Möglicher Standort für das Ankunftszentrum für Geflüchtete: das Gewann Wolfsgärten im Westen von Wieblingen (mit der A656 im Vordergrund). Foto: Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Im Dezember 2018 sollte der Gemeinderat bereits eine Entscheidung über die Zukunft des Ankunftszentrums für Geflüchtete treffen. Damals ging es vor allem um die Frage, ob die Einrichtung auf das Gewann Wolfsgärten verlagert wird. Doch auch nach mehr als einem Jahr ist die Frage noch nicht beantwortet – obwohl auch in der Gemeinderatssitzung am Dienstag wieder hitzig diskutiert wurde. Beschlossen wurde am Ende nur eine Flächenbegrenzung für die Einrichtung und eine Ablehnung eines Verbleibs in Patrick Henry Village (PHV). Die RNZ erklärt, wie es mit den drei diskutierten Standorten – Gäulschlag, Wolfsgärten und PHV – nun weitergeht.
Möglicher Standort für das Ankunftszentrum für Geflüchtete: Das Gewann Gäulschlag im Südwesten Kirchheims (im Foto die Bundesstraße B535). Foto: Rothe> Gäulschlag: Die Fläche südlich von PHV wurde erst vor zwei Wochen von Stadt und Land vorgeschlagen. Im Anschluss zeichnete sich schnell eine Mehrheit im Gemeinderat ab, die darin eine Möglichkeit sieht, den Streit zu beenden. Damit die derzeit landwirtschaftlich genutzte Fläche in Frage kommt, bestehen Grüne, SPD und auch Oberbürgermeister Eckart Würzner jedoch darauf, betroffene Bauern zu entschädigen. Wie das geschehen soll, ist bislang aber völlig unklar. Zudem sorgte der OB am Montag mit der Äußerung, er halte die Wolfsgärten für besser geeignet, für Irritationen. "Man kann doch nicht einen Vorschlag machen und kurz darauf in der RNZ etwas völlig anderes behaupten", ärgerte sich Sarah Mirow (Linke) am Dienstag.
Auch Grünen-Fraktionschef Derek Cofie-Nunoo warf dem OB vor, er agiere "absolut planlos": "Eine Mehrheit im Gemeinderat war ernsthaft bereit, sich noch in diesem Jahr an einer konstruktiven und nachhaltigen Lösung zu beteiligen. Diese Bemühungen hat der Oberbürgermeister durch seinen plötzlichen Sinneswandel zunichte gemacht." Ob ein Umzug auf das Gewann möglich ist, hängt jetzt wohl vor allem daran, ob man einen Weg findet, den Wegfall der Ackerflächen zu kompensieren. Dies dürfte Teil der Prüfung bis zum Frühjahr sein.
> Wolfsgärten: Die zweite Option, die weiter geprüft wird, galt eigentlich schon 2018 als politisch tot. Damals hatte sich abgezeichnet, dass die Mehrheit des Gemeinderates das Gebiet als ungeeignet ansieht. "Wir haben immer gesagt, dass wir den Standort für menschenunwürdig halten", erklärte Anke Schuster (SPD) am Dienstag und beantragte, das Areal endgültig abzulehnen. Die Mehrheit im Gemeinderat wollte es jedoch in der Auswahl behalten – und sei es als "Plan B", wie die Grünen betonten.
Da das Gewann nur halb so groß ist wie der Gäulschlag und nur von einem Bauer im Nebenerwerb genutzt wird, wäre der Aufwand geringer. Jedoch gibt es gerade bei SPD, Linken und Bunter Linken massiven Widerstand gegen das Areal zwischen zwei Autobahnen und einer Bahnlinie. Doch auch wenn die Mehrheit des Rates das Areal im besten Fall als Notlösung betrachtet, bleibt es in der Diskussion.
> Patrick Henry Village: Ein Jahr lang beschränkte sich die Debatte eigentlich nur auf zwei Alternativen: Entweder das Ankunftszentrum wird auf die Wolfsgärten verlagert – oder es zieht innerhalb von PHV um. Doch diesen "Plan B" hat das Gremium am Dienstag mit großer Mehrheit zurückgewiesen: Zwei Drittel der Stadträte stimmten dagegen, eine Teilfläche im Südwesten weiter zu prüfen. "Damit ist ein Verbleib des Ankunftszentrums auf PHV ausgeschlossen", erklärte Würzner nach der Sitzung. Eine weitere Nutzung am aktuellen Standort habe nie zur Debatte gestanden: "Dazu haben wir eine schriftliche Vereinbarung mit dem Land."
PHV als Standort ist damit unwahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen. Denn der Verbleib am aktuellen Standort schwebt als "Horrorszenario" über der Debatte: "Wer die Bausubstanz in PHV kennt, weiß, dass bald große Investitionen anstehen", erklärte Adrian Rehberger (SPD), der als Polizist im Ankunftszentrum arbeitet. Ohne schnelle Entscheidung nutze das Land vielleicht sein "Erstzugriffsrecht" auf die Bundesfläche und schaffe dort dann ein dauerhaftes Zentrum.
> Außerhalb der Stadt: Auch diese Option wird immer mal wieder diskutiert. Zuletzt hatte sich die CDU dafür ausgesprochen. "Dass das Ankunftszentrum gar nicht in Heidelberg verbleibt, ist zwar für uns denkbar, aber hat ganz offenkundig keine Mehrheit im Gemeinderat", so Stadtrat Alexander Föhr (CDU) gegenüber der RNZ. Das zeigte sich auch am Dienstag. Vor allem hat das Land aber auch gar nicht erst nach Standorten außerhalb Heidelbergs gesucht – unter anderem, weil das Zentrum hier funktioniert und sich die Stadt derzeit als einzige in ganz Baden-Württemberg bereit erklärt hat, dem Ankunftszentrum eine Perspektive zu geben.
Wohin das Ankunftszentrum aber tatsächlich zieht, wird frühestens im März 2020 entschieden. Dann soll den Gemeinderäten ein Vergleich von Gäulschlag und Wolfsgärten vorgelegt werden. Beide Flächen hält auch das Land für umsetzbar. Doch auch ohne klare Positionierung war OB Würzner nach der Sitzung am Dienstag zufrieden: "Der Gemeinderat hat einen eindeutigen Rahmen für das Ankunftszentrum des Landes gesetzt. Ich bin ihm hierfür sehr dankbar."