 7 Uhr: Es ist noch dunkel, vor der Klinik sind Standleuchten aufgestellt. Pflegelotsen in grünen T-Shirts sind zusammengekommen, Kameraleute stehen bereit. Jeden Moment beginnt der Patiententransport. Krankentransportwagen fahren vor und halten, wo es die geklebten Markierungen am Boden anzeigen, Sanitäter steigen aus. Manche halten Listen in der Hand, andere sprechen in ihr Funkgerät. "Katastrophenschutz" steht auf der Warnweste eines Mannes. "Nun beginnt der Endspurt, auf den wir seit einem Vierteljahr hinarbeiten", erklärt er. Jürgen König ist hier der Mann für die Sicherheit. Er hat die Straßen absperren lassen, Schreiben zu dem Patientenumzug verteilt und dafür gesorgt, dass die RNV an diesem Tag nur kurze Linienbusse im Neuenheimer Feld einsetzt und nicht die langen wie üblich: Die Straßen sollen möglichst frei sein. Dann treten Klinik-Chef Ingo Autenrieth und Markus Büchler, Ärztlicher Direktor der Chirurgie, vor die Kameras. "Jetzt geht’s los", verkünden sie unisono. Kurz darauf wird der erste Patient auf einer Liege aus dem Gebäude geschoben, zum Gruß hebt er die Hand. Der Krankentransportwagen fährt mit dem Passagier davon, er nimmt Kurs aufs neue Gebäude.
> Alte Chirurgie, Liegendeingang, 8 Uhr: Parallel verlassen Patienten auch über diesen zweiten Ausgang die alte Chirurgie. Eine Frau auf einer Liege trägt einen Schlauch in der Nase und ist auch während des Umzugs an ein Gerät angeschlossen. Sie ist eine von 38 Intensiv-Patienten, die an diesem Tag in das neue Gebäude umziehen. Deren Transport ist besonders heikel. Und so hat die Frau einen Arzt an ihrer Seite, der sie notfalls beatmen könnte – reine Vorsichtsmaßnahme. Die Verlegung der Patienten folgt einem genauen Plan. Er legt fest, wie der Transportwagen ausgestattet sein muss, ob ein Arzt dabei sein muss. Auch die Reihenfolge ist geregelt: Die Patienten verlassen die Stationen im Wechsel und nicht auf einmal, damit die Stationen im Neubau gleichmäßig ausgelastet sind.
Hintergrund
> Bei dem Umzug der Chirurgie vom Neuenheimer Feld 110 ins Neuenheimer Feld 420 sind am Samstag 153 Patienten transportiert worden, darunter 38 Intensivpatienten.
> Rund 150 Mitarbeiter des Klinikums sowie 150 Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes, die zum
> Bei dem Umzug der Chirurgie vom Neuenheimer Feld 110 ins Neuenheimer Feld 420 sind am Samstag 153 Patienten transportiert worden, darunter 38 Intensivpatienten.
> Rund 150 Mitarbeiter des Klinikums sowie 150 Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes, die zum Teil auch aus Karlsruhe, Mannheim, Heilbronn und Mosbach angereist waren, waren dabei im Einsatz. Zwischen beiden Gebäuden verkehrten 34 Krankenwagen, manche von ihnen mit spezieller Ausrüstung für Intensivpatienten.
> Dass der Patientenumzug relativ zügig über die Bühne ging, liegt wohl auch daran, dass die Klinik kurz zuvor noch einmal zahlreiche Patienten entlassen konnte. Noch am Mittwoch war sie von 250 Verlegungen ausgegangen und damit von knapp zwei Drittel mehr. Zahlreiche Instrumente und Großgeräte waren bereits im Vorfeld ins neue Gebäude gebracht worden.
> Am heutigen Montag nimmt die Chirurgie am neuen Standort mit ihren 16 Operationssälen und 313 Betten ihren regulären Betrieb auf. Zur Chirurgischen Universitätsklinik gehören die Fachbereiche Allgemein-, Bauch- und Transplantationschirurgie, Herz- und Gefäßchirurgie, außerdem Urologie, Anästhesiologie und Radiologie.
> Das alte Gebäude soll erhalten bleiben und dem Klinikum beispielsweise bei der Sanierung der Kopfklinik als Ausweichfläche dienen.
> Neue Chirurgie, Haupteingang, 8.30 Uhr: Transportwagen halten vor dem Neubau, Mitarbeiter des Roten Kreuzes stehen bereit und haben das Geschehen im Blick. Jeder Wagen, der im Einsatz ist, fährt an diesem Tag zwischen beiden Gebäuden viermal hin und her, zwischendurch wird er gereinigt. Ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes spricht in sein Funkgerät: "Der Wagen 4/85-4 und der Patient Nummer 93 sind in der Neuen Chirurgie angekommen." Dass die Transportwagen auch hier oben halten können, ist eine Ausnahme, künftig soll dies nur noch eine Ebene unter der Erde möglich sein. Dort befindet sich die neu eingerichtete gemeinsame Notaufnahme von Innerer Medizin und Chirurgie.
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Der fünfte Umzug in 200 Jahren
Operiert wird seit Menschengedenken, aber die moderne Chirurgie bildete sich erst heraus, nachdem zuverlässige Betäubungsmechanismen entwickelt worden waren. In ihrer 200-jährigen Geschichte in Heidelberg ist die Chirurgie mehrfach umgezogen. Nachdem 1818 eine chirurgische Klinik im Dominikanerkloster in der Altstadt mit damals nur zwölf Betten eröffnet worden war, siedelte sie schon wenige Monate später in die städtische Kaserne am Marstall um. 1844 folgte der Umzug ins Jesuitenkloster in der Seminarstraße, 1876 schließlich in die Voßstraße in Bergheim. 1939 war das Gebäude im Neuenheimer Feld mit seinen 350 Betten bezugsfertig, in dem die Chirurgie dann die folgenden 80 Jahre lang untergebracht war – bis zum vergangenen Wochenende.
> Neue Chirurgie, Station E2, 10.45 Uhr: Die Flure im Neubau sind hell und ziemlich leer. Von Umzugschaos keine Spur. Auf der Station E2 sind selbst die Regale schon bestückt; Broschüren zu Druckgeschwüren und zur onkologischen Pflegevisite sind hier zu finden. "Die Patienten von vier Stationen haben wir schon hier", berichtet Simone Tanger, die für die Klinik den Umzug managt. "Im alten Gebäude sind diese Stationen nun geschlossen." Brunhilde Gerstenberger gehört zu den Patienten, die ihr Zimmer im Neubau bereits bezogen haben. Eineinhalb Stunden liegt das zurück. Vor zwei Wochen sei sie im alten Gebäude als Patientin aufgenommen worden, erzählt sie. Im Klinikhemd sitzt sie auf ihrem Bett. "So ein Umzug bringt eine gewisse Hektik", meint sie. Um davon nicht ergriffen zu werden, habe sie ihren Koffer bereits am Vortag gepackt.
> Neue Chirurgie, Zentrale des Deutschen Roten Kreuzes , 11.45 Uhr. Was aussieht wie das Lagezentrum der Polizei, ist in Wirklichkeit das des Roten Kreuzes. Vier Mitarbeiter sitzen vor jeweils zwei Bildschirmen, auf den Monitoren sind die Patienten in Tabellen erfasst. "Ein Grummeln hatte ich vor dem Umzug schon im Bauch", gibt der stellvertretende Kreisbereitschaftsleiter Steffen Stadler zu. Aber bisher seien die Verlegungen gut gelaufen. Es habe keine Zwischenfälle gegeben, gehe zügiger voran als erwartet. Ein Kreisdiagramm, das ein Beamer an die Wand wirft, zeigt den Fortschritt an. Die Klinik erwartet nur noch wenige Patienten. Eine halbe Stunde später ist der lang geplante Umzug geschafft, Erleichterung macht sich breit: Alle 153 Patienten haben die neue Chirurgie innerhalb von fünf Stunden wohlbehalten erreicht.