200 Jahre Skat - Vom Reizen und Abwerfen
Das urdeutsche Spiel hat an Terrain verloren

Achtzehn, Zwanzig, Zwo - rund 20 Millionen Deutsche wissen, wie man einen zünftigen Skat "drischt". Am 5. September begeht das populäre Kartenspiel seinen 200. Geburtstag. Aus diesem Anlass wird im thüringischen Altenburg eine Woche lang gefeiert. Heutzutage leidet das Spiel jedoch unter Nachwuchssorgen, nur 24.000 Skatbegeisterte sind noch in Vereinen organisiert.
Die Wurzeln des vermeintlich "urdeutschen" Spiels lagen wohl im Böhmischen, ein Kutscher soll den "wendischen Schafkopf" Anfang des 19. Jahrhunderts mitgebracht haben. Die erzgebirgische Variante griff auf Elemente dieses Spiels zurück, aus den alten Kartenspielen L'Hombre, Deutsch Solo und Tarock wurden Merkmale wie das Reizen und das Kartenweglegen übernommen. "Scartare" im Italienischen und "écarter" im Französischen bedeuten so viel wie "ablegen, bei Seite legen". Wahrscheinlich war diese Bezeichnung Namensgeber für das neue Spiel. 1813 tauchte der Begriff "Scat" zum ersten Mal in einer Spielabrechnung auf.
Die Kladde mit den Aufzeichnungen des Herzoglichen Regierungsrats Hans Karl Leopold von der Gabelentz liegt heute im thüringischen Staatsarchiv in Altenburg. Auch seine honorigen Mitspieler sind in dem Dokument detailliert festgehalten: Medizinalrat Dr. Hans Carl Leopold Schuderoff, Gymnasialprofessor Johann Friedrich Ludwig Hempel, Ratsherr Carl Christian Adam Neefe und Hofadvokat und Notar Friedrich Ferdinand Hempel. Spielort soll der Rittergutsitz Schloss Poschwitz bei Altenburg gewesen sein. Schriftlich erwähnt wurde das "Skadspiel" dann wieder 1818 in der von Notar Hempel herausgegebenen Wochenschrift "Osterländische Blätter".
In den folgenden Jahren breitete sich das Spiel in allen deutschen Ländern aus. Anfänglich sorgten reisende Studenten der Universitäten Jena, Leipzig und Halle für einen Popularitätsschub, nach und nach eroberte Skat sämtliche gesellschaftlichen Schichten und wurde zur Massenbewegung. Doch obwohl Gymnasialprofessor Hempel schon 1848 ein erstes Regelbüchlein verfasst hatte, bildeten sich immer mehr Abarten und regionale Besonderheiten.
Erst mit der Gründung des Kaiserreichs 1871 wurde das Spiel vereinheitlicht, überregionale Spielerverbände entstanden. 1885 veröffentlichte Amtsgerichtsrat Karl Buhle sein Regelwerk "Illustriertes Lehrbuch des Scatspiels", das auf dem Modell einer einheitlichen Skatordnung des Freiherrn von Hirschfeld aus dem Jahr zuvor aufbaute.
Damit war der Weg für eine "Allgemeine Deutsche Skatordnung" geebnet, die 1886 auf dem 1. Skatkongress beschlossen wurde. Über die Gründung eines Skatverbandes konnte man sich nicht verständigen, weil es keine Einigung zwischen dem Altenburger Farbenreizen und dem Leipziger Zahlenreizen gab. Der Hauptunterschied der verschiedenen Spielarten: Beim Farbenreizen wird lediglich auf die Grundwerte der Spiele geboten, die Lage der Buben aber bleibt unberücksichtigt. Beim Zahlenreizen hingegen sind die Grundwerte der Farbsolospiele (9, 10, 11 und 12) sowie die Lage der Buben von entscheidender Bedeutung. Erst auf dem 12. Skatkongress im Jahre 1928 setzte sich das heute übliche Zahlenreizen in der Deutschen Skatordnung durch.
Beim 3. Skatkongress 1899 in Halle wurde dann doch endlich ein Deutscher Skatverband (DSKV) mit Sitz in Altenburg gegründet. Hier entstand auch das Skatgericht, welches bis heute in Streitfällen als oberste Instanz fungiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Bielefeld zum zentralen Sitz des DSKV, dennoch gelangten immer wieder Streitfragen aus aller Welt nach Altenburg. Ab 1963 wurden auch von dort aus verbindliche Regelauskünfte erteilt, nach der Wende kehrte die Verbandsspitze wieder in ihre alte Heimat zurück.
Skat wird mit einem Blatt aus 32 Karten gespielt, man unterscheidet zwischen dem französischen und dem deutschen Blatt. Während in der ehemaligen DDR die deutschen Blätter mit Eichel, Grün, Herz und Schellen weit verbreitet waren, wurden in der alten Bundesrepublik die Karten mit der französischen Variante (Kreuz, Pik, Herz und Karo) benutzt. Um nach der deutschen Wiedervereinigung den Spielerverbänden aus Ost und West gerecht zu werden, schloss man einen Kompromiss: Das Vierfarbenblatt verwendet die französische Symbolik, diese ist jedoch nicht schwarz und rot, sondern mit grünem Pik und gelbem Karo. Seit 1994 ist das Vierfarbenblatt offizielles Turnierblatt des DSKV und der in den 1970er Jahren gegründeten International Skat Players Association.
Von dem alten Image des angetrunkenen Zockers, der abends in verrauchten Kneipen seinen Skat kloppt und torkelnd nach Hause wankt, distanziert sich Peter Reuter, ehemaliger Vizepräsident des DSKV: "Skat ist kein Saufspiel, sondern ein Denksport, der Konzentrationsfähigkeit, Kombinationsgabe und Gemeinschaftssinn fördert." Es gibt über 2,7 Billiarden verschiedene Möglichkeiten, wie sich die 32 Karten im Spiel verteilen können, Omablätter sind da eher selten. Trotz dieser Vielfalt hat die Männerdomäne - nur fünf Prozent der Spieler sind weiblich - mit Vorurteilen wie "das ist doch ein Spiel für Opas" zu kämpfen. Um der Vergreisung entgegen zu wirken, will der DSVK verstärkt in Schulen für seinen Sport werben. Erste Erfolge in Bremen geben leisen Anlass zur Hoffnung.
Lange galt Skat neben Fußball als Volkssport Nummer Eins. Durch eine Vielzahl anderer Freizeitangebote haben die Skatspieler an Terrain verloren. Auch wenn es wie im Fußball eine Bundesliga, Champions-League, EM und WM gibt.