Seine Werke prägen das Heidelberger Stadtbild: Klaus Horstmann-Czech. Foto: Alex
Von Milan Chlumsky
Heidelberg. Die Idee, die der Bildhauer Klaus Horstmann-Czech und der Architekt Patrick Lubs vom Heidelberger Architekturbüro ap88 in mehreren Debattierrunden entwickelt hatten, war großartig: Einer schützenden Hand ähnlich, sollte eine neue Kapelle an historisch bedeutsamer Stelle über der nordböhmischen Stadt Aussig sowohl den Gläubigen wie auch den Nichtgläubigen ein Ort der inneren Einkehr sein. Die ursprüngliche Kapelle dort wurde 1986 geschleift.
Dabei war der Gipfel des Marienbergs von großer historischen Bedeutung. Fast im Zentrum der Stadt gelegen, erhebt er sich über die daneben fließende Elbe. Die neue Marienkapelle sollte ein Wahrzeichen der Stadt sowohl für die Tschechen wie für die Deutschen werden, die seit dem 19. Jahrhundert die Stadt gemeinsam wohlhabend gemacht hatten. Dass ausgerechnet ein deutscher Künstler diesen Wettbewerb gewinnen würde, war nicht zu erwarten.
Klaus Horstmann-Czech wurde in Aussig 1943 geboren. Seine "Schützende Hand" war in den Augen der - nicht nur mit Kunstspezialisten besetzten - Jury ein großartiger und eindringlicher Appell, dass sich solch furchtbare Ereignisse wie der Todesmarsch der Deutschen nach Kriegsende, bei dem über 2000 Deutsche umgebracht wurden, nicht wiederholen soll. Der Bildhauer bekam neben der Ehrenbürgerschaft der Stadt Aussig auch einen eigenen Raum für 14 seiner Arbeiten im Städtischen Museum: Sie geben einen schönen Einblick in die Diversität seines Schaffens.
Klaus Horstmann-Czech und seine Familie hatten 1948 Zuflucht in Heidelberg gefunden. Nach einem hier begonnenen Grafikstudium ging er nach Berlin, wo er sein Studium fortsetzte und später eine Kunstgalerie leitete. Mit 31 Jahren wagte er einen Neuanfang an der Akademie di Belle Arti in Perugia, wo er sich endgültig für das Künstlerleben und die Skulptur entschied. Anschließend studierte er bis 1978 in der Klasse von Bernhard Heiliger, eine enge Freundschaft folgte. Horstmann-Czech unterrichtete dann selbst an der Freien Universität in Berlin. Für seine innovativen bildhauerischen Arbeiten erhielt er den Preis der Stadt Salzburg. Sein weiterer Weg führte ihn dann wieder nach Heidelberg.
In der Neckarstadt und in der Umgebung begegnet man seinen Skulpturen an zahlreichen Orten: Die gewagteste ist sicherlich die großformatige Brunnenanlage "Antarktis" vor dem Eingang in die Orthopädische Klinik in Heidelberg-Schlierbach, die revolutionärste und schlüssigste ist die ebenfalls dort befindliche "Durchlaufende Kugel in drei Phasen", die eine Bewegung insinuiert: Eine Kugel verschwindet unter einer teppichähnlichen Fläche, um an der anderen Seite wieder zu erscheinen, eigentlich per se etwas Unmögliches in der Bildhauerei.
Die verspielteste Arbeit ist seine Bronzeskulptur in der Hauptstraße, die von Wasser umspült wird, die Traurigste ist auf dem Eppelheimer Friedhof zu finden. Hinzu kommen die Arbeiten "Panta Rhei" im Skulpturenpark der MLP sowie vor dem Chemischen Institut der Universität Heidelberg im Neuenheimer Feld die technischste und anspielungsreichste Arbeit "Catenan". Und in der Nähe der Stadtbücherei Heidelberg fällt die "Hommage à Goethe" ins Auge. Ein weiteres Skulpturenensemble findet sich vor dem Springer Verlag, während "Primavera" im Salem-Krankenhaus und "Kopf 89" im Rathausfoyer für wichtige Akzente sorgen.
In Marina di Carrara hat Klaus Horstmann-Czech in einem zweiten Atelier gearbeitet; von dort bezieht er auch den weißen Carrara-Marmor, der viele seiner Arbeiten auszeichnet. Vor einigen Jahren wurde er zum "Accademico corrispondente" der Kunstakademie in Florenz ernannt.
Schade nur, dass der gewonnene Wettbewerb mit der Arbeit "Die Schützende Hand" für die Kapelle auf dem Marienberg in Aussig aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden konnte, denn sie war ihm auch ein ganz persönliches Anliegen: Die Idee der Versöhnung begleitete Klaus Horstmann-Czech seit seiner Kindheit. Seinen Vater, einen tschechischen Arzt, der von der Gestapo 1943 verhaftet wurde, hat er nicht gekannt. In diesen Tagen feierte der Künstler seinen 75. Geburtstag.