Neckar-Odenwald-Kreis. (bd) Ein drastisches Bild der Schäden und der Herausforderungen im Wald zeichnete Forstdirektor Dietmar Hellmann dieser Tage in seinem Vortrag bei der Kreismitgliederversammlung von Bündnis 90/ Die Grünen in Adelsheim. Zuvor hatten die Kreisvorsitzenden Amelie Pfeiffer und Andreas Klaffke die Mitglieder im Gasthaus "Alessia" willkommen geheißen und Bürgermeister Wolfram Bernhardt Grußworte gesprochen.
Für Forstfachmann Hellmann steht außer Frage: "Der Klimawandel ist Fakt" und habe auch im Neckar-Odenwald-Kreis gravierende Folgen. Das Ausmaß der Schädigung der Wälder sei enorm. Begünstigt durch die milden Winter blieben viele Borkenkäfer am Leben. Die trockene, heiße Witterung im Jahr 2018 sorgte für eine hohe Borkenkäfer-Ausgangspopulation mit extremem Vermehrungspotenzial. Aus dem Befall eines Baumes werde im Laufe eines Sommers bei drei Generationen und warmen Temperaturen der Befall von 8000 Bäumen möglich. Daher sei es extrem wichtig, dass im Frühling die Überwinterungsbäume des Borkenkäfers geschlagen werden. Ein Problem für Privatwaldbesitzer, die gar nicht die Kapazitäten hätten wie im Staats- und Gemeindewald, den Borkenkäfer rechtzeitig anzugehen. In diesem Jahr sei mit dem Höhepunkt der Borkenkäferpopulation zu rechnen.
Dürreschäden seien im gesamten Wald zu finden, der Großteil des Fichtenbestandes sei aktuell abgestorben. Die Fichten, die bisher überlebt haben, zeigen überwiegend Schäden an den Wurzeln, was die Wasseraufnahme erschwere. Auch die Buche gehe geschwächt aus den Hitzejahren hervor. Bei der Eiche seien ebenso Schäden zu beobachten, die allerdings stärker auf Insekten wie Eichenprozessionsspinner und Schwammspinner zurückgingen. Ahorn und Esche seien durch Pilzkrankheiten geschwächt, bzw. große Flächen abgestorben. Düster war auch der Blick des Forstexperten auf die ökonomischen Folgen, den die anwesenden grünen Kommunalpolitiker mit Hellmann, selbst CDU-Gemeinderat, teilten. Bereits 2018 sei der Holzmarkt durch ein Überangebot an Sturm- und Käferholz zusammengebrochen. 2019 seien in Europa weitere 100 Millionen Festmeter Schadholz hinzugekommen (im Kreis 140.000 FM).
Die einhergehenden Einnahmeverluste haben aus dem Wald als "Sparkasse der Gemeinden" ein Zuschussgeschäft für die Kommunalhaushalte werden lassen. Gerade habe sich der Holzmarkt Anfang 2020 etwas stabilisiert, als sich durch Sturmtief "Sabine" die Situation wieder deutlich verschlechtert habe.
Zur Situation der Wälder im Bauland konnte Förster Björn Mai als regionaler Sachkundiger nichts Tröstliches berichten, auch in den Privatwäldern sei die Situation gleichermaßen dramatisch.
Resümierend sah Hellmann für die Forstwirtschaft bezüglich der Veränderungen im Wald mehr offene Fragen als Antworten. Es werde vermehrt feuchte Frühjahre und trockene Sommer bei uns geben. "Diese Veränderung werden Fichten und Buchen nicht überleben." Selbst Kiefern und Douglasien, die eigentlich eine hohe Trockentoleranz aufweisen, hielten nicht alles aus. Eiche, Spitzahorn, Elsbeere, Speierling oder auch Wildobst könnten mit diesem Klima besser auskommen. Auch Exoten wie Zerreiche, Atlaszeder oder Ungarische Eiche könnten sich für den Wald der Zukunft eigenen.
Etwa 14 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes würden deutschlandweit durch die Waldbewirtschaftung gebunden. Doch werden Wälder zu CO2-Quellen, wenn sie absterben. Es müsste verstärkt aufgeforstet werden, doch gebe es kaum Flächen. Den Wald sich selbst zu überlassen, sei keine Option. Der Wald leiste einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, doch Waldbewirtschaftung alleine reiche nicht, lautete Dietmar Hellmanns Fazit. Es brauche auch aktive Klimaschutzpolitik, und jeder müsse sein Handeln überdenken.
Im weiteren Fortgang der Kreismitgliederversammlung stellte sich Tanja Will als neue Leiterin der Geschäftsstelle des Kreisverbandes vor. Auch berichteten die Vorstandsmitglieder vom breiten Themenspektrum in der Vorstandsarbeit, bei der Verkehrspolitik, insbesondere Verbesserungen im Radverkehr und im Nahverkehr der Bahn im Blick seien. Krankenhauswesen und Gesundheitspolitik nehme aktuell großen Umfang ein. Auch eine Arbeitsgruppe zur "G 5 – Problematik" sei eingesetzt worden.