Frankfurter Waldstadion

Bruce Springsteens Party mit politischer Botschaft

Bruce Springsteen und die E Street Band machen knapp 45.000 Fans im ausverkauften Frankfurter Waldstadion Mut.

19.06.2025 UPDATE: 19.06.2025 19:28 Uhr 2 Minuten, 59 Sekunden
Auch mit 75 will Bruce Springsteen noch aufrütteln – ob wie hier beim Auftritt im Berliner Olympiastadion oder im Frankfurter Waldstadion. Die Konzerte seiner Europatournee nutzt der „Boss“, um sich deutlich gegen US-Präsident Trump zu positionieren. Foto: dpa

Von Thomas Veigel

Frankfurt. Mit 75 Jahren macht Bruce Springsteen das, was er seit mehr als 50 Jahren in seinen Liedern predigt: Aufstehen, dagegenhalten, nicht aufgeben. "No Surrender" – keine Kapitulation – ist folgerichtig der erste Song, den er am Mittwochabend in das sommerlich aufgeheizte Frankfurter Waldstadion schreit. "Die mächtige E Street Band ist heute Abend hier, um die Kraft der Musik und des Rock’n’Roll in gefährlichen Zeiten zu beschwören." Damit ist der Ton für den Abend gesetzt. Er bietet viel mehr als den "fröhlichen Lärm", den Springsteen einmal für die Umschreibung seiner Konzerte gewählt hat.

Knapp 45.000 Fans weiß er auf seiner Seite, als er seine Philippika gegen den "amerikanischen Anführer" hält, den er vor Jahren, während dessen erster Amtszeit, noch als "kriminellen Clown" besungen hat. Heute geriert sich dieser mehr als Sauron denn als Joker. Die lange Strafrede, die Springsteen auf seiner aktuellen Tournee hält, ist deutlich und wird auf den großen Leinwänden ins Deutsche übersetzt.

"Das Amerika, das ich liebe, über das ich für euch gesungen habe, das seit 250 Jahren ein Leuchtfeuer der Hoffnung und der Freiheit ist, befindet sich derzeit in den Händen einer korrupten, inkompetenten und verlogenen Regierung", heißt es da. Einstimmiger Applaus. Maga-Fans haben sich offenbar keine ins Stadion verirrt. Steven van Zandt, Springsteens Lead-Gitarrist seit mehr als 50 Jahren und musikalischer Direktor der E Street Band, hat unlängst gemutmaßt, dass der "Boss" in den USA die Hälfte seiner Fans wegen seines impertinenten Eintretens gegen die Maga-Clique verloren hat. Von denen kommt keiner mehr.

Bruce Springsteen ist der erste der amerikanischen Superpromis, der vor ständig wechselndem Massenpublikum in dieser Deutlichkeit Stellung gegen Donald Trump und seine Helfershelfer bezieht. Das ist folgerichtig für einen, der seit Jahrzehnten als Stimme der Gebeutelten zum Megastar wurde. Springsteens Botschaft wird zur Zeit in Europa verkündet, aber sie kommt auch in den USA an. Die unflätigen Kommentare des Adressierten zeugen davon.

Springsteen wendet sich auch gegen die republikanischen Abgeordneten: "Die Mehrheit unserer gewählten Vertreter hat völlig versagt, das Volk vor dem Missbrauch durch einen unfähigen Präsidenten und eine Schurkenregierung zu schützen. Sie haben kein Interesse oder keine Vorstellung davon, was es bedeutet, zutiefst amerikanisch zu sein."

"Land of Hope and Dreams" heißt die aktuelle Tour, denn Bruce Springsteen verkriecht sich nicht in der Depression. Er will aufrütteln, verändern – und Mut machen. "Das Amerika, von dem ich euch seit 50 Jahren vorschwärme, gibt es wirklich, und ungeachtet seiner vielen Fehler ist es ein großartiges Land mit großartigen Menschen. Wir werden diese Zeit überleben."

Bruce Springsteen ist nicht der größte Songwriter Amerikas, aber in jedem Fall der amerikanischste. Keiner hat wie er immer wieder die Gefühlswelt der kleinen Leute und der Underdogs in Worte und Musik gefasst. Die Stimme lässt langsam nach, aber die Kraft, die in dem Mann und seinen Liedern steckt, ist immer noch enorm groß. Dabei hilft ihm die E Street Band, die in voller Besetzung 17 Mitglieder hat. Der Sound im Waldstadion ist nicht gut, mit der Zeit wird es besser, vor allem bei den etwas ruhigeren Titeln. Die Fans stören sich daran nicht. Die Musik ist ihnen vertraut und die Texte singen sie auswendig mit.

Einige Musiker der Band ragen heraus. Da ist zum einen Gitarrist Little Steven. Dann Nils Lofgren, der dritte Gitarrist, dessen Soli und Fill-ins immer noch herausragend sind. Drummer Max Weinberg und Bassist Garry Tallent sind seit 50 Jahren Teil der Band. Als vor gut 15 Jahren der Saxofonist Clarence Clemons starb, engagierte Springsteen dessen Neffen Jake Clemons, der heute den Sound der Band mitprägt und neben den Gitarristen den meisten Applaus erhält.

Fast drei Stunden spielen Springsteen und seine Band, nicht einmal zwischen den Songs gibt es eine Pause. Während die Band noch das Finale des einen Songs zelebriert, zählt Springsteen schon den nächsten ein. 28 Lieder ist die Setlist lang. Das Publikum, in der Mehrzahl im Rentenalter, reagiert vor allem auf die alten Hits. Bei Song Nr. 10, "Hungry Heart", stehen auf den Tribünen alle auf und die Stehplatz-Fans reißen die Arme in die Höhe. Die Ballade "The River" singen alle mit, ebenso "Because the Night", ein Titel von Patti Smith. Zum ersten Mal auf der aktuellen Tournee singt Springsteen "Trapped" von Jimmy Cliff. Auch "Badlands" und "Thunder Road", die den Hauptteil beschließenden Nummern, werden frenetisch gefeiert.

Überlänge hat auch der Zugabenteil. Sieben Stücke sind es, darunter die größten Hits. "Born in the U.S.A." ist unvermeidlich, "Born to Run", "Bobby Jean" und "Dancing in the Dark" schließen sich an. Ein beeindruckendes Konzert mit einer klaren politischen Botschaft endet mit einem Lied vom Meister der Songwriter, Bob Dylan: Bruce Springsteen und die E Street Band lassen unter dem nachtblauen Dach des Waldstadions die "Chimes of Freedom" erklingen. Passt!

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