Der alte Bahnhof 1955: Das Getümmel auf dem Vorplatz aus Straßenbahnen, Autos, Fußgängern und der Odenwaldbahn am heutigen Adenauerplatz ist eine der vielen Sequenzen in der Doku, die auch viele Amateuraufnahmen zeigt. Foto: Lebeck
Von Timo Teufert
Auch wenn es sich bei "Heidelberg. Der Film. Die Geschichte." eigentlich um einen Dokumentarfilm handelt, der bislang unveröffentlichtes, privates Filmmaterial zeigt, konnten die Macher vom Haus des Dokumentarfilms in Stuttgart auf einen Spielfilmausschnitt nicht verzichten: "Das ist Heidelberg", hört man O.W. Fischer schon im Vorspann in Liselotte Pulvers Ohr säuseln, später ist der bekannte Ausschnitt aus der "Heidelberger Romanze" mit Blick auf die Stadt auch im Film zu sehen. Ansonsten konzentrieren sich die Macher aber auf die authentischen Zeitzeugnisse der Heidelberger. Premiere feiert der Film am Mittwoch, 21. Dezember, um 18 Uhr in der Stadthalle. Einlass ist bereits um 17 Uhr, der Eintritt ist frei.
Die 45 Minuten des Films sind ein Ritt durch die Stadtgeschichte seit 1911. Aus diesem Jahr stammen die ersten Aufnahmen, sie zeigen das Liselottefest auf dem Schloss. Es folgen Sequenzen vom Konzil des Freundschaftsbundes Schlaraffia, vom Faschingstreiben 1926 auf der Hauptstraße und etliche private Aufnahmen, etwa von der Neckarwiese mit der Neuen Brücke (heute: Theodor-Heuss-Brücke) im Hintergrund. Aufnahmen der Neckarwestern des Stummfilmstudios "Glashaus" sind ebenso zu sehen wie der Trauerzug für Friedrich Ebert, ein Betriebsausflug einer schwäbischen Textilfabrik nach Heidelberg und die 550-Jahr-Feier der Universität. Der Film zeigt aber auch bewegte Bilder vom Besuch Josef Goebbels’ an seinem ehemaligen Studienort oder 1937 den Umzug des Badischen Infanterieregiments 110 in die neu errichtete Großdeutschlandkaserne. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind GIs bei Personenkontrollen zu sehen, aber auch wie Theodor Heuss den neuen Heidelberger Bahnhof eröffnet - und auch der Abriss des alten Gebäudes am heutigen Adenauerplatz hat es in den Film geschafft.
Mit einem internationalen Schwimmwettbewerb des SV Nikar im Tiergartenbad werden die Bilder zum ersten Mal farbig, es folgen das RAF-Attentat 1972 im US-Hauptquartier, die Weltspiele der Gelähmten und die Polizeipanzer während der Ausschreitungen wegen der HSB-Fahrpreiserhöhungen 1972. Der Film endet mit dem Abzug der Amerikaner und der Nutzung des Patrick Henry Village als Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge.
"Am Ende war noch eine Menge zu tun, denn wir hatten viel Stummfilmmaterial", berichtet Anita Bindner, Leiterin des Archivs im Haus des Dokumentarfilms und verantwortlich für den Film. Denn nicht nur die vielen Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind ohne Ton, auch die Amateurfilmer nahmen bis zu den 1970er Jahren ausschließlich Bilder auf. "Dafür mussten wir natürlich die passende Musik und die entsprechenden Geräusche auswählen", erklärt Bindner. Teilweise hat der Toningenieur sie eigens für den Film produziert. Hinzu kamen die Aufnahmen für die Sprecher - bei sechs verschiedenen Sprachen auch eine Menge Arbeit. Technisch musste das Material dann noch in der Farbkorrektur aneinander angeglichen werden und es wurden Unter- und Überbelichtungen verbessert.
Mathias Schiemer, Geschäftsführer von Heidelberg Marketing, hat den Film in Auftrag gegeben und ist begeistert vom Ergebnis. Die Idee zum Film kam von seinem Marketingleiter Steffen Schmid, der wusste, dass das Haus des Dokumentarfilms bereits für andere Städte in Baden-Württemberg so etwas produziert hatte. "Ich bin stolz darauf, dass wir diesen Film haben. Er ist etwas für Touristen, aber auch für Einheimische", ist Schiemer überzeugt. Schließlich sei es kein Image-, sondern ein Dokumentarfilm, in dem kein Teil der Geschichte einfach weggelassen wurde.
"Ohne diejenigen, die ihr Material abgeliefert haben, wäre dieser tolle Film nicht entstanden", freut sich Schiemer über die Unterstützung der Heidelberger. Jeder, der beim sogenannten Entdeckerfreudentag Material abgegeben hat, erhielt seinen "Schatz" zurück - inklusive digitaler Kopie. Und natürlich eine Einladung für die Premiere am Mittwoch. Schiemers Lieblingsszenen im Film sind die, auf denen man alte Autos sehen kann. "Da kann man einfach erkennen, um welche Epoche es sich dreht", sagt er. Aus seiner Sicht ist die DVD, die ab 22. Dezember in den Tourist-Informationen für 19,95 Euro erhältlich ist, ein ideales Geschenk. Bereits am Abend zuvor, am 21. Dezember, findet im großen Saal der Stadthalle die Premiere des Films statt. "Wir haben für diesen Abend die modernste Technik angemietet. Es soll ein richtig toller Kinoabend für die Bürger werden", sagt der Marketing-Chef.