Hintergrund - "Ich lasse mich nicht vertreiben"

01.03.2020 UPDATE: 01.03.2020 06:00 Uhr 4 Minuten, 39 Sekunden

Dietmar Hopp freut sich über die Solidarität - Reaktionen aus der Sportszene zum Skandalspiel von Sinsheim

Von J. Klaehn, N. Beck und R. Kundel

Heidelberg. Erneute Schmähplakate gegen Dietmar Hopp, die Anwendung des Drei-Stufen-Plans bis zur zweiten Ebene – das Skandalspiel zwischen der TSG Hoffenheim und dem FC Bayern (0:6) bot jede Menge Gesprächsstoff übers Wochenende. Die Reaktionen dazu:

> Dietmar Hopp, Hoffenheims Mehrheitseigner auf der vereinseigenen Internetseite: "Ich durfte eine Sympathiewelle ohnegleichen erleben und viel Unverständnis, dass in einem zivilisierten Land so etwas geschehen kann. Die TSG spielt ihre 12. Saison in der Bundesliga. Die Saat des Hasses, die auch schon in der 2. Bundesliga gesät wurde, ist leider aufgegangen. Ich wünsche mir aber von Herzen, dass nicht nur kraftvoll und solidarisch gehandelt wird, wenn ich beleidigt werde. Beleidigungen gegen jeden Menschen sind zu verurteilen, egal wo und in welcher Form. Vor allem rassistische und homophobe Beleidigungen müssen mit aller Konsequenz geahndet werden. Ich lasse mich von diesen Chaoten in meinem Handeln weder sportlich noch gesellschaftlich beeinflussen und vertreiben, obwohl mir von Dortmunder Seite am 20. Dezember gewünscht wurde, dass das zurückliegende Weihnachtsfest mein letztes sein möge."

> Karl-Heinz Rummenigge, FCB-Vorstandsboss: "Ich schäme mich zutiefst für das, was heute in der Kurve passiert ist. Man muss sich nur die Frage stellen, was wäre diese Region ohne Dietmar Hopp, den ich für einen absoluten Ehrenmann halte, nicht nur im Fußball. Ich habe mich bei ihm zwar entschuldigt, aber das, was hier passiert ist, ist nicht entschuldbar. Ich habe größten Respekt davor, wie diese letzten 13 Minuten abgelaufen sind. Wir haben das ganze Spiel heute filmen lassen, da diese ganze Geschichte ja nicht unverhofft kam. Wir werden jetzt mit aller Entschiedenheit und allen juristischen Möglichkeiten gegen diese Leute vorgehen. Es wäre eigentlich eine wunderbare Woche gewesen mit dem Spiel in London und dem Spiel heute. Aber diese Chaoten haben mit diesem Akt alles kaputt gemacht. Es war ein schwarzer Tag des Fußballs."

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> Peter Görlich, TSG-Geschäftsführer: "Das hat im Fußball nichts zu suchen. Ich möchte dem Schiedsrichter-Gespann ein Kompliment machen, wie die Kollegen souverän, ruhig und zum ersten Mal den Drei-Stufen-Plan des DFB umgesetzt haben. Wir dürfen uns den Fußball nicht nehmen lassen von einer kleinen Gruppe. Über Buschtrommeln haben wir erfahren, dass von den Ultras etwas in den Stadien geplant ist. Aber sowas erwartest du ja nicht. Dietmar Hopp war extrem aufgewühlt. Er wird seit vielen Jahren beleidigt, das ist in seinem Wertegerüst nicht verankert. Heute ist ein deutliches Signal gesetzt worden: In den Farben getrennt, in der Sache vereint. Wichtig ist: Empört euch!"

> Frank Briel, TSG-Geschäftsführer: "Die Solidarität heute und letzte Woche in Gladbach war außergewöhnlich. Man schämt sich fremd, denn es zielt einzig und allein auf die Diffamierung einer Person ab. Die letzten solidarischen 13 Minuten waren ein großes Statement. Es ist eine Minderheit im Stadion, aber wir müssen rigide daran arbeiten, dass wir gemeinsam diese kriminelle Energie eingedämmt bekommen. Ich hoffe, dass eine massive Solidarität über alle Vereinsfarben hinweg entsteht."

> Fritz Keller, DFB-Präsident im Aktuellen Sportstudio: "Wir sind am Tiefpunkt angekommen. Wir haben Hassbilder und Neid in unserer Gesellschaft und jetzt auch im Fußball. Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen. Jetzt muss durchgegriffen werden. So wird der Sport ins Absurde geführt. Die ersten Hassplakate gegen Dietmar Hopp tauchten bereits 2008 auf – dann ist irgendwann mal gut. Aber nicht alle Ultras sind gleich, bitte nicht alle über den Kamm scheren."

> Ronny Zimmermann, Präsident des Badischen Fußballverbands und DFB-Vizepräsident: "Eigene Befindlichkeiten zum Ausdruck zu bringen, indem man andere übel verunglimpft – so tief muss man erst einmal sinken. Über allem steht das Grundgesetz – die Würde des Menschen ist unantastbar. Aber ich glaube, dass die Würde in den vergangenen Monaten in vielfacher Hinsicht massiv angetastet wurde. Der Samstag war nicht nur ein schwarzer Tag für den Fußball. Sondern ein schwarzer Tag für Deutschland. Es ist offenbar völlig normal geworden, dass man hetzt, dass man Hass zum Ausdruck bringt.

Als Bürger dieses Landes mache ich mir große Sorgen. Ich wundere mich einfach, wie man so weit gehen kann. Wie man solche Handlungen versucht, mit Kritik am System oder irgendwelchen Urteilen zu rechtfertigen. Jetzt zu sagen, der DFB habe mit der verhängten Blocksperre ein Versprechen gebrochen, ist mir zu billig. Jeder Beteiligte hat gewusst, wo die Grenze ist. Und wer diese permanent überschreitet, der darf sich nicht wundern. Beeindruckend war am Samstag der Aufstand der Anständigen. Das hat Mut gemacht. Denn es darf nicht sein, dass ein Prozent der Stadionbesucher ihre Belange über die der anderen 99 Prozent stellt. Aufgeben gilt im Fußball nicht."

> Christian Seifert, DFL-Geschäftsführer: "Alle Beteiligten – Spieler, Schiedsrichterteam und die Verantwortlichen von Bayern München und der TSG Hoffenheim sowie sehr, sehr viele Stadionbesucher – haben in dieser Situation vorbildlich gehandelt und damit ein klares Signal an einige selbsternannte Herrscher über die Fußball-Kultur gesetzt, derartige Entgleisungen nicht mehr zu dulden."

> Hansi Flick, Trainer des FC Bayern: "Ich bin hier aufgewachsen, kenne Dietmar Hopp über 20 Jahre. Mir tut es leid für diesen Menschen, der so viel gemacht hat für die Gesellschaft. Jeder dieser Chaoten hat vermutlich jemanden in der Familie, der profitiert hat von den Dingen, die Dietmar Hopp unterstützt hat, zum Beispiel in der Krebsforschung. Wir müssen gegen diese Chaoten oder Idioten zusammenstehen. Es ist ein schwarzer Tag für den FC Bayern."

> Alfred Schreuder, TSG-Trainer: "Alle sind riesig enttäuscht darüber, was passiert ist. Dietmar Hopp hat so viel für die Region und für uns getan. Das Zeichen der beiden Mannschaften war sehr gut. Es muss etwas passieren. Es ist peinlich, dass so etwas gemacht wird. Es sind nicht tausende Fans, sondern nur ein paar, die das machen. Was Dietmar Hopp hingegen in seinem Leben gemacht hat, ist etwas Besonderes."

> Benjamin Hübner, TSG-Kapitän: "Zu der Aktion der Gästefans muss ich gar nicht viel sagen, denn wir haben heute alle zusammen als Mannschaft, auch mit den Bayern-Spielern und den Fans im Stadion eine Reaktion gezeigt. Es ist wichtig, solch eine klares Signal zu setzen. So sollte der Fußball sein."

> Christian Streich, Trainer des SC Freiburg: "Was über das Netz verbreitet wird und wie Menschen miteinander umgehen, ist absolut inakzeptabel. Wir sind in schwierigen Zeiten, wir haben einen Rechtsruck, der bedenklich ist in ganz Europa. Es ist furchtbar, was in den letzten zehn Monaten in diesem Land passiert ist."

> Julian Nagelsmann, Trainer von RB Leipzig: "Das geht gar nicht. Gut, dass die Spieler dagegen ein Zeichen gesetzt haben. Man spricht zu viel über die Leute, die diese Plakate hoch halten. Man sollte mehr über solche Leute wie Hopp sprechen. Er macht in der Region und darüber hinaus viel für die Menschen, für kranke Kinder – darüber sollte man reden."

> Pavel Gross, Trainer der Adler Mannheim: "Wir stehen hier alle voll hinter Dietmar Hopp, solche Dinge haben im Sport und auch in der Gesellschaft nichts zu suchen."

> David Wolf, Adler-Stürmer: "Bei solchen Aktionen ist viel Hass dabei. Diese Leute sind vorher in sogenannten sozialen Medien unterwegs und verstecken sich hinter ihren Computern. Das hat mit Sport nichts mehr zu tun, ich kann nur hoffen, dass dem bald ein Ende gesetzt wird, bevor so etwas auf andere Sportarten übergreift. Die beiden Mannschaft haben das am Schluss richtig gemacht, schade nur für die vernünftigen Zuschauer, die für ein Spiel bezahlt haben."