Plus Inelligente Assistenzsysteme

Kollege Roboter verstärkt das Operationsteam

Computerbasierte Assistenzsysteme können einfache Aufgaben wie Blutabsaugen übernehmen. Forscher entwickelten hierfür ein "Neuronales Netz".

05.11.2020 UPDATE: 07.11.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 32 Sekunden
Autonome Robotersysteme und weitere intelligente Assistenzsysteme sollen das OP-Team in Zukunft verstärkt unterstützen. Foto: André Wirsig

Dresden. (sal) Im Operationssaal der Zukunft werden computerbasierte Assistenzsysteme eine größere Rolle spielen als heute. Sie sollen Arbeitsabläufe einfacher und sicherer machen. Sie könnten Teilaufgaben wie Blut absaugen übernehmen oder vor Komplikationen warnen, wenn diese mit dem Einsatz eines bestimmten Instruments verbunden sind. "Möglich sind solche Unterstützungsfunktionen allerdings nur, wenn Computer in der Lage sind, wichtige Ereignisse im OP vorherzusehen und zur richtigen Zeit die richtigen Informationen bereitzustellen", erklärt Prof. Stefanie Speidel, Leiterin der Abteilung Translationale Chirurgische Onkologie am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC).

Wissenschaftlern ist es dort nun erstmals gelungen, eine Methode zu entwickeln, mit der Computer lernen können, den Einsatz chirurgischer Instrumente situationsbezogen wenige Minuten vor deren Gebrauch vorherzusagen. Sie nutzten dafür ein künstliches neuronales Netz, das die Fähigkeit des Menschen nachahmt, an Beispielen zu lernen. Man verfolge allerdings nicht die Vision, den Chirurgen durch einen Roboter oder andere Assistenzen zu ersetzen. Die intelligenten Systeme sollten lediglich eine helfende Hand sein und den Arzt und das gesamte OP-Team entlasten, heißt es in einer Pressemitteilung.

Den intelligenten Algorithmus versahen die Forscher mit folgender mathematisch formulierter Aufgabenstellung: Ausgehend von der kontinuierlichen Analyse der Video-Bilder einer Operation soll die Nutzung bestimmter Instrumente wenige Minuten vor deren Einsatz angezeigt werden. In den dazwischenliegenden Zeitintervallen, in denen das jeweilige Instrument nicht genutzt wird, soll das neuronale Netz lernen, nicht zu reagieren. Anschließend trainierten sie das neuronale Netz mit 60 Videos von Gallenblasenentfernungen, die standardmäßig über ein optisches Instrument (Laparoskop) im Bauchraum aufgenommen wurden. In diesen Videos war das Auftreten von fünf verschiedenen Instrumenten markiert.

An 20 weiteren Videos musste das Neuronale Netz dann sein Wissen ohne entsprechende Markierungen unter Beweis stellen. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Instrumentennutzung vielfach korrekt vorhersagen konnte. Die Netze sind in der Lage, Informationen aus Bilddaten zu extrahieren. Durch das Training mit großen Bild- oder Videomengen lernen sie, Muster in Bildern zu erkennen, um eine vorgegebene Aufgabe zu lösen. In der Untersuchung interpretierte das Netz beispielsweise das Auftauchen eines Clips zum Abklemmen eines Blutgefäßes sehr sicher als Merkmal, um den kurz darauf erfolgenden Einsatz einer Schere vorherzusagen.

Die Wissenschaftler wollen die Methode nun verfeinern und das Neuronale Netz mit weiteren Datensätzen füttern. Ein Schwerpunkt sind Operations-Videos, in denen vermehrt stärkere Blutungen zu sehen sind. Anhand der Bilddaten soll das Netz noch besser lernen, wann Blutungen mit einem speziellen Instrument abgesaugt werden müssen. Dies könnte als Basis dienen, um den Einsatz eines robotergeführten Sauginstruments zeitlich zu steuern oder Komplikationen vorherzusagen.