Isam Yasim stellte sich am Dienstagmorgen mit einem Schild vor das Edinger Rathaus, um gegen eine, wie er sagt, „Abzocke“ seitens der Gemeinde zu protestieren. Foto: Pilz
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Demonstrationen hat es vor dem Rathaus in Edingen durchaus schon gegeben: fürs Klima, für eine neue Kita oder auch gegen eine neue Kita. Aber eine Ein-Mann-Demo, das war am Dienstagmorgen dann doch neu. Isam Yasim hatte sich mit einem Plakat vor die Eingangstür gestellt, um gegen eine, wie er behauptet, "Abzocke" seitens der Gemeinde zu demonstrieren.
Zum Hintergrund: Yasim kam 1985 aus dem Irak als Flüchtling nach Deutschland und nach Edingen-Neckarhausen. Seit 2001 wohnt er in einer gemeindeeigenen Wohnung mit 160 Quadratmetern Fläche im Bauhof in Edingen. Das Backsteingebäude stammt von 1900 und ist, das sagt auch Bürgermeister Simon Michler ganz offen, "nicht Weltklasse isoliert". Das heißt, die Heizkosten sind nicht gering.
Vor einigen Jahren stellte die Gemeinde dort von Gas- auf Holzpelletheizung um. "Es gab keine Probleme – bis 2016", sagt Yasim. Da habe er noch 200 Euro Guthaben bei den Heizkosten gehabt, doch in den Folgejahren stiegen sie von einer ersten Nachzahlung in Höhe von 200 Euro auf 727 Euro und dann auf 906 Euro. Zugleich sollte er monatlich statt 190 Euro dann 290 Euro Heizkosten bezahlen.
Er beklagte sich im Rathaus. Dort habe er zur Antwort bekommen, die Wohnung sei eben groß, die Heizkosten daher hoch. "Sie ist aber seit dem Jahr 1900 nicht größer geworden", sagt Yasim. Er habe sich geärgert und dann einen Anwalt eingeschaltet, schildert er. Der habe die marktüblichen Preise für Holzpellets mit den Abrechnungen verglichen und sei zur Erkenntnis gelangt, dass diese statt mit fünf Cent mit elf Cent angesetzt waren. Das ergab letztlich ein Guthaben zugunsten Yasims. "Einen Fehler macht man einmal, nicht dreimal", findet der Kfz-Werkstattmeister Yasim.
Während seiner Demonstration kam auch Bürgermeister Michler vors Rathaus und fragte bei Yasim nach, was denn los sei. Auf dessen Vorhalt entgegnete Michler, es sei doch alles beglichen. Der Verwaltung, zuständig für die Abrechnung der Nebenkosten aller 50 Wohnungen nebst Flüchtlingsunterkünften, tue dieser Fehler sehr leid. "Einfach leidtun, das hilft mir nicht", gab Yasim zurück.
"Fehler passieren nun mal", meinte Michler und zählte die Vorteile von Yasims Unterkunft auf: große Wohnung, Feldrandlage, schöner Garten. Zudem liege der Mietpreis unter dem des sozialen Wohnungsbaus: "In der Summe ein Super-Preis." Es sei richtig, dass man das Gebäude nicht "luxussanieren" könne, doch die Kommune investiere immer wieder. Zuletzt in neue Fenster und in einen neuen Boden für die obere Wohnung, weil es von dort aus sehr laut im Haus wurde. Beschwerden gebe es immer mal wieder, meinte Michler. Tatsächlich ist Yasims Demonstration ein Beispiel dafür, wie kompliziert es für die Verwaltung ist, langjährige Mieter mit der gesetzlich verankerten Pflicht zur Unterbringung von Obdachlosen und Asylbewerbern unter einen Hut zu bringen.
Den Abrechnungsfehler nahm die Verwaltung ohne Wenn und Aber auf ihre Kappe. Passiert sei das beim komplizierten Umrechnungsverfahren vom Kilopreis für Holzpellets auf den Verbrauch in Kilowattstunden, erklärte die Verwaltung der RNZ auf Anfrage. Die Holzpelletheizung versorge den Bauhof, die Wohnungen darüber und eben auch das Nachbargebäude, in dem Isam Yasim, seine Frau und vier Töchter wohnen. Dastan, mit 28 Jahren die älteste Tochter, ist die Nachrückerin für Marion Miltz-Savidis im Gemeinderat in der Fraktion der Linken.
Der Fehler bei der Abrechnung sei leider passiert, kam es bedauernd aus dem Rathaus. Doch habe man das Guthaben des Mieters sofort beglichen, die Anwaltskosten übernommen und sich persönlich bei Isam Yasim entschuldigt. Mehr könne man nicht tun.