Weinheim

Viele Kinder sind von Armut bedroht

Dies wurde bei der Vorstellung des Jahresberichts 2020 des Kinderförderfonds deutlich.

20.08.2021 UPDATE: 21.08.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden
Sie setzen sich mit viele Engagement für den Kinderförderfonds ein (v.l.): Verena Mayer, Hansjörg Rapp, Oberbürgermeister Manuel Just, Heddesheims Bürgermeister Michael Kessler und Klaus Rapp. Foto: Kreutzer

Weinheim. (keke) Nach wie vor überschattet Armut den Alltag von mehr als einem Fünftel aller Heranwachsenden in Deutschland. Das sind 20,5 Prozent oder 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die oft über viele Jahre ihrer Kindheit hinweg von Armut bedroht sind. Damit verbunden sind erhebliche Folgen für das Aufwachsen, die Bildung und ihre Zukunftschancen. Hansjörg Rapp vom Diakonischen Werk im Rhein-Neckar-Kreis und Verena Mayer vom Caritasverband Weinheim nahmen bei der Vorstellung des Jahresberichts 2020 des Kinderförderfonds Neckar-Bergstraße gegenüber den beiden Schirmherren des Kinderförderfonds, Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just und Heddesheims Bürgermeister Michael Kessler, kein Blatt vor den Mund.

Weil die staatlichen Hilfen für viele Kinder und Jugendliche oft nicht ausreichend sind, war der Kinderförderfonds vor 13 Jahren ins Leben gerufen worden. In all den Jahren habe er nichts von seiner Wichtigkeit und Existenzberechtigung verloren, verdeutlichte Hemsbachs Pfarrer Klaus Rapp. Zumal auch die Corona-Pandemie den Heranwachsenden schwer zusetzte. Kitas und Schulen blieben über Monate ganz oder teilweise geschlossen. Unterricht und Betreuung fanden vorrangig zu Hause statt. Der Kontakt zu Lehrern und Erziehern fiel oft ebenso weg wie Begegnungen mit Gleichaltrigen und Freunden. "Die Pandemie hat viele der Jüngsten in ihrer persönlichen Entwicklung und beim Lernfortschritt zurückgeworfen", war man sich in der Runde einig: "Kinderarmut reduziert die Chancen für das weitere Leben".

Noch bis Mitte des vergangenen Jahres waren die Befürchtungen aufseiten von Just und Kessler groß gewesen, dass wegen der Pandemie weniger Spendengelder eingehen könnten. Finanziert sich der Kinderförderfonds doch nicht nur aus privaten Spenden, sondern auch durch das, was durch öffentlichkeitswirksame Aktionen und Projekte von Organisationen, Schulen und Vereinen zusammenkommt. "Und die hatten im Berichtsjahr kaum Gelegenheit, durch Benefizveranstaltungen zu Geld zu kommen".

Ein "besonders leuchtendes Beispiel" hatte Pfarrer Klaus Rapp zur Hand. So hatte einer seiner Ministranten mitbekommen, dass einer seiner Freunde sich etwas nicht leisten konnte. Der "Hemsbacher Mini" organisierte auf eigene Faust eine Spendenaktion und hatte damit durchschlagenden Erfolg. "Kinder sind wichtige Multiplikatoren und setzen sich für andere ein", lobte Rapp.

"Mit großem Wohlwollen", so Just, habe man festgestellt, dass das Spendenaufkommen in Höhe von rund 58.122 Euro keinen Einbruch erlebte und zumindest eine "Seitwärtsbewegung" verzeichnete. 57.400 Euro wurden dazu verwendet, Heranwachsende aus den angeschlossenen Kommunen Dossenheim (19), Edingen-Neckarhausen (16), Heddesheim (37), Hemsbach (28), Hirschberg (11), Ilvesheim (7), Ladenburg (20), Laudenbach (11), Schriesheim (25) sowie Weinheim und seine Ortsteile (186) zu unterstützen. 84 Beihilfen wurden an Familien vergeben, die in den letzten Jahren nach Deutschland geflüchtet sind.

"Alle Anfragen fanden ihren Weg und ihr Ziel", so Rapps positives Fazit. 488 der beantragten Fördermaßnahmen, in erster Linie für Schulbedarf (91 Anträge) wie mobile Endgeräte, konnten bewilligt werden. Unbürokratische Unterstützung und schnelle Hilfe gab es aber auch in Sachen Sport (52), wie die Übernahme von Vereinsbeiträgen, für Freizeitaktivitäten (76), Kleidung (56), Möbel (72), Kinderbetreuung sowie für medizinische Maßnahmen (22). Allerdings zeigte sich erneut, dass die Inanspruchnahme des Kinderförderfonds abnimmt, je weiter die Gemeinden von Weinheim entfernt liegen. "Je länger und auch schwieriger der Weg zu den Beratungsstellen, desto geringer wird die Inanspruchnahme", bedauerte Rapp auch in seiner Eigenschaft als stellvertretender Verbandsgeschäftsführer der Diakonie. Eine wichtige Aufgabe bleibe es daher, den Kinderförderfonds auch in den Gemeinden am Rande des Einzugsgebiets des Fonds noch stärker bekannt zu machen. Dabei geht es sowohl um die Bekanntheit der Fördermöglichkeiten als auch um die Bekanntheit des Spendenprojekts.

Was die Lebensformen der unterstützten Familien betrifft, waren 150 der Antragsteller Alleinerziehende. 206 Anträge kamen aus Ehen oder Lebensgemeinschaften, vier von Eltern oder Bekannten. Auch hier zeigt sich wie schon in den Vorjahren, dass Kinder in Familien mit nur einem Elternteil überproportional von Armut betroffen sind. Rapp: "Kinder- und Jugendarmut ist auch Familienarmut und muss daher immer im Zusammenhang mit der Situation der Familie betrachtet werden. Kinder und Jugendliche können nichts dafür, wenn sie in armen Verhältnissen aufwachsen. Sie trifft keine Schuld!"

Gleichzeitig hätten sie auch keine Möglichkeiten, sich selbst aus ihrer Armut zu befreien. "Die Tatsache, dass auch in Pandemie-Zeiten genügend viele Spender erreicht werden, der Fonds darüber hinaus durch ein breites Netzwerk von zivilgesellschaftlichen Akteuren mitgetragen wird, als auch die Notwendigkeit der Unterstützung und die anhaltende Nachfrage nach Beihilfen, bestätigt uns darin, mit diesem Projekt auch weiterhin einen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe und zum Wohlbefinden der Kinder in der Region zu leisten", so Rapp in seinem Ausblick. Für OB Manuel Just Anlass, nicht nur ein "Dankeschön" an Diakonie und Caritas für deren Engagement und unbürokratisches Tun zu sagen, sondern zusätzlich auch Grund, "um den nötigen Schwung zu holen" für das 2023 anstehende 15-jährige Jubiläum des Kinderförderfonds Neckar-Bergstraße.

Info: Spendenkonto: Diakonisches Werk, Kinderförderfonds Neckar Bergstraße, IBAN: DE 80.6709  2300.0005  4066 09; BIC: GENODE61WNM.

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