Heidelberger Capella Carolina

Zum Geburtstag gab's Mendelssohns "Paulus"

25-jähriges Bestehen mit Jubiläumskonzert begangen

02.07.2018 UPDATE: 03.07.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 31 Sekunden

Der große Chor der Capella Carolina unter der Leitung von Prof. Franz Wassermann. Foto: Pfeifer

Von Simon Scherer

Heidelberg. Schon seit 25 Jahren bereichert die Capella Carolina die Heidelberger Chorlandschaft. Genauso alt war Felix Mendelssohn Bartholdy, als er seine Arbeit am Paulus-Oratorium begann, das er zwei Jahre später vollendete. Ein faszinierendes Werk, dem heute allerdings oft der "Elias" vorgezogen wird. Nicht so bei Franz Wassermann, der damit ein Jubiläumskonzert von gewaltigen Dimensionen feierte.

Dass der "Paulus" zugleich eine hoch-komplexe Orchesterkomposition ist, bewies schon die Ouvertüre: Im gemütlichen Tempo ließ Wassermann die Camerata Viva aus Tübingen sich einmal zu sahniger Romantik verdichten, dann aber in stilecht barocker Manier weitermusizieren. Ein dynamisch agierender Orchesterapparat durchlief hier bereits zahlreiche Stationen der Geschichte.

An solcher Klangkultur orientierten sich auch die Sänger, deren organisches Atmen einzelner Chor-Register stets auf ein Ebenmaß zu den Orchesterinstrumenten austariert wurde, was zusammen ein wunderbar stimmiges Gesamtkunstwerk ergab. Und sie meinten es ernst mit den zahlreichen Botschaften, für deren Verständnis allerdings ein Blick ins Textheft nötig war.

Musikalisch konnte der Inhalt aber nicht deutlicher untermauert werden: etwa die liebevolle Zuwendung und besänftigende Grundhaltung im "Gebet der Gläubigen" mit spürbarer Demut. Oder die "Anklage des Stephanus", für die plötzlich scharf präzisierende Schlagfertigkeit aufgetischt wurde, unterstützt durch eine vitalisierende Blech-Truppe.

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Auch schauspielerisches Potenzial wurde bestens in den Gesang integriert, als man bei der "Steinigung des Stephanus" die tobende Volksmenge leibhaftig vor sich sah: Die Diskrepanz zum anschließenden Choral "Dir Herr will ich mich ergeben" im lammfrommen Vokalbild könnte nicht größer sein.

Eine Wende leitete Teil zwei ein, der auch im Musizierstil eine Zäsur bildete mit selbstbewusstem Verkündigungswillen und stechenden Höhen. "So spricht der Herr" war eine Feststellung, an der es nichts zu rütteln gab.

Ein Lob gebührte ebenso den Solisten, allen voran Tenor Marcus Ullmann, der mit angenehmen Timbre dynamisch sehr sorgsam haushaltete, sodass er in der "Klage über Jerusalem" gar kammermusikalische Liedqualitäten einbauen konnte. Auch dank adäquater Orchesterbegleitung. Ebenfalls wohl überlegt agierte Georg Gädker, der einen fabelhaft abgerundeten Bass offerierte.

Gut harmonierten die beiden auch im Duo, als sie etwa die "Erscheinung Jesu" in eine irreale Aura verlegten. Im ähnlich sorgfältig abgesteckten Rahmen bewegte sich Sopranistin Doris Döllinger, die oft, wie in der "Apologie des Stephanus", eine sehr gewählte Ausdrucksweise fand. Lediglich Monika Gradl mischte ihrem Alt mehr Vibrato und Theatralik bei. Das anfängliche Niveau sowie achtsam gewählte Tempi bis zur letzten Minute aufrechtzuerhalten, ist bei gut zweieinhalb Stunden Aufführungszeit schon eine besondere Leistung.

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