Von Marco Partner
Hirschberg. Er steht für Wachstum und Entwicklung. Von der Schreinerei zum Musterhaus, vom Maschinenbauer bis zur Medizintechnikproduktion, Tradition und Innovation geben sich hier die Hand. Seit nun fast zwei Dekaden existiert der Hirschberger Gewerbepark, nun sorgt seine geplante Erweiterung für mächtig Diskussionsstoff. Am 14. März mündet die Debatte um den möglichen Ausbau in einen Bürgerentscheid. Dem Potenzial von zehn Hektar mehr Gewerbefläche stehen die Sorgen um wertvolle Bodenverluste seitens der Bürgerinitiative entgegen. Wie aber sehen eigentlich die hiesigen Gewerbetreibenden die Situation, wie groß wäre für sie der Bedarf einer Vergrößerung vor Ort?
Insgesamt 25 Unternehmen wurden bei einer Stichprobe befragt. Mit zehn Firmen kam letztlich ein Gespräch zustande. Und die Umfrage zeigt: Vier der interviewten Gewerbetreibenden würden sich gerne in Hirschberg vergrößern. Nimmt man noch Goldbeck Solar hinzu, die bereits offen über Vergrößerungswünsche sprachen, wären es sogar schon fünf.
Uwe Seiler von „Seiler & Klimpel Communication“ begrüßt die geplante Erweiterung. Foto: KreutzerAls eines der ersten Unternehmen hatte sich der Telekommunikationsanbieter "Seiler & Klimpel Communication" (SKC) Anfang der 2000er im Gewerbepark angesiedelt. Aktuell sind die IT-ler aufgrund von Homeoffice und Co. natürlich sehr gefragt, aber das wird sich auch nach dem Lockdown und einer erhofften Zeit nach Corona nicht gravierend ändern. Doch auch die ortsunabhängige Digitalisierung braucht physischen Platz. "Wir wären generell an einer Vergrößerung unseres Unternehmens interessiert, und begrüßen deshalb die geplante Erweiterung des Gewerbeparks", sagt Nico Seiler, Sohn des Geschäftsführers Uwe Seiler.
Erst kürzlich wurde auf dem eigenen Grundstück eine neue Halle gebaut. "Der Platz ist noch in Ordnung, aber es wird langsam eng", wäre man einer Standortvergrößerung mit zweitem Standbein weiter südlich nicht abgeneigt.
Zu den Gewerbepark-Pionieren zählt auch der Medizinhersteller CPM. Namensgeber und Alleingesellschafter Claus-Peter Maier startete anno 2000 im Odenwald mit nur einer einzigen Maschine. 2004 erfolgte der Umzug nach Hirschberg, inzwischen ist das Unternehmen auf 100 Mitarbeiter gewachsen, mit einer Mutter- und vier Tochtergesellschaften (Precision, Deltaturn, Nanolize und Diagnostics), die allesamt im Rott vertreten sind. Im Jahr 2008 wurde zuletzt in eine neue Fläche investiert, eine neue Halle auf eigenem Gelände sei in Planung, und solle in den nächsten zwei bis drei Jahren verwirklicht werden. "Aber danach sind die Kapazitäten erschöpft, eine Erweiterung wäre daher sehr interessant für uns", sagt CPM-Precison-Geschäftsführer Christian Kick.
Wie Claus-Peter Maier stammt er gebürtig aus Ladenburg – und erinnert, warum man sich damals pro Hirschberg und nicht für das damals ebenfalls neu erschlossene Gewerbegebiet in der Römerstadt entschied: "Die Hirschberger waren flexibler, günstiger und einfach gesprächsbereiter", erklärt Kick. Dass es bei der nun geplanten Erweiterung Gegenstimmen gibt, könne er verstehen. "Aus unserer Sicht aber ist es ein perfekter Standort. Die Kunden schätzen die Lage, das ist ein Riesenvorteil. Man ist von der A5 direkt im Gewerbegebiet, und ist auch gut an die Flughäfen in Frankfurt und Stuttgart angebunden. Den Standortwechsel von damals haben wir jedenfalls nie bereut", betont Kick.
Eine eventuelle Vergrößerung schließen andere nicht aus: "Bei entsprechendem Wachstum kann sich der Bedarf nach zusätzlicher Fläche ergeben. In einem solchen Fall wird man die zur Verfügung stehenden Optionen prüfen", teilt Ulrike Reich vom Automobil-Ersatzteil-Zulieferer Corteco mit.
Aufgrund der guten Lage haben sich auch Logistikunternehmen im Gewerbepark angesiedelt. Wie Comepack, das sich auf Mehrwegbehälter spezialisiert hat. "Es passt hier in jedem Fall, aber wir würden uns nicht vergrößern, auch aufgrund der ungewissen Corona-Situation", sagt die kaufmännische Angestellte Angelika Gordillo.
Ähnlich sieht es bei den Elektrotechnikern von HFGL aus: "Wir sind zufrieden und wollen nicht expandieren", so eine Mitarbeiterin. Zwei neue Musterhäuser sind bei Viebrock geplant, allerdings im eigenen Schaupark. "Wir wollen unsere Fläche gut ausnutzen, uns aber nicht weiter vergrößern", verrät Regionalleiter Guido Attabra. Auch bei den Gartenmöbelausstellern von Schmidt-Ambiente ist keine Vergrößerung vorgesehen. "Die angedachte Erweiterung empfinden wir aber positiv und freuen uns über neue Unternehmen in unserer Umgebung", verrät Mitarbeiter Dennis Atali.
Wie schwierig es teilweise ist, überhaupt eine geeignete Gewerbefläche zu finden, davon kann Jochen Lehmann ein Liedchen singen. Mit der Blechfee - einem Ein-Mann-Karosseriebetrieb mit Sonderanfertigungen für Bikes und Co. - hat er sich erst im Oktober in einer ehemaligen Kfz-Werkstatt eingerichtet. "Zuvor war ich ganze vier Jahre auf der Suche. Als kleines Unternehmen ist es schwierig, ein Grundstück zu finden, das von der Größe und preislich passt. Viele Gemeinden wollen keinen Ein-Mann-Betrieb, das bringt nicht so viele Gewerbesteuereinnahmen", zeigt er auf.
In die Debatte rund um den Bürgerentscheid sei er noch nicht eingestiegen. "Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen: Gewerbeflächen sind begehrt. Wenn sich dort zum Beispiel Familienbetriebe erweitern, ist das eine super Sache. In Ketsch aber wurde ein großes Logistikzentrum gebaut und war kurz darauf pleite, jetzt steht dort eine Riesenhalle leer. Sinnvoller wäre es, von Anfang an kleinteilige Gewerbeflächen zu vergeben", findet Lehmann.
Eines der vielen Unternehmen, die klein begannen und stetig wachsen, sind die Jumag Dampferzeuger. "Wir hätten durchaus Interesse an einer Erweiterung, mittelfristig werden wir etwas suchen, da wäre es natürlich am besten, am eigenen Standort bleiben zu können", sagt Geschäftsführer Martin Freudenberg. Die geplante Fläche würde schließlich direkt an das Grundstück angrenzen.
Michael Riffel von „Rifcon“ sucht händeringend nach neuer Fläche. Foto: Kreutzer"Wir suchen händeringend neue Fläche", erklärt auch Rifcon-Gründer Michael Riffel. 200 Wissenschaftler aus 20 Nationen arbeiten bei dem auf Nachhaltigkeit und Artenschutz spezialisierten Unternehmen. Und eigentlich sind Umweltberater auch ausgewiesene Experten für die Erschließung möglichst ökologischer Gewerbegebiete. "Aber wir wurden lange nicht gefragt, erst jetzt hatten wir erste Gespräche mit dem Bürgermeister", verrät Riffel.
Auch mit der Bürgerinitiative würde er sich gerne an einen Runden Tisch setzen. Denn bei der Debatte um Gewerbegebiet versus landwirtschaftliche Fläche gebe es oftmals nur Schwarz und Weiß. "Es wird vom Flächenfraß auf Kosten von Natur und Klima gesprochen, aber es wird auch manchmal der Regenwald hereininterpretiert. Letztlich reden wir von einem Acker, wo eine Monokultur auf Kosten aller anderen gepflanzt wird, meist mit Glyphosat und Pestiziden, das ist auch nicht das natürliche Ökoparadies", betont er.
Bei einem ökologisch sinnvoll angelegten Betrieb mit Wildbeeten und ähnlichem könne die Biodiversität sogar höher sein. Aber die von der Bürgerinitiative angestoßene Debatte habe unabhängig vom Bürgerentscheid auch ihr Gutes. "Es fragen plötzlich Firmen bei uns an, zum Beispiel aus der Logistik, wie man die Anlage ökologischer gestalten kann. Das hat erst die Diskussion angefacht", so Riffel.