Zukunft der Presse steht auf dem Spiel
Die Zeitungsbranche hatte große Hoffnung auf mehr Unterstützung durch die neue Bundesregierung gelegt. Und ist jetzt enttäuscht.

Stuttgart. (dpa) Der Branchenverband der Zeitungsverlage im Südwesten sieht sich von der neuen Bundesregierung im Stich gelassen. Auch die schwarz-rote Koalition nimmt nach Ansicht des Verbandsvorsitzenden Valdo Lehari wie zuvor das Ampel-Bündnis die Lage der Medienhäuser nicht ernst genug.
"Auf dem Spiel steht in Deutschland und Europa ein funktionierendes Pressewesen. Das wird seit Jahren von uns beklagt", sagte Lehari in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. "Man muss endlich handeln - auf Bundesebene und in Brüssel", forderte der Vorsitzende des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV).
Erwartung an den Medienstaatsminister
Im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot steht zum Beispiel nichts zur jahrelangen Forderung der Verlage, die Mehrwertsteuer auf Presseprodukte zu senken. Angesichts dieser Enttäuschung richten sich die Erwartungen nun an den neuen Medienstaatsminister Wolfram Weimer, der selbst aus der Medienbranche kommt. "Wenn jemand Verleger ist, gehe ich mal davon aus, dass er ernst nimmt und weiß, was uns massivst beschäftigt und umtreibt", sagte Lehari.
Weimer war seit Jahrzehnten als Journalist tätig. Er gründete 2012 gemeinsam mit seiner Frau Christiane Götz-Weimer die Weimer Media Group, ein Verlagsunternehmen mit Sitz in München und Tegernsee, das mehrere Magazine verlegt, darunter "The European", "Wirtschaftskurier", "Markt und Mittelstand" und das Satiremagazin "Pardon". Mit dem Eintritt in die Regierung gab er die Verlagsgeschäfte in die alleinigen Hände seiner Ehefrau.
Landesregierung offener für Unterstützung?
Die Südwest-Verleger hatten ihre Forderungen immer wieder auch an die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg gerichtet. Es gab dazu auch Gespräche mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). "Unser Alarmruf wurde inzwischen schon etwas mehr verstanden", sagte Lehari. "Wir haben offene Türen beim Ministerpräsidenten, wenn es um die gesellschaftliche Bedeutung und wirtschaftliche Basis von hervorragendem Journalismus und um Zeitungsvielfalt geht."
Knappe Zeit bis Landtagswahl
Allerdings stehen konkrete Ergebnisse noch aus. Und die Zeit könnte knapp werden, fürchtet der VSZV-Vorsitzende. "Die Frage wird sein: Wie viel Medienpolitik können wir mit dieser Landesregierung noch machen, da im Südwesten im Frühjahr 2026 Wahlen anstehen?"
Der VSZV vertritt 49 Mitgliedsunternehmen unter Baden-Württembergs Tageszeitungsverlagen. Der Interessenverband trifft sich an diesem Donnerstag in Berlin zu seiner Jahrestagung in der Landesvertretung Baden-Württemberg. Gastgeber am Abend ist der auch für Medien zuständige Südwest-Staatssekretär Rudi Hoogvliet (Grüne).