Der Sender der drei Ewwerbacher Saalfasnachtsvereine „Prunk TV“ sendet heute Abend Hubert Richter auf dem Ohrschberg. Fotos: Prunk TV
Von Elisabeth Murr-Brück
Eberbach. Vermissen Sie die Fasnacht? Die Kampagne, das Gedränge, das Schunkeln und den Pfefferminztee am nächsten Morgen? Und was es halt so gibt. Es muss nicht alles schlecht sein, wenn man die närrische Zeit auf dem Sofa verbringt, mit maximal einer Person aus einem anderen Haushalt. Vorschlag: Gulaschsuppe kochen, Bier kalt stellen, Bildschirm einschalten und sich zurückbeamen lassen ins Jahr Null v. C., vor Corona, in die Prunksitzung der KG Kuckuck vom 8. Februar 2020, wo Hubert Richter zum ersten Mal im Song seine Sicht auf "Ewwerbach vun owwe" unters Volk gebracht hat, der Rap mit dem Potenzial zur inoffiziellen Eberbach-Hymne.
Hubert Richter und Eberbach, Hubert Richter und der Ohrschberg, der Turm, das ist eine Verbindung wie Sonne und Mond, wie Kochkäs’ und Schwarzbrot, wie Batman und Robin. Seine "Turmtreffs" im Sommer sind für Einheimische so interessant wie für Touristen. Von hier oben hat er, der hauptberufliche Förster, seinen Wald im Blick und sein Eberbach. "Do bin isch zu Haus", da kennt er sich aus wie kaum einer. Wenn das Herz voll ist, geht bekanntlich der Mund über, Hubert Richter arbeitet gern mit Sprache, mag mit ihr spielen. Mit Dialekt geht das besonders gut, sagt er, durch die offene Form sei man weniger festgelegt.
Der Sender der drei Ewwerbacher Saalfasnachtsvereine „Prunk TV“ sendet heute Abend Hubert Richter auf dem Ohrschberg. Fotos: Prunk TVDas hat bekanntlich schon Goethe gern mal praktiziert. Hubert Richter hat, was ihm so durch den Kopf ging, versuchsweise in die Form einer Fasnachtsrede gebracht. Frau Claudia findet es gut und meint, dass sich die Verantwortlichen der KG Kuckuck das doch mal anhören sollen. Die sind gleichfalls angetan und wollen den Sketch ins Programm für die kommende Saison aufnehmen, Hubert Richter soll ihn selber vortragen. Der ist da schon vieles, aber noch kein praktizierender Fasnachter. Von Natur aus sei er "keine Rampensau", sagt er, keiner, der sich in den Vordergrund spielt. Aber er nimmt Herausforderungen an, erschafft sein Alter Ego, den Turmwächter mit dem Outfit in schwarz-orange: "Irgendwas zwischen kommunalem Arbeiter und Ordnungshüter", mit Funkgerät und Taschenlampe wird es sein Markenzeichen.
Gute zehn Minuten dauert der erste Auftritt 2019 und Hubert Richter stellt fest: Irgendwie macht ihm das Spaß. Im Jahr darauf will er noch eins draufsetzen, mit einem Song als Gag. "So richtig musikalisch bin ich eigentlich nicht", sagt er. Mit seinem Freund Sahin Hacikoglu ("ich wusste, der versteht was von Musik") bastelt er den Rap, der zum Dauerbrenner werden sollte. Obwohl noch keiner das Lied kannte, springt das Publikum spontan drauf an, geht mit, klatscht mit. Wie alles, was Hubert Richter anpackt, wird der Rap ein Renner. Auf YouTube schießen die Clicks nach oben, Radio und Fernsehen kommen zum Duo, das sich jetzt "Turmwächter & Turmfalke" nennt.
Fünf Songs hat das Duo bis jetzt produziert, das sechste wird demnächst erscheinen. Sie greifen auf, was in und um Eberbach ein Thema ist oder sein könnte, Corona und Klopapier, Beziehungsratgeber mit alltagspraktischen Tipps.
Prunk-TV macht einen eigenen Clip mit ihm, Richters Bedingung: Gedreht wird nur auf dem Turm. Da gibt es zwar keinen Teleprompter, von dem er den Text ablesen könnte, "aber das ist im Saal ja auch nicht anders", dort kann man nicht mal was rausschneiden. Verbabbelt hat er sich nicht bei der Premiere von "Ewwerbach vun owwe" auf der Prunksitzung im vergangenen Jahr.
Den Live-Mitschnitt zeigt Prunk-TV am heutigen Montag um 19.30; zeitgleich zu sehen auf dem Kanal von "Turmwächter&Turmfalke".
Für die Dauer der Sendung kann man im Wohnzimmer das alte Leben zurück haben. Zwei Dinge sind dabei sicher: gute Unterhaltung und der Führerschein.