Auch Gewerbetreibende zahlen nun rückwirkend zum 1. Januar mehr Steuern. Foto: Dorn
Von Stefan Zeeh
Hirschberg. Gleich bei seiner ersten Sitzung im neuen Jahr erhöhte der Gemeinderat Steuern. Mit großer Mehrheit – nur Matthias Dallinger und Christian Würz (beide CDU) stimmten dagegen – beschloss das Gremium am Dienstag, die Realsteuern, also die Grundsteuer A und B sowie die Gewerbesteuer, um jeweils 30 Prozentpunkte anzuheben.
Damit liegt die Grundstücksteuer A für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke in Hirschberg bei 280 von Hundert, was eine Erhöhung um zwölf Prozent bedeutet. Die Grundsteuer B, die alle Hauseigentümer betrifft, beträgt rückwirkend ab dem 1. Januar 330 von Hundert und erhöht sich damit um zehn Prozent. Für Gewerbetreibende gilt in Hirschberg ebenfalls seit Jahresbeginn ein Gewerbesteuersatz von 350 von Hundert – und somit knapp zehn Prozent mehr.
Bürgermeister Ralf Gänshirt begründete diese Steuererhöhung mit der finanziellen Lage der Gemeinde. Zwar habe sich in den letzten Wochen die finanzielle Situation, etwa durch die geringere Kreisumlage oder höhere Gewerbesteuereinnahmen etwas verbessert, aber das seien nur "Tropfen auf den heißen Stein".
So habe sich bei der Erstellung des Haushaltsplans für das laufende Jahr gezeigt, dass ein strukturelles Haushaltsdefizit von rund 634.000 Euro besteht. Darüber hinaus müsse Hirschberg in diesem Jahr Kredite in Höhe von 2,5 bis drei Millionen Euro aufnehmen. Zudem bestehe eine gesetzliche Verpflichtung, dass die Gemeinde ihre Einnahmemöglichkeiten ausschöpft, denn sonst reduzierten sich die Zahlungen aus dem Ausgleichsstock für leistungsschwache Gemeinden. "Die Erhöhung der Realsteuern ist opportun und überfordert Bürger und Gewerbetreibende nicht", fand Gänshirt. Er sah in dieser Steuererhöhung nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch eine geringe Belastung.
"Eine Anhebung der Hebesätze kommt nie gut an, aber wir müssen die Einnahmesituation verbessern", schloss sich Monika Maul-Vogt (GLH) den Ausführungen Gänshirts an. Sie verwies auf die anstehenden Großprojekte wie den Neubau des evangelischen Kindergartens in Leutershausen.
Darüber hinaus seien zukünftig weitere Großprojekte wie die Sanierung der Sporthallen zu finanzieren. Im Vergleich mit den Gemeinden im benachbarten Bundesland Hessen seien die Hebesätze für die Grundsteuern in Hirschberg aber immer noch sehr gering. So würde in einigen hessischen Kommunen der Hebesatz für die Grundsteuern sogar bei 800 bis 1000 von Hundert liegen, wusste Maul-Vogt.
"Zwei Herzen schlagen in meiner Brust", gab Eva-Marie Pfefferle zu. Denn als Mitglied der SPD sah sie durchaus die Probleme, die mit einer Steuererhöhung verbunden sind. Allerdings bleibe ihr als Gemeinderätin angesichts der finanziellen Lage der Gemeinde keine andere Wahl als zuzustimmen. Zudem kämen die Steuererhöhungen allen Bürgern zugute, da damit die Infrastruktur in der Gemeinde verbessert werde.
"Ihre Entscheidung ist mutig, ob sie weise ist, wird sich zeigen", wandte sich Christian Würz (CDU) direkt an Gänshirt. Er schätzte die Situation ganz anders ein als Hirschbergs Bürgermeister. "Ein strukturelles Defizit sehe ich so nicht", sagte Würz. Zudem sei ein positiver Verlauf der Wirtschaftsleistung in Deutschland für dieses Jahr etwa vom Institut für Wirtschaftsforschung München vorhergesagt worden. Daher sei davon auszugehen, dass die Gewerbesteuereinnahmen in diesem Jahr wieder ansteigen werden.
Thomas Götz (CDU) argumentierte anders als sein Fraktionskollege Würz und verwies unter anderem auf die Finanzierung der anstehenden Großprojekte. Die Anhebung um 30 Prozentpunkte sah er als "moderat und zumutbar" an.
"Eine Steuererhöhung ist nicht schön", befand Alexander May (Freie Wähler), jedoch gleiche man damit nur die kumulierte Inflationsrate der letzten Jahre aus. "Wir haben in den letzten Jahren das Notwendige vom Wünschenswerten getrennt", betonte Oliver Reisig (FDP). Er wies darauf hin, dass der Gemeinderat in den vergangenen Jahren durchaus verantwortungsbewusst gewirtschaftet habe. Das reiche nun aber nicht mehr aus.
Der Vorsitzende des Bundes der Selbstständigen (BDS) Leutershausen, Andreas Well, zeigte sich überrascht von der Gewerbesteuererhöhung. "Bei der letzten Erhöhung wurden die beiden BDS-Vorsitzenden in Hirschberg von Bürgermeister Manuel Just vorab informiert", erinnerte er sich im Gespräch mit der RNZ. Die Ansiedlung kleiner Gewerbebetriebe in den Ortsmitten würde mit dieser Anhebung der Realsteuern nicht gefördert. Zudem sei damit die Erweiterung des Hirschberger Gewerbegebiets erst einmal vom Tisch, so Well, da sich dort niemand mehr niederlassen wolle, denn im benachbarten Heddesheimer Gewerbegebiet ist die Gewerbesteuer geringer.