Jegan Mildenberger, Fenja Schnegelsberg und Jakob Staemmler (v.l.) nehmen heute an der Demo in Berlin teil. Foto: mib
Von Milena Berg
Heidelberg. Anna Helfrich ist hoch motiviert: "Wir streiken, bis ihr handelt", erklärt sie am Donnerstag Vormittag entschlossen, bevor sie sich gemeinsam mit acht anderen Schülerinnen und Schülern der Heidelberger Waldorfschule auf den Weg nach Berlin macht. Denn bei der morgen stattfindenden Großdemonstration für mehr Einsatz im Kampf gegen den Klimawandel sind auch einige Schüler und Studenten aus Heidelberg dabei. Im extra organisierten Bus, der gestern Mittag von Karlsruhe nach Berlin fuhr, saßen neben Helfrich auch Fenja Schnegelsberg, Jegan Mildenberger und Jakob Staemmler. Gemeinsam besuchen die vier die elfte Klasse der Waldorfschule.
Dass sie in Berlin demonstrieren, bedeutet auf der anderen Seite natürlich, dass sie im Schulunterricht fehlen. Doch von ihrer Schule werden sie - im Gegensatz zu vielen anderen Heidelberger Schülerinnen und Schülern - unterstützt. Rechtzeitig vor ihrer Abfahrt haben die Elftklässler einen Antrag auf Beurlaubung gestellt. Dass sie durch die Fahrt nach Berlin Sport, Mathematik, Gemeinschaftskunde und Französisch verpassen, nehmen sie in Kauf: "Für diesen guten Zweck bin ich bereit, etwas zu opfern. Auch wenn das bedeutet, dass ich dann am Wochenende mal länger an den Hausaufgaben sitze", erklärt Helfrich.
Auch Mildenberger stören die Fehltage nicht: "Es ist auch eure Zukunft, deswegen solltet auch ihr euch Gedanken machen", gibt er stattdessen Gleichaltrigen mit auf den Weg, die sich noch nicht engagieren. "Überlegt euch, ob ihr nur zusehen, oder etwas verändern wollt", fügt Staemmler hinzu. Damit will er aber auch ältere Generationen ansprechen: "Die sind schließlich mitverantwortlich für die Klima-Krise. Wenn sie teilnehmen, könnten sie das ein wenig wiedergutmachen."
Helfrich hat schon dazu beigetragen, dass die "Fridays for Future"-Bewegung in Heidelberg angekommen ist. Sie habe "schon früh ein Bewusstsein für Probleme dieser Welt" entwickelt, sagt sie. Dass sie ausgerechnet jetzt aktiv wurde, lag vor allem an der schwedischen Klimaschutz-Aktivistin Greta Thunberg: "Sie war der Anstoß. Wegen ihr habe ich an ersten Demonstration in Karlsruhe teilgenommen." Danach hat sie mit anderen dafür gesorgt, dass auch in Heidelberg Demonstrationen stattfinden. Dieses Engagement hat auch Mildenberger und Staemmler beeindruckt, sodass auch sie aktiv wurden.
Bei der Kundgebung am vergangenen Freitag in der Schwanenteichanlage waren die Schüler alle vier dabei - obwohl die offizielle Veranstaltung kurzfristig abgesagt wurde. Die Organisatoren sahen die Auflagen von Ordnungsamt und Schulleitungen als "unerfüllbar" an. Mit einer wütenden Stellungnahme wandten sich deshalb gestern drei Schülerinnen des Hölderlin-Gymnasiums an die RNZ: "Dass Heidelberg die einzige Stadt ist, in der der Schulstreik kurzfristig abgesagt wurde, ist eine Schande!", heißt es darin.
Und auch die Waldorfschüler hätten gerne mehr Unterstützung für ihr Anliegen: "Wir würden uns wünschen, dass noch mehr Schulleitungen mit uns zusammenarbeiten", fordert Helfrich. Denn Verbote und Strafen seien ohnehin "sinnfrei", findet Staemmler: "Verbote spornen eher an."
Jetzt, wo die vier Waldorfschüler angefangen haben, sich politisch zu engagieren, können sie sich gut vorstellen, künftig für andere Forderungen auf die Straße zu gehen: "Vor allem bei zukunftsorientierten Themen, wie beispielsweise der Ernährungspolitik", so Staemmler. Für den Klimaschutz wolle er von nun an aber nicht jeden Freitag die Schule bestreiken: "Dann würde ich doch ab und zu wieder in den Mathematikunterricht gehen."