Laut Gutachten in ausgesprochen gutem Zustand: Alexej von Jawlenskys Blumen-Stillleben im Format von nur 17,2 auf 12,6 cm gehört zum Spätwerk des Expressionisten. Foto: zg
Von Volker Oesterreich
Heidelberg. Wenn so etwas passiert, spricht man in der Branche von einem "Dachbodenfund" - selbst dann, wenn das kostbare Stück hinter einem Schrank oder sonst irgendwo im Verborgenen versteckt war. Taucht es wieder auf, ist die Freude umso größer. Solch ein "Dachbodenfund" wird am kommenden Samstag in Heidelberg versteigert: ein kleines Blumen-Stillleben des Expressionisten Alexej Jawlensky (1865-1941).
Der russisch-deutsche Maler zählt neben Franz Marc und Wassili Kandinsky zu den Hauptvertretern des "Blauen Reiters". Auch Komponisten wie Arnold Schönberg, der zugleich Maler war, gehörten zu dieser Künstlergruppe. Sie interessierte sich für die mittelalterliche und primitive Kunst und experimentierte mit dem zeitgenössischen Fauvismus und dem Kubismus.
Doch der Reihe nach: Als der Heidelberger Auktionator Mike Metz vor einiger Zeit die Grafik-Sammlung eines Wiesbadener Bühnenbildners sichtete, hieß es, dass irgendwo noch eine ganz besonders interessante Arbeit liegen müsse. Bloß was und wo, war völlig unklar. Es wurde gesucht und gesucht - bis die Einlieferer eines Tages mit einem kleinen Gemälde bei Mike Metz auftauchten. In der Plastiktüte. Der Auktionator tippte auf den ersten Blick auf einen Nolde, war sich seiner Sache aber nicht ganz sicher. Dass da aber eine hervorragende Arbeit vor ihm lag, war ihm sofort bewusst. "In solchen Fällen schlägt die Stunde der Gutachter", sagte er der RNZ.
Zwei Expertisen waren nötig, eine kunsthistorische und eine mikroanalytische. "Zum Glück hatten wir es nicht so weit, die Jawlensky-Experten sitzen in Wiesbaden." Sie konnten das Gemälde, das sich in einem ausgesprochen guten Zustand befinde, als sechstes Bild einer Reihe von fünf bisher bekannten Blumen-Stillleben Jawlenskys bestimmen, alle aus dem Jahr 1936.
Eine konkave Biedermeier-Vase wie die auf dem Gemälde besaß die Familie Jawlensky tatsächlich, das weiß man von Jawlenskys Sohn Andreas (1902-1984), der ein anderes Stillleben der Serie entsprechend beschriftet hatte. Auch die chemische Analyse der verwendeten Farbpigmente ergab eine Übereinstimmung mit anderen Arbeiten aus Jawlenskys Spätwerk.
Der Schätzpreis des Auktionators liegt bei 22.000 Euro. Am Samstag kommt das Gemälde während der "Fine Art"-Auktion des Kunst- und Antiquitätenhauses Metz unter den Hammer - zusammen mit einer Fabergé-Golddose aus St. Petersburg, zahlreichen Raritäten aus der Frankenthaler Porzellan-Manufaktur und vielen weiteren Objekten.