"Sich selbst im Film zu sehen, ist komisch"
Von Anthea Fischer
Walldürn. Ein Film, der sich von den meisten Hollywood-Kinoerfolgen abhebt, erwartete die knapp 90 Besucher der Walldürner "Löwenlichtspiele" am Mittwochabend bei der Sondervorstellung von "Sandstern". Nicht gerade alltäglich, aber dennoch allgegenwärtig sind die Themen, die der Film anspricht, zudem wurden sie auf eine neue Art miteinander verflochten.
Es geht nicht nur um die schwierige Situation eines jungen Türken, Oktay, der mit zwölf Jahren zu seinen Eltern zurückkehrt, die ihm, so wie Deutschland, völlig fremd sind, sondern auch um den Umgang mit Ausländern in den 80er Jahren. Aber auch das Thema der Selbstfindung- und Selbstbehauptung sowie diverse Verlusterfahrungen werden angesprochen. Nicht zuletzt erhält man auch einen Einblick in das Leben mit behinderten Kindern. Der Film hat seine Höhen und Tiefen. Aber es gibt nicht nur zahlreiche traurige Szenen, sondern auch immer wieder Lichtblicke: Denn bei all den Schwierigkeiten und Herausforderungen, die der junge Oktay zu meistern hat, begegnet er auch Menschen, die wie ein Stern sein Leben erhellen.
Dazu gehören neben Anna, einer Oma, die im selben Haus wohnt, auch eine Italienerin aus seiner Schule und später einige der behinderten Kinder und Jugendlichen aus dem Heim, in dem er am Schluss lebt. Vor allem die Szenen mit den Heranwachsenden, die die unterschiedlichsten körperlichen Behinderungen haben, sind besonders authentisch. Das schaffte Regisseur Yilmaz Arslan, indem er Kinder castete, die tatsächlich diese Behinderungen haben und daher nichts vorspielen müssen. Zudem bemühte sich Arslan, alles so realistisch wie möglich darzustellen. Am Set ging er auf die Bedürfnisse und Wünsche der jungen Schauspieler ein, verrät Karina Walter, deren Tochter im Film als Komparsin mitwirkte.
Amelie Walter, eine Buchener Realschülerin, die einige Szenen im Film schauspielerisch mitgestalten durfte, stand den zahlreich erschienenen Besuchern im Kino nach dem Abspann für einen Austausch zur Verfügung. Geduldig und fröhlich beantwortete sie wie ein kleiner, geübter Star die vielen Fragen zum Set, zum Film und zu ihrer eigenen Person. Die Aufregung merkte man ihr dabei kaum an - eben ganz der Profi, der schon vor der Kamera stand.
"Mir hat das Drehen viel Spaß gemacht und ich würde es auf jeden Fall nochmal machen", erzählte Amelie Walter freudestrahlend. Was sie jedoch nicht erwartet hätte, ist, dass viele Szenen nicht nur ein- oder zweimal, sondern teilweise mehr als zehnmal gedreht werden mussten. Trotzdem habe ihr alles Spaß gemacht. Auch die Stimmung am Set sei gut gewesen. "Klar war es auch manchmal anstrengend, vor allem wenn wir eine Szene schon mehrmals gedreht hatten und dann Yilmaz Arslan plötzlich eine Idee kam, wie man das Ganze neu gestalten kann", plauderte die Realschülerin aus dem Nähkästchen.
Ein Kinobesucher interessierte sich dafür, wie sie zu dieser Rolle gekommen sei. Daraufhin erklärte Amelie, dass sie in der RNZ gelesen hatte, dass der Regisseur Komparsen suche, woraufhin sie sich bewarb und dann auch gecastet wurde. Auch weitere Kinder mit Behinderungen aus der Region sind so Teil des Filmteams geworden.
"Wurde euch der Inhalt des Films vorab erklärt?", fragte eine Besucherin. Dies verneinte die junge Komparsin und fügte hinzu, dass jeweils vor den Szenen die einzelnen Details besprochen wurden. Der Junge, der Oktay gespielt habe, hätte sicherlich eine ausführlichere Erklärung zum Film bekommen, aber sie als Komparsin sei nur bei einigen Szenen dabei gewesen, auch wenn von diesen zwei rausgeschnitten wurden. Das erste Mal habe sie den Film bei der Premiere in Mannheim letztes Jahr im November gesehen. Wenn man die Handlung nicht kenne, reagiere man schon traurig, aber beim wiederholten Schauen kämen auch andere Emotionen, so Amelie.
Interessant war auch die Antwort auf die Frage, ob sie Filme nun mit einem anderen Auge sähe: "Schon ein wenig, ja. Beim Dreh ist vieles anders und durch den Schnitt wird auch vieles beeinflusst. Außerdem weiß ich jetzt, dass es viele verschiedene Arten des Films gibt und je nachdem, welche Szenen verwendet werden und wie sie geschnitten werden, ein etwas anderer Film entsteht."
Ihre Lieblingsszene sei die, bei der sie ein Engelskostüm (die Szene spielt an Fastnacht) trage und mit Oktay und zwei weiteren im Aufzug stehe - auch vor dem Hintergrund, dass ursprünglich geplant war, dass sie lediglich in der Ecke stehe, doch dann der Regisseur auf ihren Wunsch einging, ebenfalls in der Szene mitzuwirken. "Am Anfang ist die Vorstellung, sich im Film zu sehen, etwas komisch, aber jetzt, da ich mich auf der Leinwand sehe, bin ich schon ein wenig stolz", verriet Amelie Walter, woraufhin die Kinobesucher laut applaudierten.