Die Hirschberger Kulturreihe „Schlemmer-Kino“ gewinnt die Besucherherzen auch in der Improvisation, dem coronabedingten „Schlemmen ohne Kino“. Foto: Kreuzer
Von Marco Partner
Hirschberg-Leutershausen. "Nun Freunde, lasst es mich einmal sagen. Gut, wieder hier zu sein, gut euch zu sehen." Passend, mit den Zeilen des Liedermachers Hannes Wader eröffnet die Freddy Wonder Combo das "Schlemmen ohne Kino". Von einem reichlich gedeckten Tisch aus genießen die Zuhörer das ins Freie verlegte Programm der Hirschberger Kulturreihe "Schlemmerkino". Eher aus der Not heraus hat der Verein "Verbindung kultureller Genüsse" das Open-Air-Experiment gewagt. Und es ist geglückt: Es ist ein dreitägiger Festschmaus auf dem Weingut Teutsch. Mit kulinarischen Leckerbissen und einem musikalischen Verwöhn-Aroma, das von Antipasti bis Zucchero reicht.
Die Freude, nach viermonatiger Abstinenz endlich wieder live vor Publikum zu spielen, ist Freddy Wonder anzusehen. "Das ist wie ein Geschenk, und so schön, dass es ausgerechnet mit dem Schlemmer-Publikum beginnt", freut er sich. Als einstimmendes Horsd’œuvre inmitten des mediterranen Ambiente spielt die Band am Freitag zur Begrüßung gleich Lieder wie "La Mer" von Charles Trenet oder den italienischen Klassiker "Domenica". Urlaubsfeeling kommt auch beim Dinner auf: Die Platten sind gefüllt mit Artischocken, Oliven und getrockneten Tomaten, gefolgt von einem Caprese mit köstlichem Büffelmozzarella.
Das ins Freie verlegte Programm freute sowohl die Freddy Wonder Combo auf der Bühne als auch deren Zuhörer. Foto: KreuzerDas Leben in vollen Zügen genießen, bei einer üppigen Auswahl an Speis, Trank und kultureller Kost. Das war auch das Ansinnen der Veranstalter. "Genau so haben wir uns das vorgestellt. Die Leute kommen raus, genießen die entspannte Atmosphäre, und können sich frei fühlen", sagt Monika Erdmann vom gleichnamigen Café.
Bei all den ausgefallenen Veranstaltungen wollte man den Menschen endlich wieder ein Event ermöglichen. "In der normalen Alltagsroutine hätten wir das wohl nie umgesetzt, da wäre gar keine Zeit dafür gewesen", betont sie. Zeit nehmen sich hingegen die Musiker. Keyboarder Michael Quast überrascht mit einer hingebungsvollen "Ich brech die Herzen der stolzesten Frauen"-Interpretation von Heinz Rühmann. Bassist Gigu Neutsch schlüpft bei "Azzuro" in die Rolle von Adriano Celentano. Und Kai Häfner liefert am Saxofon eine Offenbach’sche "Barcarole"-Variante zum Dahinschmelzen.
Dabei ist der Hauptgang noch gar nicht serviert. Den Kalbsrücken am Stück mit Gnocchi und gebackenen Auberginen lassen sich die Gäste munden, während die blutorangene Sonne nicht in Capri, dafür aber irgendwo in Rheinhessen versinkt. Abgerundet wird das Galadiner durch ein feines Tiramisu. Am Samstag sorgt das italienische "Lipari Acoustic Duo" für das gewisse Dolce-Vita Lebensgefühl. Als "Entertainer" erweist sich Gastgeber Johannes Teutsch. Die Weinprobe wird mit heiteren Anekdoten, einem Schwank aus dem Winzerleben angereichert. Was er von den Reben und den eigenwilligen Charaktereigenschaften von Grauburgunder und Co. gelernt hat? "Sorgenfreier zu leben, nicht alles beeinflussen zu können", erklärt er. Eine Botschaft, die auch für den Schlemmer-Abend gilt. Als Bonmot dichtet Freddy Wonder kurzerhand Rod Stewart‘s "I am Sailing" in "I brauch Riesling" um.
Über 300 Besucher folgen an den drei Abenden der Veranstaltung. So auch Beate Crisand aus Leutershausen. "Es ist ein wunderbares Ambiente, mit schöner Musik und hervorragendem Essen", lobt sie. Die Location habe Wiederholungspotenzial, erklärt sie, und macht gleich einen Vorschlag: eine Leinwand für ein Open-Air-Kino. "Ihr könnt auch ohne Kino", ruft passenderweise ein Besucher. Dennoch werde man sobald wie möglich wieder im "Olympia" Quartier beziehen. Ob aus dem Experiment eine Tradition wird? "Abwarten", sagt Erdmann. Und doch: Es geht vieles, wenn man kreativ ist. Auf seine Weise hat das Schlemmer-Team sein eigenes, kleines Sommermärchen geschrieben.