Eigentlich hatte Erich Lindenthal am 22. Dezember 1991 frei. Mit seiner Familie wollte der Leiter des Einsatzzuges der Heidelberger Polizei den Sonntag auf dem Weihnachtsmarkt verbringen. "Aber schon auf der Autobahn habe ich im Radio von dem Absturz gehört." Also stieg Lindenthal am Revier aus.
Gegen 15 Uhr sei er mit seinem Team auf an der Unglücksstelle angekommen, wo sich ein grausiger Anblick bot: "Die Leichen lagen breit verstreut. Das habe ich so nie gesehen." Die ganze Nacht blieben Lindenthal und sein Team vor Ort, sicherten die Absturzstelle, hielten Schaulustige fern. "Für mich war das eine der kältesten Nächte, die ich je erlebt habe."
Aber auch danach ließ dieser Arbeitstag den Polizisten nicht los: "Ich habe die Bilder an den Weihnachtstagen immer wieder wie einen Film vor meinen Augen gehabt, habe immer wieder Leichenteile gesehen", so Lindenthal - gelegentlich passiere das auch heute noch. "Später hat sich gezeigt, dass es vielen Kollegen ähnlich ging. Keiner hatte richtig Freude an Weihnachten."
Der Polizist, der in zwei Wochen als Eberbacher Revierleiter in Ruhestand geht, hat zudem seit diesem Tag kein Flugzeug mehr betreten. "Ich hatte vorher schon wenig Interesse daran, aber die Eindrücke vom Hohen Nistler haben mir die Lust am Fliegen endgültig vergällt."