Das RNZ-Forum macht erstmals im ehemaligen Kesselhaus des Bergheimer Hallenbades Station. Hier interviewten RNZ-Chefredakteur Klaus Welzel (links) und Redakteur Rolf Kienle (rechts) den neuen Chefredakteur des 'Focus', den Heidelberger Jörg Quoos. Foto: Kresin
Von Ingrid Thoms-Hoffmann
Zum Schluss musste es noch unbedingt ein Foto mit der ehemaligen Grundschullehrerin sein, die Jörg Quoos liebevoll in den Arm nahm. Das hatte nichts Aufgesetztes, eher was ganz Selbstverständliches. Denn das RNZ-Forum mit dem neuen Chefredakteur des "Focus" geriet fast ein bisschen zum Freundes- und Familientreffen. Es war übrigens der erste öffentliche Auftritt des Magazin-Chefs, der seit sieben Wochen das Gesicht des Wochen-Magazins aus dem Hause Burda prägt.
Weshalb ausgerechnet Heidelberg? Ganz einfach: Weil Jörg Quoos hier geboren und aufgewachsen ist, am Englischen Institut Abitur machte, bei der Rhein-Neckar-Zeitung volontierte und von hier aus den Sprung nach Berlin schaffte. Erst zur B.Z. und dann zur Bild-Zeitung. Zwanzig Jahre lang war er dort, zuletzt als stellvertretender Chefredakteur. Und der 49-Jährige hat viel zu erzählen. Auf die Fragen der ehemaligen RNZ-Kollegen, Chefredakteur Klaus Welzel und Redakteur Rolf Kienle, hatte Quoos schlagfertig die Antworten parat. Das Erfreuliche dabei: Trotz Bild-Zeitung, trotz Karrieresprung, trotz Begegnungen mit den Großen dieser Welt ist Jörg Quoos der sympathische Junge mit der großen Leidenschaft für den Journalismus geblieben.
Als "scharfen Hund" bei "Bild" hat sich Quoos nie gesehen, eher als "Ausgleicher", als "ruhender Pol". Über die "Bild"-Zeitung ist von Quoos kein böses Wort zu hören, eher im Gegenteil. Was er dort gelernt habe, das gereiche ihm jetzt zum Vorteil. Auch wenn sich der typische "Bild"-Leser (männlich, schlechter gebildet, geringes Einkommen) vom typischen "Focus"-Leser (männlich, gut gebildet, gut verdienend, aufstiegsorientiert) gravierend unterscheidet, entschieden wird über die Auflagenzahlen, ob "Bild" oder "Focus", am Kiosk. Und da kommt es auf die Schlagzeile der Titelgeschichte an. Dass er gerade mit dem Aufmacher Sexismus auflagenmäßig in den Keller rasselte, das sieht der Focus-Chef nicht allzu dramatisch, weiß er doch mit Hubert Burda einen Verleger mit "langem Atem" hinter sich. Deshalb sagt Quoos auch, dass es ihm nicht um die "schrillste Schlagzeile" geht. Er will den "Focus" politischer machen, will auf längere Textstrecken setzen, will wegkommen vom "Häppchen-Journalismus". "Magazine können nicht mehr mit Kleinteiligkeit punkten", sagt Quoos. Denn die Kleinteiligkeit, die findet jeder im Internet, also müssen die Printmedien mit Gegenstrategien dagegen halten.
Und ganz dem Quoos'schen Motto gemäß, dass "Menschen sich vor allem für Menschen interessieren", gab es zwischen der ernsthaften Diskussion auch die netten kleinen Geschichten, von denen nicht nur der Journalismus, sondern auch so eine Vormittags-Veranstaltung lebt. Eines werden die rund 80 Gäste im ehemaligen Kesselhaus sicher nicht vergessen: Dass Jörg Quoos Wladimir Putins nackten Hintern in der Umkleidekabine sah, bevor er zusammen mit ihm - ordentlich mit Badehose bekleidet - schwimmen war.