Eine doppelte Portion Glück wünscht die RNZ/EZ ihren Lesern zum neuen Jahr, gemeinsam mit Schornsteinfegermeister Juri Keberlein (r.) und seinem Azubi Simon Badent. Foto: bnc
Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach. Glück hat Hochkonjunktur in diesen Tagen: Wer wünscht es sich und seinen Lieben nicht fürs neue Jahr? Vierblättrige Kleeblätter, rosa Glücksschweinchen und silberne Hufeisen sollen da zuweilen ein wenig nachhelfen. Oder auch der Schornsteinfeger: Ob aus Marzipan, Zuckerguss, Karton oder Pfeifenputzern - der schwarze Geselle ziert gerade zu Silvester zahllose Schaufenster, Glückwunschkarten und Festtagstafeln.
Doch woher kommt der Ruf des Schornsteinfegers als Glücksbringer? "Das stammt ursprünglich aus dem Mittelalter", weiß der Bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger Juri Keberlein. "Damals waren die Häuser der Städte ja sehr eng beieinander gebaut." Da Kamine und Öfen von den Eigentümern nicht ausreichend vom Ruß befreit wurden, kam es häufig zu Kaminbränden. Das Feuer breitete sich rasch aus, "dadurch brannten oft ganze Stadtteile ab". Im späten Mittelalter wurden in den Städten "Feuerordnungen" erlassen, in denen das regelmäßige Kehren des Schornsteins vorgeschrieben wurde.
Das Schornsteinfegerhandwerk entstand. Die Folge: Durch das Reinigen der Kamine schützte fortan der Schornsteinfeger ein Gebäude vor Feuer und brachte damit "Glück" ins Haus.
Sieht auch Juri Keberlein sich als Glücksbringer? "Natürlich!", lacht er. Kaminbrände kämen heute nur noch selten vor. Denn durch die Feuerstättenschau und durch intensive Beratungsgespräche werde der gefährlichen Glanzrußbildung vorgebeugt. Neben dem Kehren von Kaminen und Räucherkammern gehört inzwischen auch jede Menge Technik zum Alltag des Schornsteinfegers. Was das mit dem Glück zu tun hat? "Durch Abgasmessungen von Heizungen etwa können wir lebensgefährliche Mängel wie zum Beispiel Abgasaustritt an Feuerungsanlagen oder einen erhöhten CO-Anteil im Abgas frühzeitig feststellen und so Schlimmes verhindern helfen", erläutert Keberlein.
Dass Menschen sich von der Begegnung mit einem leibhaftigen Schornsteinfeger eine Extraportion Glück versprechen, das erleben Juri Keberlein, sein Mitarbeiter Ralf Wettig und Azubi Simon Badent ganz besonders gegen Jahresende. "Wenn wir in der Weihnachtszeit durch die Fußgängerzone laufen, dann werden wir oft von Passanten angesprochen und auch mal gedrückt", erzählt Keberlein. Versprechen die einen sich davon Wohlergehen im neuen Jahr, so veranlasse es andere, ihr Glück im Lotto zu probieren.
Auch unterm Jahr suchten Zeitgenossen zuweilen den direkten Kontakt zu den schwarz gekleideten Männern mit den rußigen Gesichtern. "Die streicheln und tätscheln uns - in der Hoffnung auf Glück, beispielsweise bei der Führerscheinprüfung."
Und wer oder was bringt den Schornsteinfegern Glück? Nun, dafür haben sie ihren Schutzpatron, den heiligen Florian. Der schmückt das Wappen der schwarzen Zunft gemeinsam mit zwei Schultereisen - den traditionellen Werkzeugen zum Auskratzen von Kaminen - und dem klassischen Schornsteinfegerbesen.
Ergänzt wird das ganze durch das Motto der Zunft: "Einer für alle, alle für einen." Dieses Wappen schmückt nicht nur Keberleins Büro. Es ist auch auf Gürtelschnallen und Knöpfen der schwarzen Tracht zu finden, die zuweilen noch durch einen Zylinder ergänzt wird. "Den Zylinder bekam man früher, wenn man die Meisterprüfung abgelegt hatte", berichtet Keberlein. Heute dürfe man allerdings auch schon während der Lehrzeit zu bestimmten Anlässen Zylinder tragen. Apropos Lehrzeit: Was veranlasst einen jungen Menschen heutzutage, den Beruf des Schornsteinfegers zu erlernen? "Ich mag den Kontakt zu den Kunden", sagt Azubi Simon Badent. "Man sieht jeden Tag etwas Anderes, und die Höhe, die find‘ ich cool". Auch Juri Keberlein liebt seinen Beruf. "Klar, der Schmutz ist da, aber es gibt ja Seife", lacht er. "Auf jeden Fall ist jeder Schornsteinfeger abends sauber, wenn er ins Bett geht."
Was er sich fürs neue Jahr wünscht? "Eine gute Zusammenarbeit mit meinen Kunden. Und manchmal etwas mehr Verständnis für unsere Arbeit."