Fahrverbote in Stuttgart

"Zonales Verkehrsverbot" für Euro-5-Diesel ab dem 1. Juli 2020

Fünfte Fortschreibung des Luftreinhalteplans angekündigt – Kretschmann: "Wir rangeln mit den Gerichten"

17.09.2019 UPDATE: 18.09.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 30 Sekunden

Derzeit ist Stuttgart eine Fahrverbotszone für Euro 4-Fahrzeuge. Wird die Luft nicht schnell besser, muss die Maßnahme auch auf moderne Fahrzeuge ausgeweitet werden. Foto: Marijan Murat

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Die grün-schwarze Landesregierung kann zonale Fahrverbote in Stuttgart nicht länger kategorisch ausschließen. Für den Fall, dass in der Landeshauptstadt zum 1. Januar 2020 die Stickoxidgrenzwerte weiter gerissen werden, hat das Land dem Verwaltungsgericht Stuttgart eine fünfte Fortschreibung des Luftreinhalteplans angekündigt. Diese werde dann "ein zonales Verkehrsverbot" für Euro-5-Diesel ab dem 1. Juli 2020 beinhalten, heißt es in einem Schreiben ans Gericht. Und zwar in den Stadtgebieten, in denen die Grenzwerte bis dahin immer noch nicht eingehalten werden.

Derzeit ist noch die vierte Fortschreibung des Luftreinhalteplans in der Mache, die ab dem 1. Januar 2020 Euro-5-Fahrverbote auf vier Streckenabschnitten vorsieht. Dem Gericht ist das zu wenig. Es will eigentlich flächendeckende Sperrungen schon zum Jahreswechsel. "Es gibt eine Differenz zwischen dem, was das Gericht von uns erwartet, und dem, was wir tun", sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Er habe aber die Hoffnung, dass das Gericht die weitreichenden Bemühungen des Landes zur Luftreinhaltung würdige.

CDU-Landeschef Thomas Strobl hatte wiederholt gesagt, mit der CDU werde es keine flächendeckenden Euro-5-Fahrverbote geben. Und Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte im April erklärt, dass eine solche Maßnahme nicht notwendig sei.

"Das ist ein Widerspruch", bekannte der Grünen-Politiker am Dienstag. Ursprünglich hatte die Koalition gehofft, dass nicht der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel eingehalten werden müsse, sondern dass ein Wert von 50 Mikrogramm akzeptabel sei. Diese Hoffnung hat sich zerschlagen.

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Das letzte Wort in einem Rechtsstaat hätten nun mal die Gerichte, so Kretschmann. In der Koalition sei man sich jedoch einig, dass man großflächige Euro-5-Verbote vermeiden wolle. Daher werde man die Rechtsmittel ausschöpfen. "Wir rangeln mit den Gerichten, keine Frage."

Ihre Hoffnung richtet die Koalition nun auf ein Rechtsmittel, das es ihr ermöglichen soll, neue Sachverhalte vorzubringen. "Wir machen eine Vollstreckungsgegenklage", kündigte der Regierungschef an. Die Erfolgsaussichten sind unter Juristen strittig, mit dem Schritt könnte das Land aber möglicherweise die zusätzliche Zeit gewinnen, die es benötigt, um die Grenzwerte einzuhalten und weitere Fahrverbote damit endgültig zu vermeiden.

Die Deutsche Umwelthilfe hatte das Thema Fahrverbote in diversen deutschen Städten vorangetrieben. Im Februar 2018 entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass Diesel-Fahrverbote für bessere Luft in Städten generell zulässig sind. Es hatte diese aber als letztes Mittel bezeichnet. Die Deutsche Umwelthilfe pocht auf die Umsetzung dieses Urteils. Mittlerweile droht sie sogar mit Zwangshaft der verantwortlichen Politiker.