"In Gedanken schon in Kasan"
Frohe Weihnachten für 1899 Hoffenheim
Frohe Weihnachten für 1899 Hoffenheim
Nach dem 2:1-Sieg über den FC Augsburg am Dienstag war das Christkindl jetzt noch mal da. Es hatte diesmal rotblonde Haare und heißt Melanie Behringer. Die Nationalspielerin zog fürs Pokal-Viertelfinale ein Traumlos: Im Heimspiel gegen den Zweitliga-Zweiten Greuther Fürth (am 7. oder 8. Februar) hat der Bundesligist die Riesenchance, erstmals in seiner Vereinsgeschichte ins Halbfinale einzuziehen.
Als am Mittwoch kurz vor Mitternacht Hoffenheim als erstes und Fürth als zweites Los aus der Trommel kamen, stieg im Klubhaus des FC-Astoria Walldorf die Stimmung. "Was willst du mehr", strahlte Dietmar Hopp, der gemeinsam mit Freunden die Auslosung verfolgte, "Fürth ist zwar eine spielstarke Mannschaft, aber die Aufgabe ist lösbar."Wie der Haupt-Gesellschafter denken auch Team-Manager Dirk Rittmüller und der Fan-Beauftragte Mike Diehl gern an Spiele gegen Fürth zurück. "Die haben wir 2002 aus dem Stadion gebombt", erinnert sich Diehl an ein Pokalduell vor fast zehn Jahren, als Souleman Koné, Christoph Teinert, Thomas Ollhoff und Thorsten Thee für den überraschenden 4:1-Sieg über die damals noch klassenhöheren Franken sorgten. Noch besser: Im Mai 2008 machte Hoffenheim mit einem 5:0 gegen Fürth den Aufstieg in die Bundesliga perfekt.
Seitdem hat sich einiges verändert. Hoffenheim ist zu einem etablierten Bundesligisten geworden, Fürth scheiterte mehrmals knapp, doch diesmal erscheinen die Chancen für die "Unaufsteigbaren" besser denn je. Der Rangzweite der 2. Bundesliga verfügt über die beste Abwehr (nur 14 Gegentore in 19 Spielen, zwölfmal stand die Null), hat mit Christopher Nöthe und Olivier Occean (jeweils zehn Tore) zwei Knipser. Occean war übrigens der teuerste Fürther Neuzugang aller Zeiten. Kostenpunkt: 200.000 Euro. Das Viertelfinale erreichte der dreimalige Deutsche Meister (1914, 1926 und 1929) durch einen 2:1-Derbysieg über den Erstligisten 1. FC Nürnberg.
Auf offene Ohren sollten deshalb die Warnungen stoßen. "Wir dürfen Fürth auf keinen Fall unterschätzen", sagt Manager Ernst Tanner. "Wir sind ein gebranntes Kind", meint Kapitän Andreas Beck, "aber wir werden nicht noch mal den Fehler wie gegen Cottbus machen."
Denn einen Vorteil hat der Gegner. Er hat weniger zu verlieren als Hoffenheim. "Wir sind Außenseiter, um so konzentrierter wollen wir an die Aufgabe herangehen", verspricht der Fürther Trainer Mike Büskens. Und Kapitän Thomas Kleine meint: "Das ist kein Traumlos, aber wir fahren genau so selbstbewusst nach Sinsheim wie nach Nürnberg." Mangelnde Bescheidenheit kann man auch Rachid Azzouzi nicht nachsagen. Der Manager erklärt: "Wenn wir nach Berlin wollen, müssen wir 1899 Hoffenheim schlagen."
Für den Kraichgau-Klub ist es bereits der fünfte Anlauf, in die Runde der letzten Vier vorzudringen. 2004 scheiterte man mit 0:1 am VfB Lübeck, 2008 mit 1:3 bei Borussia Dortmund, zwei Jahre später mit 1:2 in Bremen und im Januar mit 0:1 beim Zweitligisten Cottbus. "Weil wir ein Heimspiel haben, sind unsere Chancen diesmal größer", hofft Geschäftsführer Jochen A. Rotthaus. Sein Kollege Frank Briel könnte mit dem Einzug ins Halbfinale weitere zwei Millionen Euro verbuchen. Auch das ist nicht zu unterschätzen, ganz abgesehen von der sportlichen Perspektive.
Eine denkbare Konstellation: Hoffenheim gewinnt gegen Fürth, hat danach ein Heimspiel gegen Stuttgart, Gladbach oder Berlin - und darf dann sogar das Endspiel gegen die Bayern oder Dortmund verlieren und hätte trotzdem die dritte Qualifikationsrunde zur Europa League erreicht.
Heiko Walkenhorst ist deshalb schon der Zeit voraus. "In Gedanken sind wir bereits in Kasan", sagt der Vorsitzende des Akademiker-Fanklubs aus Heidelberg schmunzelnd. Ein Traum. Die Hoffenheimer haben es in der Hand, dass aus Träumen Wirklichkeit wird.